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Rechtsbericht | Brasilien | Steuerrecht

Steuerreform in Brasilien: Die wichtigsten Änderungen (2. Teil)

Abschaffung von Steuern, Einführung von Umsatzsteuer und Ökosteuer, Abbau von Bürokratie: Was müssen Unternehmen über das neue Steuersystem Brasiliens wissen?

Von Dr. Julio Pereira | Berlin

Wie in Steuerreform in Brasilien: Überblick beschrieben, wurde der Vorschlag zur Verfassungsänderung (PEC 45/19) am 7. Juli 2023 von der Abgeordnetenkammer angenommen. Durch die Reform wird die Struktur des brasilianischen Steuersystems erheblich verändert. Im vorliegenden Bericht werden die wichtigsten Änderungen erläutert, die erhebliche Auswirkungen auf die Aktivitäten der im Land tätigen Unternehmen haben werden.

Zu den wichtigsten strukturellen Änderungen, die in der Steuerreform vorgesehen sind, gehören:

Abschaffung von Steuern

Fünf Konsumsteuern werden abgeschafft:

  • PIS (Bundessteuer): Zusammen mit der Pasep ist die PIS eine obligatorische Sozialabgabe, die von Unternehmen gezahlt wird, mit Ausnahme von Klein- und Kleinstunternehmen (MPE), für die eine vereinfachte Steuerregelung (Simples Nacional) gilt. Die Sätze variieren zwischen 0,65 und 1,65 Prozent der Gesamteinnahmen. Die Beträge sind für die Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte bestimmt.
  • Cofins (Bundessteuer): Sie wird auf das Einkommen von Unternehmen erhoben, mit Ausnahme von MPE, die der Simples Nacional unterliegen. Die erhobenen Mittel werden zur Finanzierung von Gesundheit, Sozialversicherung und Sozialhilfe verwendet.
  • IPI (Bundessteuer): Sie wird auf im Land hergestellte oder importierte Produkte erhoben. Der Steuersatz ist je nach Produkt unterschiedlich.
  • ICMS (Landessteuer): Hauptsteuer, die von den Bundesländern und dem Bundesdistrikt (Brasilia) erhoben wird. Diese äußerst komplexe Steuer wird auf die Vermarktung und den Transport von Produkten sowie auf die Erbringung von Dienstleistungen erhoben. Die Steuersätze variieren je nach Bundesland. Von der Gesamteinnahme werden 25 Prozent an die Gemeinden überwiesen.
  • ISS (Gemeindesteuer): Hauptsteuer, die in die Zuständigkeit der Gemeinden (und des Bundesdistrikts) fällt. Sie wird auf 40 Arten von Dienstleistungen erhoben, die im Gesetz 116/03 (Lei Complementar 116/03) aufgeführt sind. Die Sätze variieren je nach Dienstleistung und Gemeindegesetz zwischen 2 und 5 Prozent.

Schaffung der Umsatzsteuer (IVA)

Mit der Abschaffung der oben genannten Steuern wird die Umsatzsteuer (Imposto sobre Valor Agregado - IVA) eingeführt. Angesichts der komplexen föderativen Struktur Brasiliens wird die brasilianische IVA dual sein. Das heißt, der Bund wird seinen Steueranteil getrennt von den Ländern und Gemeinden erheben. Diese werden eine gemeinsame Zuständigkeit haben. Auf Bundesebene wird die Steuer als Beitrag auf Waren und Dienstleistungen (Contribuição sobre Bens e Serviços - CBS) bezeichnet, die die PIS, Cofins und IPI ersetzt. Auf der Länder- und Gemeindeebene (bzw. im Bundesdistrikt) wird die Steuer als Steuer auf Waren und Dienstleistungen (IBS - Imposto sobre Bens e Serviços) bezeichnet, die ICMS und ISS ersetzt.

Diese Änderung gilt als großer Fortschritt im Steuersystem Brasiliens, einem der wenigen Länder der Welt, in dem es keine Umsatzsteuer gibt.

Steuersätze

Es wird einen einheitlichen Satz für CBS und IBS geben. Er wird per Gesetz festgelegt und soll etwa 25 Prozent betragen. Für einige Sektoren kann dieser Satz erheblich reduziert werden, unter anderem für Bildung, Gesundheitsdienstleistungen, Medikamente und Produkte der Grundversorgung. Andere Sektoren werden Anspruch auf eine Steuerbefreiung haben. Zum Beispiel Landwirtschaftsbetriebe (einschließlich Unternehmen) mit jährlichen Bruttoeinnahmen von bis zu 3,6 Millionen R$ (circa 660.000 Euro).

Ursprungs- und Bestimmungsort

Ein Grundprinzip der Steuerreform ist die Verlagerung der Steuererhebung vom Ursprungs- (wo die Waren produziert werden) zum Bestimmungsort (wo sie verbraucht werden). Mit anderen Worten: IBS und CBS werden an das Bundesland und die Gemeinde gezahlt, in der der Steuertatbestand eintritt.

Föderationsrat

Mit der Steuerreform wird der sogenannte Föderationsrat (Conselho Federativo) geschaffen, der die neue IBS-Steuer verwalten wird. Mit der Einrichtung soll die Verwaltung der Steuererhebung und -regelung auf nationaler Ebene harmonisiert werden. Dies ist eine strukturelle Veränderung von großer Bedeutung für Unternehmen, da der Rat die Rolle der zahllosen Steuerbehörden in den Gemeinden und Bundesländern ablöst.

Schaffung einer selektiven Steuer

Zusätzlich sieht der PEC 45/19 die Einführung einer föderalen selektiven Steuer (Imposto Seletivo - IS) vor. Sie wird auf die Herstellung, den Vertrieb oder die Einfuhr von Waren und Dienstleistungen erhoben, die für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt schädlich sind. Die Erhebung dieser zusätzlichen Steuer zielt darauf ab, den Konsum von ökologisch nicht erwünschten Produkten zu unterbinden.

Freizone von Manaus (ZFM)

Die Freizone von Manaus (Zona Franca de Manaus - ZFM) ist ein großes Industriegebiet, das in drei Hauptbereiche unterteilt ist: Handel, Industrie und Landwirtschaft. Die ZFM wurde 1967 durch das Gesetzesdekret Nr. 288/67 eingerichtet. Der Betrieb der ZFM basiert auf der Gewährung von Steuervergünstigungen für Unternehmen, die in der Amazonasregion ansässig sind. Die Steuerreform sieht die Aufrechterhaltung der ZFM vor. Neu ist, dass mit der Abschaffung der derzeitigen Steuern ein Fonds für Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Diversifizierung des Bundesstaates Amazonas (FSDE) geschaffen wird. Der Fonds soll per Gesetz geregelt werden.

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