Nach Experimenten in Sardinien dehnt Huawei sein Smart City-Konzept auf weitere Regionen aus. Aktuell steht der Schutz vor künftigen Pandemien dabei im Fokus.
Huawei unternahm bereits 2019 eine Italienweite Roadshow "Smart City Tour". Seit der Coronakrise hat sich der Ansatzpunkt in den Gesundheitssektor verlagert und wird unter dem Begriff "Seidenstraße der Gesundheit" vermarktet. Leitlinien formulierte der Konzern in einem White Paper.
Ausgangspunkt ist ein effektiverer Schutz gegen künftige Pandemien mittels Konnektivität, sowohl in der Phase des Ausbruchs, als auch in den Phasen von Lockdown und Wiedereröffnung. Ein zentraler Baustein ist dabei das Intelligent Operations Center (IOC) von Huawei, in dem Daten aus verschiedensten Quellen zusammenlaufen und über das eine Echtzeitübersicht und -kontrolle der Ausbreitung von Krankheitswellen möglich wird.
Joint Innovation Center in Sardinien
Die aus China stammende IOC-Plattform entwickelte Huawei im Ende 2016 gegründeten Joint Innovation Center in Pula nahe Cagliari auf Sardinien weiter. Die Anwendung wurde unter anderem an lokal-spezifische Bedarfe, Geographie, Datenverfügbarkeit, rechtliche Regelungen und lokale Partner angepasst. Eine Projektübersicht ist auf deutsch einsehbar.
In Pula entstand in Zusammenarbeit mit lokalen Partner das IOC als Gehirn der Smart City, in dem alle Inputs aus Kameras, Sensoren und anderen Daten der Stadt zusammenlaufen. Bei dem Projekt standen in Vor-Corona-Zeiten die Themen Verkehrsfluss, Parkplatzsuche, öffentliche Beleuchtung und Sicherheit im Mittelpunkt.
Partner des Projektes in Sardinien sind die italienischen Firmen Tecnit (Radio, LTE, Konnektivität), IT Euromedia (Infrastruktur der zentralen Systeme), ICT Plus (Netzwerk, Sicherheit, Switching, Firewalling) und Netcom (Installation, Projektierung). Kritiker schließen nicht aus, dass die Wahl auch deshalb auf Sardinien fiel, weil die Nato dort mehrere wichtige Standorte unterhält.
Pilotprojekt in Norditalien geplant
Die ersten Anwendungen der Entwicklung kamen in Sardiniens Hauptstadt Cagliari zum Einsatz, zum Beispiel in der Verkehrsüberwachung- und steuerung sowie im Monitoring von Personenmengen. Kameras, die mit einer Crowd Detective-Technologie ausgestattet sind, sind über die ganze Stadt verteilt. Diese Kameras verfolgen nicht nur Ansammlungen von Personen, sie können über eine Gesichtserkennung auch verdächtige Bewegungen und Personen von schwarzen Listen identifizieren. Ein weiteres Anwendungsfeld in Cagliari sind Wetterprognosen, die zum Beispiel bei starkem Regen die Bürger warnen, die in Regionen unter Meerespiegelhöhe wohnen.
Huawei will die Erkenntnisse aus Sardinien ab Ende 2020 auch in einer großen norditalienischen Stadt im Rahmen eines umfassenden Smart City-Projekts anwenden. Welche Stadt das sein wird, steht aber noch nicht fest.
In einem Pilotprojekt mit dem Politecnico Mailand, Vodafone und Italdron führte Huawei 2019 einen 5G-gesteuerten Drohnenflug über eine lange Distanz durch: Personenidentifizierung, Sicherheit und Infrastrukturmonitoring waren die Ziele. Dieses Vorgehen könnte in Zukunft eine größere Rolle beim Monitoring von Italiens veralteten Transportwegen und bei den geplanten Smart Roads spielen.
Mit dem Beitritt Huaweis zum italienischen Verband Italia Start Up zielt das Unternehmen des Weiteren auf eine Zusammenarbeit mit talienischer Start-Ups und Scale-Ups bei innovativen Anwendungen vor allem im Smart City-Bereich ab.
Aktive chinesische Firmen
Sektor | Firmenname | Tätigkeitsfeld |
---|
Verkehrssteuerung | Huawei | Kameras, Kommando- und Kontrollzentrum, Informationen an Verkehrsteilnehmer |
Sicherheit | ZTE, Huawei | Kameras, Sensoren, Drohnen, Personenerkennung, Identifizierung verdächtiger Bewegungen, Erdbebenwarnsysteme, Monitoringsysteme für Ausweitung von Krankheiten |
Abfallwirtschaft | ZTE | Sensoren für Füllstand und Information an Entsorger |
Energie | Huawei | Smart Metering |
Öffentliche Beleuchtung | ZTE | Intelligente LED |
Smart Parking | ZTE, Huawei | Sensoren, Kameras, verarbeitete Informationen an Suchende über Apps |
Quelle: Recherche von Germany Trade & Invest
ZTE startet Europa-Initiative von Italien aus
Auch ZTE entwickelt in Italien Smart City-Projekte, angefangen mit Lösungen für intelligente Mobilität und Schadstoffsenkung. Ein Pilotprojekt führte ZTE gemeinsam mit der Provinz Brescia durch, wo neben dem Smart Roadside Parking-System auch ein intelligentes öffentliches Beleuchtungssystem (Blue Pillar Smart Lighting Solution) zum Einsatz kam, alles auf Basis von Cloud-Datenspeicherung, Glasfasernetzwerk und Sensorennetzwerk zur 3D-Kartografierung des Terrains.
Die Stadt Aquila in der Erdbeben geplagten Region Abruzzen, wo ZTE auch sein Innovationszentrum betreibt, diente ZTE als Test Bed für neue Anwendungen wie strukturelles Monitoring der Gebäude, Erdbebenalarmsysteme und Erhalt des kulturellen Erbes durch Augmented Reality und Virtual Reality-Tools. Indem an Gebäuden Sensoren angebracht werden, können diese bei Erdbebenanzeichen benachbarte Gebäude informieren und dort Schutzmaßnahmen auslösen, wie Notausgänge öffnen, Gasanschlüsse sperren und Aufzüge anhalten. Auch die Stadt Rom will diese Technologie in einigen Gebäuden auf dem Kapitolshügel testen.
"Wir glauben, dass Italien zu einem der interessantesten Märkte für Smart City werden kann", sagt ZTE-Westeuropa-Chef Hu Kun. Er fügt hinzu, dass alle Smart City-Aktivitäten von ZTE von Italien aus nach Europa kommen sollen, darunter Lösungen für Mobilität, Energie, Sicherheit und Kreislaufwirtschaft.
Vorbild ist die Smart City 2.0-Technologie von ZTE, in der Sensoren, Kameras und andere Datenquellen Informationen an eine zentrale Kommandostelle liefern. Diese Informationen werden in der Kommandostelle verarbeitet und an Nutzer weitergeleitet, zum Beispiel über LED-Lampen. Diese Lampen passen die Beleuchtung an die Sichtbedingungen und an die aktuelle Nutzung der Straßen an. Sie sammeln auch Informationen, die für Autofahrer wichtig sind, und leiten diese via App an die Fahrer weiter. Gleichzeitig informieren Sensoren die Müllabfuhr über den Füllstand von Müllcontainern und zahlreiche weitere Anwendungen. Diese chinesische Technologie wurde auch bereits vor ein paar Jahren auf der Cebit in Deutschland vorgestellt.