Der wirtschaftliche Neustart soll mit Projekten im Infrastrukturausbau, der Landwirtschaft und im Bergbau eingeläutet werden. (Stand: 26. März 2021)
Die Regierung Aserbaidschans erwartet, dass sich die Wirtschaft 2021 erholt und ab 2022 wieder signifikant wächst. Viel hängt vom weiteren Verlauf der Coronakrise und vom Impffortschritt ab. Das Schicksal des Landes ist auch eng an den Rohölpreis gebunden. Nähere Informationen zur Wirtschaftslage und den Aussichten finden Sie in unserem Wirtschaftsausblick.
Ausbauprojekten in der Transport- und Versorgungsinfrastruktur, der Ernährungswirtschaft und im Bergbau stellen die Weichen für den Aufschwung. Außerdem sollen bald wieder Touristen ins Land strömen und damit zur Erholung beitragen.
Wiederaufbauprogramm in Berg-Karabach läuft an
Der Straßenbau gilt traditionell als Schwergewicht öffentlicher Investitionen in die Infrastruktur. 2020 wurden 1.385 Kilometer Straßen für 1 Milliarde US-Dollar (US$) gebaut, modernisiert oder instandgesetzt. Das Pensum für 2021 ist mit 1.400 Kilometern ähnlich hoch angesetzt.
Viele der für 2021 zentral geplanten Investitionen in die Infrastruktur entfallen auf die von Aserbaidschan eroberten Gebiete in der umstrittenen Region Berg-Karabach. Dort müssen neben Verkehrswegen auch die Energieinfrastruktur (Stromerzeugung,- übertragung und verteilung) sowie Gas- und Wasserleitungen errichtet werden.
Die wieder von Aserbaidschan verwalteten Gebiete umfassen fünf Städte, vier Siedlungen städtischen Typs und 286 Dörfer. Für den Wiederaufbau sind im Staatshaushalt für 2021 rund 1,3 Milliarden US$ vorgesehen. Um das Projekt zu finanzieren, wurde auch ein Fonds für die Wiedergeburt Karabachs gegründet. Er soll aus Spenden juristischer und natürlicher Personen sowie Zuschüssen internationaler Institutionen gespeist werden. Einige Länder wie die Türkei und Ungarn stellen zudem Kreditlinien für die Projektfinanzierung bereit.
Staat unterstützt Agrar- und Lebensmittelwirtschaft großzügig
Die Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie nehmen in der Diversifizierungsstrategie der Regierung einen hohen Stellenwert ein. Sie sind auch wichtige Abnehmer für ausländische Unternehmen. Mit folgenden Initiativen werden die Agrar- und Ernährungswirtschaft aktuell unterstützt:
- Förderung von Projekten in 33 bestehenden und 18 geplanten Agrarparks mit einer landwirtschaftlichen Gesamtfläche von 262.000 Hektar (Unterstützung beim Auf- und Ausbau von Wertschöpfungsketten in der Pflanzen- und Tierproduktion)
- Bereitstellung von Subventionen für die Agrarproduktion (Anbau von Baumwolle, Tabak, Zuckerrüben, Kokons und Haselnüssen) mit einem Volumen von 270 Millionen US-Dollar (2021)
- finanzielle Unterstützung bei der Beschaffung von Landtechnik und Fahrzeugen für die Agrarproduktion (Ist 2020: 1.382 Einheiten)
- Zollbefreiung für den Import von Zuchtkühen und -rindern, Hühnern (Hausgeflügel) sowie Zucht- und Vermehrungsküken für den Zeitraum bis 31.12.2023
Regierung fördert Initiativen für Bergbau zutage
Um die Wirtschaft in den bisher noch wenig entwickelten Regionen des Landes ankurbeln, soll der Abbau und die Verarbeitung von metallischen Erzen und Massenrohstoffen (zur Herstellung von Baustoffen wie Ton und Kalk) intensiviert werden. Im Rahmen der Initiative werden 2021 die Nutzungsrechten für die Erschließung von 24 Lagerstätten online versteigert.
Die Lagerstätten befindet sich in den Regionen Agjabadi, Beylagan, Goranboy, Göygöl, Gazakh und Tovuz. Anlaufstellen für Informationen über die Vorkommen und das Vergabeverfahren sind die Staatliche Agentur für die Verwaltung mineralischer Ressourcen und der Staatliche Dienst für Vermögensfragen.
Zwischen 2021 und 2027 will die staatliche Gesellschaft AzerGold sechs Golderz-, vier Kupfererz- und eine Polymetallerzlagerstätte erschließen und industriell nutzen. Währenddessen erkundet die Tochtergesellschaft Dashkesan Demir filiz LLC die Eisenerzlagerstätte Daschkesan. Eine Studie mit den Rahmendaten des Vorkommens wird gegenwärtig erarbeitet.
Das türkische Unternehmen Eti Bakır (Tochter der Cengiz Holding) kündigte bereits sein Interesse an, in ein Kupfererzprojekt einzusteigen. Das aserbaidschanische Wirtschaftsministerium und Eti Bakır haben diesbezüglich im Februar 2021 ein Memorandum unterzeichnet.
Touristen werden zur Sommersaison 2021 erwartet
Die Coronakrise hat die Tourismusbranche Aserbaidschans stark erschüttert. Während das Land zwischen Kaukasus und Kaspischem Meer 2019 noch 3,2 Millionen ausländische Besucher empfing, waren es 2020 lediglich 0,8 Millionen. Das sorgte auch für einen Einbruch bei den Hotelübernachtungen, die um zwei Drittel und damit auf eine Million zurückgingen.
2020 fiel die zusätzliche Wertschöpfung im Hotel- und Gaststättengewerbe mit 483 Millionen US$ um fast 60 Prozent geringer aus als 2019 (rund 2,2 Milliarden US$). Der Anteil des Dienstleistungssektors am Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte dementsprechend von 4,5 Prozent im Vorjahr auf 2 Prozent.
Für die zweite Jahreshälfte 2021 rechnen Marktkenner damit, dass der Tourismus sich schrittweise erholt. Das Vorkrisenniveau aber dürfte nicht vor 2023 erreicht werden. Investoren werkeln derweil weiter am Ausbau der touristischen Infrastruktur. So will die russische Unternehmensgruppe Crocus Group 2021 und 2022 in Baku und Nardaran (See Breeze Resort) sieben neue Franchise-Restaurants eröffnen.
Zum 1. Januar 2021 gab es im Land 655 Hotels und andere Herbergen mit 50.687 Betten. Davon entfallen allein 213 Objekte auf die Hauptstadt Baku.
Von Uwe Strohbach
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