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Special | Finnland | Klimawandel lokal

Windenergie soll massiv ausgebaut werden

Finnland will innerhalb kürzester Zeit klimaneutral werden. Dafür muss stark in die Onshore-Windenergie investiert werden. Die Wasserstoffwirtschaft wird ebenfalls profitieren. 

Von Niklas Becker | Helsinki

Bereits im Jahr 2035 soll Finnland nach den Plänen der Regierung klimaneutral sein, kurze Zeit später dann sogar CO₂-negativ. Im Jahr 2050 sollen die finnischen Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 Prozent niedriger ausfallen. Das Land will weltweit die erste Volkswirtschaft sein, die auf fossile Energieträger verzichtet.

Ehrgeizige politische Ziele

Der Anteil der erneuerbaren Energien (EE) am Bruttoendenergieverbrauch soll bis 2030 auf rund 50 Prozent steigen. Nach Zahlen des finnischen Statistikamtes belief sich der Anteil 2020 auf 39,3 Prozent. Finnland ist damit laut Eurostat der Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) mit dem zweithöchsten EE-Anteil, nach seinem Nachbarland Schweden. Bereits 2020 war der finnische EE-Anteil am Gesamtenergieverbrauch erstmals größer als der Anteil aus fossilen Ressourcen.

Wichtigster Rohstoff bei der finnischen Energieerzeugung ist Holz. Der Brennstoff deckte 2020 rund 28 Prozent des gesamten finnischen Energieverbrauchs ab. Das eingesetzte Holz ist vor allem ein Nebenprodukt der finnischen Forstindustrie und der Waldbewirtschaftung. Auch Kernenergie spielt in Finnland eine Rolle. Rund 19 Prozent der verbrauchten Energie wurde 2020 aus finnischen Atomkraftwerken geliefert. Mitte März 2022 ging mit Olkiluoto 3 der fünfte Atomreaktor Finnlands ans Netz. 

Weitere Informationen:

Dass die Ziele der Regierung keine Traumschlösser sind, zeigt eine neue Studie des finnischen Innovationsfonds SITRA. Laut dem im September 2021 veröffentlichten Bericht wird Finnland bis 2035 CO₂-neutral sein. Auch eine vollständige Dekarbonisierung bis 2050 sei zu erreichen. Für beide Ziele sei allerdings eine umfassende Elektrifizierung der Gesellschaft erforderlich. Verkehr und industrielle Prozesse müssten von fossilen Brennstoffen auf emissionsfreie Elektrizität umgestellt werden. Dadurch wird die Gesamtstromnachfrage bis 2035 um 20 Prozent steigen. Bis 2050 erwarten die Autoren eine Verdoppelung. 

Mehr als 40 Milliarden Euro für die Windenergie

Um den steigenden Strombedarf zu decken, müssen die finnischen Erzeugungskapazitäten bis 2050 mehr als verdreifacht werden. Im Basisszenario erwarten die Experten für 2050 eine installierte Stromkapazität von mehr als 70 Gigawatt (GW). Im Jahr 2020 waren es weniger als 20 GW. Vor allem die Windenergie wird dabei eine große Rolle spielen. Mehr als 80 Prozent des Kapazitätszuwachses entfällt auf Windkraftanlagen an Land. Die Autoren erwarten, dass die Kosten für Onshore-Anlagen unter den Kosten konkurrierender Technologien wie beispielsweise Offshore oder Kernkraft liegen werden. 

Zur Erreichung der finnischen Klimaziele sind nach Schätzungen von SITRA bis 2050 Investitionen von mindestens 64 Milliarden Euro notwendig. Im Durchschnitt entspricht das einer jährlichen Summe von mehr als 2 Milliarden Euro. Mit etwa 70 Prozent wird der Großteil der Investitionen in die Onshore-Windenergie fließen. Die übrigen Mittel sind für Solarkraftwerke sowie für Batterie- und Wasserstoffspeicher vorgesehen. Dem Bau von Offshore-Windparks im größeren Umfang stehen die Experten skeptisch gegenüber.

