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Special | EU | Konnektivität

Europäische Union als Hidden Champion bei Konnektivität

Bestehende EU-Programme fördern bereits Projekte, die der globalen Konnektivität dienen – und das weltweit. Probleme gab es lange bei der Sichtbarkeit. (Stand: 07.12.2021)

Von Sebastian Holz | Bonn

In der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie von 2018 definierte die Europäische Union (EU) Konnektivität in vier Dimensionen: (1) Verkehrsnetze, (2) Energienetze, (3) digitale Netze und eine (4) humane Komponente, die etwa Bildungs- und Wissenschaftskooperation abdeckt. Unter dem Eindruck der Covid-19-Pandemie kamen mit der Global-Gateway-Strategie Ende 2021 auch noch Projekte im Bereich Arzneimittelversorgung hinzu.

Gerade weil diese Definition so umfangreich wie vage ist, ist es schwierig auszumachen, welcher Anteil der EU-Mittel für Drittländer dieser mehrdimensionalen Vernetzung bereits zugutekommt. Die EU ist inklusive ihrer Mitgliedsstaaten die größte Geberin von Mitteln für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Weltweit stammen mehr als die Hälfte der EZ-Gelder aus Europa – im Jahr 2019 rund 75 Milliarden Euro.

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Damit würden die vergleichbaren Zuschüsse Chinas um ein Vielfaches übertroffen, so eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Denn das Reich der Mitte verteilt vor allem Kredite. Ein großer Teil der europäischen EZ-Gelder wird den Zielländern hingegen als direkte Budgethilfe zur Verfügung gestellt, was den jeweiligen Regierungen Spielraum bei der Verwendung der Mittel lässt. Während damit sicherlich auch Konnektivitätsprojekte vorangebracht werden, ist die genaue Bezifferung des europäischen Beitrags hierzu im Einzelnen nicht immer möglich.

EU unterstützt Elektrifizierung in Afrika

Die Generaldirektion International Partnerships (INTPA) der Europäischen Kommission, verantwortlich für die Entwicklungszusammenarbeit, gibt an, dass zwischen 2014 und 2020 etwa 500 bis 600 Millionen Euro im asiatisch-pazifischen Raum für Konnektivität im engeren Sinne ausgegeben wurden. Zusätzlich wendete die EU in der Region 500 Millionen Euro für das Bildungsprogramm Erasmus auf. Darüber hinaus wurden im gleichen Zeitraum mithilfe bezuschusster EU-Kombinationsinstrumente (Blending) in Höhe von 80 Millionen Euro rund 1,5 Milliarden Euro an Investitionen in Verkehrs-, Energie- und Digitalvorhaben mobilisiert.

Auf dem afrikanischen Kontinent liegt mit dem EU-Projekt Energising Africa der Fokus auf Konnektivität bei Energie. In diesem Rahmen wurden zwischen 2014 und 2020 fast 3,7 Milliarden Euro an afrikanische Länder ausgeschüttet, mit dem Ziel etwa 30 Millionen Menschen erstmaligen oder verbesserten Zugang zu einer regulären Stromversorgung zu verschaffen.

Dazu zählt beispielsweise das Projekt ElectriFI, das mit EU-Mitteln in Höhe von 200 Millionen Euro nachhaltige Elektrifizierungsvorhaben in Benin, der Elfenbeinküste, Nigeria und Sambia ermöglicht. Dezentrale Stromlösungen werden mit dem Projekt GET.invest in Subsahara-Afrika realisiert. Die ausführende Institution des 26-Millionen-Euro-schweren Vorhabens ist die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Die neue Afrika-Strategie der Europäischen Kommission von 2020 stellt die Konnektivität zwischen beiden Kontinenten in den Mittelpunkt einer neuen Partnerschaft für nachhaltiges Wachstum. Dabei sollen Synergien mit dem Programm für Infrastrukturentwicklung in Afrika (PIDA) der Afrikanischen Union für die Jahre 2020 bis 2030 gesucht werden.

Die Kommission möchte selektiver werden und ihr Engagement auf weniger, aber dafür qualitativ höherwertige Projekte konzentrieren. Geplant sind strategische Korridore, die den traditionell schwachen intraregionalen Handel auf dem afrikanischen Kontinent beleben. Zur Identifizierung und Priorisierung dieser Korridore wird von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (Joint Research Centre, JRC) eine Studie erarbeitet.

EU baut Verkehrswege im Kaukasus und auf dem Westbalkan

Bereits seit den 1990er Jahren fördert die EU zahlreiche Vorhaben zur Verbesserung ihrer internen Konnektivität im Rahmen der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V). Das Projekt, das von der Generaldirektion MOVE (Mobilität und Verkehr) gesteuert wird, hat den Ausbau von Transportkorridoren innerhalb der EU bis 2030 beziehungsweise 2050 zum Ziel. Im Januar 2019 wurde das Vorhaben auf die Länder der östlichen Partnerschaft (Eastern Partnership, EaP) ausgeweitet. Mit bis zu 12,8 Milliarden Euro will die EU bis 2030 in die Infrastruktur in Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldau und in der Ukraine investieren. Mit 41 neuen langfristigen Projekten sollen 2.300 Kilometer an neuen Transportwegen geschaffen werden. Im Jahr 2016 war das Vorhaben bereits auf Island, Norwegen und die Länder des Westbalkans erweitert worden, um eine bessere Vernetzung mit den Korridoren der EU zu erreichen.

Im Oktober 2020 stellte die EU ihren Wirtschafts- und Investitionsplan für den Westbalkan vor, mit dem zwischen 2021 und 2027 etwa 9 Milliarden Euro in die Region fließen sollen. Mit bis zu 20 Milliarden Euro ist es geplant, Investitionen auf dem Westbalkan abzusichern. Damit soll die Region weiter zusammenwachsen und auf einen künftigen EU-Beitritt vorbereitet werden. Gefördert werden unter anderem mehrere Autobahnprojekte, erneuerbare Energien sowie der Breitbandausbau.

Global Gateway soll Sichtbarkeit erhöhen

Trotz dieses umfassenden Engagements wird die EU international bislang kaum als Gestalter globaler Konnektivität wahrgenommen. Um die Sichtbarkeit der eigenen Beteiligung zu erhöhen und die externe Kommunikation zu verbessern, diskutierten die Brüsseler Institutionen mehrere Jahre lang die Notwendigkeit einer kohärenten gemeinsamen Marke, die geförderte Projekte für Außenstehende eindeutig mit der EU in Verbindung bringt und den betont nachhaltigen, fairen Zugang bei Konnektivität beschreibt. Ansätze für mehr Übersichtlichkeit finden sich auch bei der Zusammenlegung mehrerer Förderinstrumente zum neuen Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI).

Mit Global Gateway wurde eine solche gemeinsame Marke nun gefunden. Es bleibt abzusehen, welchen Effekt die neue Strategie auf die Außenwirkung der EU haben wird.

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