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Zollbericht EAWU Zollgesetz und Zollverfahren, übergreifend
Am 15. Januar 2021 feiert der neue Zollkodex der Eurasischen Wirtschaftsunion sein dreijähriges Jubiläum. Welche Vorteile und Entwicklungen brachte der Kodex mit sich?
04.01.2021
Die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) schloss sich am 1. Januar 2015 zu einem Binnenmarkt mit Zollunion zusammen. Ihre Mitgliedstaaten sind Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan und Russland.
Hintergrund der Gründung waren zum einen die Bestrebungen des ehemaligen kasachischen Präsidenten Nasarbajew, der diese erstmals 1994 ins Gespräch brachte, und zum anderen viele gemeinsame Wertschöpfungsketten der Mitgliedstaaten. Nachdem man zunächst 1996 die Gemeinschaft Integrierter Staaten (GIS) und im Jahr 2000 die Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft (EAWG) gründete, wurde schließlich die EAWG mit Wirkung zum 1. Januar 2015 durch ein Abkommen in die jetzige Wirtschaftsunion umgewandelt.
Das Abkommen sieht neben der Weiterführung einer Zollunion die Schaffung des freien Verkehrs von Waren, Dienstleistungen, Kapital und die Arbeitnehmerfreizügigkeit vor. Im Vordergrund steht das Reaktivieren und Nutzen gemeinsamer Wertschöpfungsketten der Mitgliedstaaten. Innerhalb der Zollunion werden keine Zölle erhoben und eine Kontrolle findet an den Innengrenzen nicht statt.
Der wichtigste Rechtsakt der EAWU ist der Vertrag über die EAWU, Teil dessen ist der neue Zollkodex. Die Entwicklung und Genehmigung des neuen Kodex dauerte insgesamt drei Jahre, wobei man den Fokus auf die Vereinfachung und Beschleunigung von Zollverfahren legte.
Der neue Kodex sieht eine einheitliche Zollregulierung in allen Mitgliedstaaten der EAWU vor. Geregelt ist sie durch den Kodex selbst, aber auch durch internationale Verträge und Rechtsakte. Zu diesen zählen Freihandelsabkommen, die den Handelsraum der EAWU erweitern.
Neu ist, dass der Kodex nicht mehr in einen allgemeinen und besonderen Teil gegliedert ist, sondern eine fortlaufende Struktur hat. Es sind 83 neue Artikel und vier neue Anhänge dazu gekommen. Die neuen Anhänge im Zollkodex regeln verwaltungstechnische Besonderheiten. Dazu zählen die Erhebung und Verbuchung von Zöllen und der elektronische Informationsaustausch zwischen allen Behörden, die an der Zollabwicklung beteiligt sind.
Auch auf rechtlicher Ebene haben sich durch den neuen Kodex Neuerungen ergeben: Es gibt kein Durchführungsrecht mehr. Das bedeutet, dass die einzelnen Mitgliedstaaten nicht mehr für die konkrete Umsetzung von neuem Recht zuständig sind, sondern die Eurasische Wirtschaftskommission selbst als supranationales Organ zum Erlass von Durchführungsakten befähigt ist.
Der neue Zollkodex zielt darauf ab, die Stabilität und die Teilnahme der Mitgliedstaaten der EAWU am globalen Wirtschaftssystem zu stärken. Priorität haben hier internationale Praktiken, die durch elektronische Formen quasi den Faktor Mensch ersetzen sollen. Der gesamte Prozess von Anmeldung bis Freigabe der Ware soll automatisch ablaufen.
Grafik_Alter_Kodex_Neuer Kodex_RZZollanmeldungen werden über das Internet angenommen. Anschließend werden die Waren dem elektronischen Informationssystem der Zollbehörden überlassen, wobei es keinerlei Beteiligung eines Zollbeamten bedarf.
Grafik_Elektronische Anmeldung_NEU_RZDer neue Zollkodex vereinfacht durch unterschiedliche neue Regelungen den Ablauf eines Zollverfahrens. Diese Regelungen betreffen die Übermittlung von Unterlagen, denn die Zollbehörden dürfen nach dem neuen Kodex keine zusätzlichen Unterlagen mehr verlangen, um die elektronische Zollanmeldung zu bestätigen. Nur wenn das Risikomanagementsystem ein Risiko identifiziert hat, wird durch dasselbe System automatisch entschieden, welche Unterlagen zur Bestätigung bestimmter Angaben nachgereicht werden müssen.
Auch die Zeit für die Registrierung einer Zollanmeldung kürzt der Kodex von zwei Stunden auf eine Stunde ab. Für die Überlassung der Waren gibt der neue Zollkodex den Zollbehörden höchstens vier Stunden Zeit.
Grafik_Unterlagen und Fristen_RZNeben den vielen Vereinfachungen, bleibt gleichzeitig jedoch das sogenannte "Residentenprinzip" unabhängig von der Form der Zollanmeldung bestehen: Die Zollanmeldung kann nur in dem Mitgliedstaat vorgenommen werden, in dem das Unternehmen ansässig ist. Umsetzbar ist dies auch durch die rechtliche Form einer Tochtergesellschaft oder der Inanspruchnahme von Dienstleistern in Form von Zollagenten bzw. Vertreter für Zollangelegenheiten.
Um in einem der Mitgliedsstaaten der EAWU als Vertreter für Zollangelegenheiten agieren zu können, muss sich der Wirtschaftsbeteiligte als Zollvertreter in seinem Mitgliedstaat in ein spezielles Verzeichnis von Zollvertretern aufnehmen lassen. Neu ist hierbei, dass der Zollkodex die Aufnahme in dieses Verzeichnis erleichtert, indem er die Summe der Sicherheitsleistung von einer Million Euro auf 500 000 Euro reduzierte.
Außerdem entfällt in diesem Zusammenhang die bisherige Forderung nach der Beschäftigung von mindestens zwei erfahrenen und/oder ausreichend qualifizierten Mitarbeitern. Nichtsdestotrotz werden in der Praxis eine entsprechende Ausbildung und/oder Erfahrung vorausgesetzt.
Die Regeln in Bezug auf das Konstrukt des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten haben sich ebenfalls weiter entwickelt.
Früher war es so, dass eine Sicherheitsleistung in Höhe von einer Million Euro gezahlt werden musste. Nun werden die Unternehmen, die den Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten beantragen, auf ihre „finanzielle Stabilität“ überprüft. Dazu zählen Bilanz- und Ertragslage und ein paar andere finanzielle Faktoren. Für die einzelnen Faktoren werden von den Zollbehörden Punkte vergeben, die letztendlich eine Aussage über die finanzielle Stabilität erlauben. Erreicht ein Unternehmen 50 oder mehr Punkte, so gilt es als finanziell stabil und kann das entsprechende Zertifikat bekommen.