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Finnland will globale Zugkraft im Bereich Wasserstoff entfalten

Eine wichtige Aufgabe der Onshore-Windenergie wird die Herstellung von grünem Wasserstoff in Finnland sein. Im Land sind bereits eine Reihe konkreter Projekte geplant. Die Regierung will den Ausbau zukünftig fördern. Derzeit wird die Klima- und Energiestrategie des Landes überarbeitet. Die für den Sommer 2022 angekündigte neue Version soll auch eine nationale Wasserstoffstrategie enthalten.

Es wird erwartet, dass diese unter anderem Förderungen für Power-to-X (P2X)-Technologie und die Wasserstoffproduktion beinhalten wird. Finnland soll sich nach den Vorstellungen der Regierung zu einem wettbewerbsfähigen und vorhersehbaren Investitionsumfeld für die Wasserstoffwirtschaft entwickeln. Zu erwarten sind darüber hinaus Pilotprojekte zum Einsatz von Wasserstoff als Kraftstoff für den Verkehr, insbesondere für den Schwerlastverkehr und die Schifffahrt.

Ausgewählte Wasserstoffprojekte in Finnland

Projekt

Investitionssumme in Euro

Projektstadium

BotH2nia, Wasserstoff-Pipelinenetz als Teil eines europaweiten Netzwerks (CLIC Innovation, Partner u. a. Gasgrid Finland)

europaweit 43-81 Milliarden, in Finnland mehrere Milliarden

Vorstudien

Netzwerk von 10 bis 15 Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff, bereits angekündigt: Lahti 120 MW, Mikkeli 40 MW, Tampere 60 MW (Nordic Ren-Gas Oy) 

1,5 Milliarden

Planung

Harjavalta, Elektrolyseur-Anlage, 20 MW (P2X)

70 Millionen

Planung

Vaasa, Wasserstoffproduktionsanlage (Wärtsilä Oyj, Vaasan Sähkö, EPV Energia)

k. A.

Planung

Joutseno, Pilotanlage für synthetischen Kraftstoff für den Verkehr (LUT University Lappeenranta

k. A.

Machbarkeitsstudie

Vantaa, Power-to-Gas-Produktionsanlage für synthetisches Methan, 10 MW (Wärtsilä Oyj, Vantaan Energia)

k. A.

Vorstudien

Produktion von grünem Wasserstoff und CO2-Speicherung in Norwegen (Helen Oy, Horisont Energi)

k. A.

Absichtserklärung

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2022

Von Unternehmensseite wird die Entwicklung durch den im Februar 2021 gegründeten Wasserstoffcluster vorangetrieben. Dieser hat sich zum Ziel gesetzt, Finnland zu einem globalen Treiber der Wasserstoffwirtschaft zu machen. Bis 2030 soll sich die Wasserstoffwirtschaft nach den Vorstellungen der beteiligten Firmen zu einer neuen Stütze für die finnischen Exporte entwickeln.

Torf erlebt eine Renaissance 

Ein Teil des bei der finnischen Energiegewinnung eingesetzten Holzes stammt aus dem Ausland. Im Jahr 2020 lag dieser Anteil nach Schätzungen des finnischen Instituts für natürliche Ressourcen (Luonnonvarakeskus; Luke) bei etwa 19 Prozent. Damit trug ausländisches Holz rund 19 Terawattstunden zum finnischen Energiemix bei. Etwa die Hälfte des importierten Holzes stammt aus Russland. Damit entfallen rund 2,5 Prozent des gesamten finnischen Energieverbrauchs auf aus dem östlichen Nachbarland eingeführtes Holz.

Um darauf in Zukunft nicht mehr angewiesen zu sein, wird die Torfgewinnung wieder hochgefahren. So gab das finnische Staatsunternehmen Neova Group bekannt, im Sommer 2022 die Energietorfgewinnung wieder aufzunehmen. Im Herbst 2021 hatte die Firma noch entschieden, die Torfgewinnung einzustellen. Die größte Nachfrage nach Energietorf besteht in Ostfinnland. Hier verwenden Kunden von Neova viel importiertes Holz aus Russland.

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