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Special Bulgarien Krieg in der Ukraine

Ukrainekrieg verstärkt Unsicherheiten

Der Krieg in der Ukraine verschärft die Risiken für das bulgarische Wirtschaftswachstum. Sie betreffen Lieferketten, den Tourismus, den Energiesektor und die Inflation.

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Der Ukrainekrieg bedeutet ein Wachstumsrisiko für die bulgarische Wirtschaft. Hinzu kommen Inflation durch hohe Energiepreise und die Unsicherheiten der Coronakrise. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Bulgariens wird voraussichtlich um 3,6 Prozent wachsen, schätzt die Nationalbank. Anfang Februar rechnete sie noch mit einem BIP-Wachstum von 3,8 Prozent. Die Preissteigerung, insbesondere bei Kraftstoffen und Energie, wird den privaten Konsum eintrüben. Dieser ist eine wichtige Stütze der bulgarischen Wirtschaftsleistung. Verbraucher werden sich mit Ausgaben zurückhalten. Die Nationalbank rechnet damit, dass sich die Teuerung auf 10 Prozent beschleunigen wird.

Um die Inflation abzufedern, plant die Regierung die Preisdeckelung der Stromrechnung bis Juni 2022 zu verlängern. Ebenso stoppte die Regierung bereits Ausschreibungen von Straßenbauprojekten, weil der Krieg in der Ukraine die Engpässe mit Stahl, Beton, Asphalt und anderen Baustoffe verschärft und diese sich damit verteuert haben.

Tourismusbranche hofft auf Gäste

Ein weiteres Risiko für die Wirtschaftsleistung birgt eine schwache Tourismussaison. Die Branche fürchtet, dass ausländische Gäste einen Bogen um die Urlaubsziele am Schwarzen Meer machen. Das würde das Land vor eine Herausforderung stellen, denn der Tourismus trägt etwa 12 Prozent zum BIP des Landes bei und beschäftigt etwa 11 Prozent der verfügbaren Arbeitskräfte. 

"Ein Krieg macht die Region für Touristen unattraktiv, Gäste werden ausbleiben."

"Zudem steigen die Energiekosten und es wird Personal aus der Ukraine fehlen", sagte der Geschäftsführer des Nationalen Tourismus Komitee, Ilin Dimitrov. 

Im vergangenen Jahr kamen etwa 500.000 Touristen aus der Ukraine und rund 135.000 aus Russland, berichtet das Nationale Statistikinstitut. Als Reaktion auf die Invasion in der Ukraine haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und Großbritannien den Luftraum für russische Airlines gesperrt. Die bulgarischen Dienstleistungsexporte mit Russland und der Ukraine fallen mehr ins Gewicht als der Austausch von Waren.  Bild vergrößern

Es droht eine Energiekrise

Bulgariens Energieversorgung ist stark von Russland abhängig. Sanktionen der EU und der USA gegen Russland gefährden die Energiesicherheit des Landes. Die Regierung unterstütze die Sanktionen gegen Russland zwar, werde aber um eine Ausnahme vom Importstopp bitten, wenn es dazu käme, sagte Ministerpräsident Kiril Petkow am 7. März 2022. Von heute auf morgen die Versorgung umzustellen, wäre ein Kraftakt für das südosteuropäische Land.

Bulgarien bezieht etwa 90 Prozent seines Bedarfs an Erdgas und 60 Prozent an Erdöl aus Russland. Es sei möglich, die Öllieferungen vollständig aus anderen Ländern zu erhalten, berichtet Euractive unter Berufung auf bulgarische Regierungskreise. Die einzige Ölraffinerie im Land betreibt der russische Mineralölkonzern Lukoil über das Tochterunternehmen Lukoil Bulgaria. Es produziert Kraftstoffe für den bulgarischen Markt.

Ende dieses Jahres läuft der Vertrag des bulgarischen Gasversorgers Bulgargaz mit dem russischen Gaskonzern Gazprom aus. Die Regierung plant, den Gas-Liefervertrag nicht zu verlängern und setzt stattdessen auf Gas aus Griechenland. Dies soll über die Gaspipeline Interconnector, die kurz vor der Inbetriebnahme steht, fließen. Das Gas kommt als verflüssigtes Gas, LNG, über den Hafen von Alexandroupolis in Griechenland an. Zusätzlich verhandelt die Regierung über Gaslieferungen mit Aserbaidschan.

Von russischen Lieferungen ist auch das bulgarische Atomkraftwerk Kozloduy abhängig. Es bezieht Brennstäbe aus Russland, berichtet der stellvertretende Minister für Umwelt und Wasser, Borislav Sandov. Bisher sei ein Vorrat an Ausrüstung aus Russland für den Betrieb des Kraftwerks für anderthalb Jahre vorhanden, heißt es. Derzeit arbeitet die Regierung daran, Verträge mit anderen Ländern abzuschließen.

Diese Bedrohung der bulgarischen Energiesicherheit kann dazu führen, dass sich Unternehmen mit Investitionen im Verkehr und im Tourismus zurückhalten, warnt die bulgarische Industrie- und Handelskammer.

Risiko für Unterbrechungen der Lieferketten steigt

Der Krieg Russlands in der Ukraine bringt Lieferketten durcheinander. Firmen, die Güter und Waren über die Häfen Burgas und Warna am Schwarze Meer beziehen und verschiffen, müssen kurzfristig umplanen. Für Transportunternehmen und Versicherungen ist die Sicherheitslage auf dem Schwarzen Meer schwer einzuschätzen.

In den vergangenen vier Wochen konnten Frachter wichtige Waren und Güter nicht verschiffen oder liefern. "Wir haben herausgefunden, dass einige Transportunternehmen wegen der Versicherung Probleme mit der Fahrt auf dem Schwarzen Meer haben", sagte Tim Kurth, Geschäftsführer von Aurubis Bulgaria. Der Kupferproduzent bezieht Schmierstoffe über die Schwarzmeerhäfen, die er in seinen Produktionsstätten benötigt. Das Unternehmen hat kurzfristig neue Lieferwege finden müssen.

Die bulgarische Regierung erörtert derzeit die Möglichkeit, sich am griechischen Hafen Alexandroupolis zu beteiligen. Sie plant, 10 bis 15 Prozent an der Mehrheitsbeteiligung zur Nutzung des Hafens zu erwerben, berichtete Ministerpräsident Kiril Petkow am 21. März 2022. Damit reagiere Bulgarien auf die unsichere Lage im Schwarzen Meer, hieß es. Derzeit läuft ein Ausschreibungsverfahren für das Konzessionsrecht, das heißt die Verleihung des Nutzungsrechtes.

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