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Recht
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Rechtsmeldung EU Brexit
Für die Ratifizierung eines möglichen Freihandelsabkommens EU - Vereinigtes Königreich dürfte es bald zu spät sein. Könnte ein No-Deal Szenario zum Jahreswechsel trotzdem noch verhindert werden?
22.12.2020
Von Karl Martin Fischer | Bonn
Bei rein rechtlicher Betrachtung lautet die Antwort auf diese Frage "Ja". Denn der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sieht in Art. 218 Abs. 5 die Möglichkeit einer "vorläufigen Anwendbarkeit" vor dem Inkrafttreten eines Abkommens vor. Voraussetzung ist, das die vorläufige Anwendung in dem Abkommen selbst vorgesehen ist (Art. 25 der Wiener Vertragsrechtskonvention).
Verfahrenstechnisch müsste der Europäische Rat auf Vorschlag der Kommission einen entsprechenden Beschluss erlassen, in dem die Unterzeichnung und die vorläufige Anwendung ausdrücklich genehmigt werden.
Es können nur solche Vorschriften vorläufig angewandt werden, die in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der EU fallen. Dies dürfte allerdings für die meisten Regelungen zutreffen. Die EU ist nämlich gemäß Art. 3 AEUV unter anderem zuständig für die Zollunion und die gemeinsame Handelspolitik, somit u.a. für ausländische Direktinvestitionen und den Handel mit Dienstleistungen.
Enthält das - mögliche - Abkommen auch Vorschriften, die in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten fallen, beispielsweise die Themenbereiche Arbeitsstandards und Gesundheitsschutz, handelt es sich um ein so genanntes "gemischtes Abkommen". Die spätere Ratifizierung müsste dann nachher durch die EU und alle Mitgliedsstaaten erfolgen, was eine vorläufige Anwendung des Abkommens jedoch nicht hindert.
Mehr zu dem Thema in diesem Zollbericht.