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Rechtsbericht Brasilien Steuerrecht

Brasilien will Finanztransaktionssteuer bis 2029 abschaffen

Die Ankündigung erfolgte im Rahmen von Verhandlungen zwischen der brasilianischen Regierung und der OECD.

Von Dr. Julio Pereira | Bonn

Das brasilianische Wirtschaftsministerium gab am 28. Januar 2022 bekannt, dass Brasilien sich verpflichtet, die Finanztransaktionssteuer (Imposto sobre Operações Financeiras - IOF) auf Fremdwährungstransaktionen bis 2029 abzuschaffen. Die Ankündigung erfolgte kurz nachdem der Rat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beschlossen hatte, die Diskussion über den Beitritt Brasiliens zu dieser Organisation aufzunehmen. Die Abschaffung der IOF hängt jedoch nicht von einem Akt der Exekutive ab.

Was ist die IOF?

Die 1966 durch das Gesetz Nr. 5143/66 geschaffene IOF ist eine Bundessteuer, die auf Devisentransaktionen, aber auch auf Kredite, Versicherungen und Immobilienpapiere erhoben wird. Die Steuer wird auf alle Finanztransaktionen erhoben und ist bei alltäglichen Tätigkeiten wie Kreditkartenkäufen immer automatisch enthalten.

In Anbetracht der Komplexität des brasilianischen Steuersystems ist die IOF eine der stabilsten und am leichtesten zu erhebenden Steuern. Sie ist auch ein wichtiger Indikator für die brasilianische Wirtschaft, da der Gesamtbetrag der erhobenen IOF die Zahl der in einem bestimmten Zeitraum durchgeführten Finanztransaktionen angibt.

Was genau wurde von der brasilianischen Regierung angekündigt?

Die brasilianische Regierung hat sich verpflichtet, die IOF auf Fremdwährungstransaktionen bis 2029 auf Null zu reduzieren. Laut der offiziellen Ankündigung ist es das Ziel der brasilianischen Regierung, die "Abschaffung der IOF auf Devisen" zu erreichen. Daher handelt es sich spezifisch bei dem Steuertatbestand um Devisengeschäfte. Die Reduzierung soll im Jahr 2022 beginnen und bis zum Stichtag schrittweise auf Null zurückgeführt werden.

Vier Gruppen von Transaktionen, auf die die Steuer (IOF) erhoben wird, sollten eine geringere Steuerlast haben:

  1. Kurzfristige Transaktionen, das heißt Transaktionen mit Zu- und Abflüssen von Fremdwährungen innerhalb von bis zu 180 Tagen;
  2. Transaktionen mit Debit- oder Kreditkarten, Reiseschecks und internationalen Prepaid-Karten;
  3. Devisentransaktionen für den Erwerb von Fremdwährungen in bar in Brasilien und für den Transfer von Geldern von Gebietsansässigen in Brasilien ins Ausland; und
  4. Sonstige Devisengeschäfte.

Wie lautet die Begründung für die Abschaffung der IOF?

Die Maßnahme wäre "ein entscheidender Schritt zur Beschleunigung" des Beitritts Brasiliens zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Abschaffung der IOF wird als eine der "Verpflichtungen" beschrieben, die Brasilien erfüllen muss, um den OECD-Kodizes zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs und der unsichtbaren Transaktionen beizutreten.

Was legen die OECD-Kodizes fest?

Weder der Kodex über die Liberalisierung des Kapitalverkehrs noch der Kodex über unsichtbare laufende Transaktionen enthalten eine Bestimmung, die die Besteuerung von Devisentransaktionen in den Rechtssystemen der OECD-Mitgliedstaaten verbietet.

In beiden Kodizes ist festgelegt, dass die OECD-Mitgliedsländer "untereinander" schrittweise alle "Beschränkungen" und "Diskriminierungen" des Kapitalverkehrs und des Dienstleistungsverkehrs abschaffen sollen. Ebenso sollten die Mitgliedsländer bestrebt sein, "die Einführung neuer Devisenbeschränkungen" für den Kapitalverkehr zu vermeiden (Art. 1. und Art. 9, OECD-Kodex zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs; und Art. 1. und Art. 9, OECD-Kodex zur Liberalisierung unsichtbarer Transaktionen).

Nach den OECD-Leitlinien stellt daher das Bestehen einer Steuer auf Devisentransaktionen im brasilianischen Rechtssystem an sich keine Beschränkung oder Diskriminierung des Kapitalverkehrs dar. Außerdem ist die Abschaffung der IOF in Brasilien keine Forderung der OECD, sondern eine einseitige Ankündigung der brasilianischen Regierung.

In welchem Zusammenhang wurde diese Ankündigung vorgenommen?

Die Ankündigung der brasilianischen Regierung steht im Zusammenhang mit den im Oktober 2022 stattfindenden Präsidentschaftswahlen. Obgleich angekündigt wurde, dass die IOF schrittweise abgeschafft werden sollte, wurden die Steuersätze durch ein Präsidentendekret (Dekret 10.797/21) am 17. September 2021 erhöht - das heißt mitten in den Verhandlungen der brasilianischen Regierung mit dem OECD-Rat.

Steht die IOF-Reduzierung rechtlich bereits fest?

Bisher wurde noch kein Präsidentendekret zur Reduzierung der IOF-Steuersätze veröffentlicht. Sollte die Senkung der Sätze auf Devisentransaktionen durch ein Dekret tatsächlich wie angekündigt erfolgen, werden natürliche und juristische Personen 2022 in den Genuss der Vorteile kommen können. Die Beibehaltung einer eventuellen IOF-Senkung ab 2023 ist ungewiss. Es wird davon abhängen, ob die Ende des Jahres gewählte Regierung weiterhin daran interessiert ist, die Steuer abzuschaffen.

Ist es möglich, die IOF per Präsidentendekret vollständig abzuschaffen?

Die vollständige Abschaffung der IOF auf Devisentransaktionen durch ein Präsidentendekret ist in Brasilien verfassungsrechtlich nicht möglich. Die Steuer auf Devisentransaktionen ist in der brasilianischen Bundesverfassung von 1988 vorgesehen (Art. 153 V, Constituição Federal Brasileira de 1988 - CF/88). Ihre vollständige Abschaffung würde daher von einer Verfassungsänderung abhängen, was in die Zuständigkeit der Legislative fällt.

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