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Australien möchte digitale Unabhängigkeit von Peking. Auch im Südpazifik soll chinesischer Einfluss vermieden werden.
08.12.2020
Von Heiko Stumpf | Sydney
In Australien konnten chinesische Unternehmen noch keinen großen Einfluss auf die digitale Infrastruktur gewinnen. Nach Zahlen aus der Chinese Investment in Australia Database (CHIIA), welche von der Australian National University (ANU) betrieben wird, gibt es nur marginale chinesische Investitionen.
So entfielen im Zeitraum 2014 bis 2019 wertmäßig nur knapp 2 Prozent aller chinesischen Direktinvestitionen auf den Bereich Medien, Informationstechnik und Telekommunikation. Stattdessen konzentrieren sich die Aktivitäten von Investoren aus dem Reich der Mitte vor allem auf die Branchen Agrarwirtschaft, Nahrungsmittelherstellung, Immobilien sowie Rohstoffe.
Insbesondere im Netzaufbau können chinesische Anbieter aufgrund regulatorischer Beschränkungen schwer Fuß fassen. Bereits 2012 wurde Huawei von der Errichtung des National Broadband Network (NBN) ausgeschlossen. Das NBN ist ein nationales Breitbandnetz, dessen Bau bislang mehr als 35 Milliarden US-Dollar (US$) verschlungen hat.
Aufträge gingen unter anderem an Unternehmen wie Ericsson, Nokia (inklusive der früheren Alcatel-Lucent), Arris, Cisco und Silcar (jetzt Thiess). ZTE konnte an Ausschreibungen teilnehmen, blieb aber erfolglos. Die Infrastruktur des NBN besteht aus Glasfaserkabeln sowie Funkstationen. Erst im September 2020 verkündete der Betreiber NBN Co an, in den kommenden zwei Jahren weitere 2,8 Milliarden US$ in den Ausbau zu investieren.
Im Jahr 2018 wurden Huawei und ZTE auch vom Aufbau des australischen 5G-Netzes ausgeschlossen. Die beiden führenden Mobilfunkanbieter Telstra und Optus arbeiten deshalb mit Ericsson zusammen. Bis Juni 2021 soll das 5G-Netz von Telstra bereits rund 75 Prozent der australischen Bevölkerung abdecken. Der Konkurrent Vodafone hat dagegen Verträge mit Nokia abgeschlossen.
Die australische Niederlassung von Huawei wird durch den Ausschluss hart getroffen. Nach Unternehmensangaben hat sich der Jahresumsatz mehr als halbiert. Statt über $750 Mio. $A wird für die kommenden zwei Jahre nur mit einem Erlös von unter 200 Mio. $A gerechnet. Bis Ende 2021 wird die Mitarbeiterzahl von zuvor 1.200 auf unter 200 reduziert.
Gleich mehrere Einrichtungen des Unternehmens werden geschlossen. Dazu zählen ein R&D Center in Melbourne sowie Trainings- und Kundencenter in Sydney. Auch die Finanzierung für ein Internet of Things Laboratory in Queensland wird gestrichen.
Weiter verschlechtert wird die Lage dadurch, dass neben dem 5G-Geschäft auch noch andere lukrative Aufträge verloren gingen. So kündigte die Regierung des Bundesstaates Western Australia (WA) im März 2020 einen mit Huawei geschlossenen Vertrag über die Modernisierung des Kommunikationssystems für die Nahverkehrszüge in Perth.
Auch bei den Telekomanbietern gibt es keine große chinesische Beteiligung. Der größte Mobilfunkbetreiber Telstra (Marktanteil 2019: 41 Prozent) befindet sich als Aktiengesellschaft mehrheitlich im Streubesitz. Optus (27 Prozent) gehört vollständig zu Singtel aus Singapur. Die CK Hutchison aus HongKong ist jedoch großer Teilhaber (ca. 22 Prozent) der TPG Telecom, zu welcher mit Vodafone Australia wiederum der drittgrößte Mobilfunkanbieter des Landes gehört (Marktanteil 19 Prozent).
Als Anfang 2020 über Pläne von China Mobile berichtet wurde, den in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Betreiber Digicell zu übernehmen, geriet die Regierung in Canberra sofort in Sorge. Digicell ist das wichtigste Telekommunikationsunternehmen in zahlreichen Südseestaaten wie den Salomonen, Vanuatu, Tonga oder Samoa. Seitens Australiens wurden bereits Pläne für ein Gegenangebot diskutiert.
Im Bereich der Unterseekabel machte Canberra in diesem Kontext bereits ernst. Als Huawei im Jahr 2018 für den Bau eines Unterseekabels für Papua-Neuguinea und den Solomonen in Betracht gezogen wurde, beschloss die australische Regierung, das Vorhaben selbst zu finanzieren. Dazu wurden 95 Millionen US$ für das etwa 4.000 Kilometer lange Coral Sea Cable zur Verfügung gestellt. Infolge wurde das Projekt durch das australische Unternehmen Vocus realisiert.
Mitte 2020 entschied die Regierung von Chile, dass das geplante 13.000 Kilometer lange Transoceanic Cable von Valparaiso über Auckland nach Sydney verlaufen wird. Dort soll ein Anschluss an bestehende Unterseekabel hergestellt werden, um Südamerika mit Hubs in Asien zu vernetzen. Auch in diesem Fall werden Pläne von Huawei umgangen, die Shanghai als Endpunkt der Verbindung vorsahen. Zusammen mit den USA und Japan stellt Australien zudem rund 30 Millionen US$ für ein Kabel nach Palau bereit.
Bei den in Australien mündenden Unterseekabeln gibt es insgesamt keinen wesentlichen chinesischen Einfluss. Rund 80 Prozent des australischen Internetverkehrs wird über das Southern Cross Cable Network abgewickelt.
Telstra ist dort mit 25 Prozent ein wichtiger Anteilseigner. Andere wichtige Teilhaber sind Spark (Neuseeland), Singtel (Singapur) und Verizon (USA). Im Rahmen des Southern Cross Next Projektes wird die Kapazität deutlich ausgebaut. Telstra verfügt über ein Unterseekabelnetz von mehr als 400.000 Kilometern. Zudem betreibt die australische Vocus Group das Australia Singapore Cable.
Auch bei Datenzentren ist chinesisches Engagement in Australien nicht wirklich willkommen. Nachdem Investoren aus China im August 2019 den Betreiber Global Switch übernahmen, begannen australische Regierungsstellen ihre Daten zu migrieren. Behörden wie das Australian Taxation Office (ATO) verstärken die Zusammenarbeit mit dem Anbieter Canberra Data Centres, welcher sich vollständig in lokaler Hand befindet.
Auf dem australischen Markt für Datenspeicherung verfügt Global Switch über einen Anteil von etwa 5 Prozent. Auch Alibaba Cloud ist in Downunder vertreten. Führend sind jedoch Amazon (USA, 26 Prozent), Equinix (USA, 8 Prozent) , NEXTDC (Australien, 7 Prozent) und IBM (USA, 7 Prozent).
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