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Rechtsbericht | EU | Gruppenfreistellungsverordnung

EU: Vertikale Vereinbarungen und das Wettbewerbsrecht

Die Vertikal-GVO ist Orientierungshilfe beim Abschluss von Vereinbarungen zwischen Unternehmen unterschiedlicher Produktions- oder Vertriebsstufen. Neuerungen ab 1. Juni 2022.

Von Helge Freyer | Bonn

Unternehmen verschiedener Produktions- oder Vertriebsstufen können mithilfe neuer Regelwerke die Vereinbarkeit ihrer Liefer- und Vertriebsvereinbarungen mit den EU-Wettbewerbsvorschriften überprüfen. Werden die Voraussetzungen der Regelwerke erfüllt, unterfallen die Vereinbarungen nicht dem Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen gemäß Art. 101 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Bei diesen neuen Regelwerken, die auch das durch elektronischen Handel und Online-Verkäufe veränderte Geschäftsumfeld berücksichtigen, handelt es sich zum einen um die im Amtsblatt Nr. L 134 vom 11. Mai 2022 veröffentlichte Verordnung (EU) 2022/720 der Kommission vom 10. Mai 2022 über die Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen  (Vertikal-GVO ), die das alte Regelwerk aus dem Jahr 2010 ersetzt. Zum anderen wurden auch die Vertikal-Leitlinien (Guidelines on vertical restraints) überarbeitet. Beide Regelwerke treten am 1. Juni 2022 in Kraft und gewähren bestehenden Vereinbarungen eine Übergangsfrist bis zum 31. Mai 2023 (Art. 10 der Verordnung (EU) 2022/720).

Grundprinzipien bleiben unverändert

Artikel 101 Abs. 1 AEUV (Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen) wird gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV unter den in der Gruppenfreistellungsverordnung (EU) 2022/720 genannten Voraussetzungen für unanwendbar erklärt auf „Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen zwei oder mehr Unternehmen, die für die Zwecke der Vereinbarung  oder der abgestimmten Verhaltensweise jeweils auf einer anderen Stufe der Produktions- oder Vertriebskette tätig sind und die die Bedingungen betreffen, zu denen die beteiligten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen dürfen“ (vertikale Vereinbarungen;  siehe Art. 2 Abs. 1  i.V.m. Art. 1 der Verordnung (EU) 2022/720).

Eine solche Freistellung gilt grundsätzlich nur, wenn der Anteil des Anbieters an dem relevanten Markt, auf dem er die Vertragswaren oder -dienstleistungen anbietet, und der Anteil des Abnehmers an dem relevanten Markt, auf dem er die Vertragswaren oder -dienstleistungen bezieht, jeweils 30 Prozent nicht überschreitet (siehe Art. 3 der Verordnung (EU) 2022/720; sog. Marktanteilsschwelle).

Die Freistellung gilt dagegen grundsätzlich nicht für vertikale Vereinbarungen, die   Kernbeschränkungen bzw. sog. schwarze Klauseln enthalten. Hierbei handelt es sich um Vereinbarungen, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen den Wettbewerb im Kern beschränken (siehe Auflistung in Art. 4 der Verordnung (EU) 2022/720).

Ausführliche Informationen enthalten, neben den genannten Regelwerken selbst, auch die  erläuternden Hinweise zu den überarbeiteten Vorschriften (Explanatory note on the new Vertical Block Exemption Regulation and Vertical Guidelines).

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