Branche kompakt | Frankreich | Bauwirtschaft
Branchenstruktur
Die großen französischen Bauunternehmen dominieren die Bauwirtschaft des Landes. Auch in Deutschland sind sie hochaktiv. Deutsche Unternehmen hingegen sind gefragte Zulieferer.
23.12.2025
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Der französische Bausektor ist stark und international hervorragend aufgestellt. Mit den drei Baukonzernen Vinci, Bouygues und Eiffage ist Frankreich gleich dreimal unter den Top-20 der größten Bauunternehmen der Welt vertreten, so Deloitte in seinem Global Powers for Construction 2024-Ranking.
Die französische Bauindustrie zählte 2024 nach Angaben der FFB insgesamt 440.000 Unternehmen. Der Großteil (94 Prozent) hat zehn oder weniger Mitarbeitende, nur etwa 200 Betriebe beschäftigen mehr als 200 Personen. Von den insgesamt 1,26 Millionen Beschäftigten sind 506.000 im Bauhandwerk beschäftigt. Die Baubranche erwirtschaftete 2024 Umsätze von etwa 90 Milliarden Euro im Neubau und 118 Milliarden Euro in der Instandhaltung und Renovierung, insgesamt 208 Milliarden Euro.
Energieunternehmen expandieren in den Energiebau
Größere innerfranzösische Aufträge, insbesondere im Infrastruktur- aber auch im Großgebäudebereich, werden in den meisten Fällen von den führenden Baukonzernen Vinci, Bouygues oder Eiffage übernommen. Als Teil großer Konglomerate sind diese Gruppen auch in anderen Bereichen tätig, darunter als Immobilienentwickler, Betreiber von Parkhäusern, Konzessionär für Autobahnen und Flughäfen, aber auch in der Telekommunikation oder im Medienbereich. Energieunternehmen wie Equans oder EDF etablieren sich im Bereich Energieinfrastrukturplanung und -bau als wichtige Baudienstleister.
Unternehmen | Sparte | Umsatz 2024 |
|---|---|---|
| Vinci Construction | Hoch- und Tiefbau | 31,8 |
| Equans (Bouyges-Gruppe) | Hoch- und Tiefbau | 19,2 |
| Bouygues Construction | Hoch- und Tiefbau | 10,3 |
| Colas (Bouygues-Gruppe) | Hoch- und Tiefbau | 15,9 |
| Eiffage *) | Hoch- und Tiefbau, Energie | 19,5 |
| Fayat | Hoch- und Tiefbau, Baumaterial | 5,7 |
| NGE | Hoch- und Tiefbau | 4,6 |
| Spie Batignolles | Hoch- und Tiefbau, Energie | 2,6 |
| Demathieu Bard Group | Hoch- und Tiefbau | 2,1 |
| Legendre | Hoch- und Tiefbau, Energie, Immobilien | 1,0 |
Großkonzerne sind auch auf Auslandsmärkten aktiv
Die französischen Branchengrößen, aber auch Unternehmen wie Fayat oder Spie Batignolles sind im Ausland hochaktiv. Der Gesamtwert der im Ausland erbrachten Bauleistungen französischer Unternehmen betrug 2024 nach Angaben der FNPT 86,7 Milliarden Euro, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 8,4 Prozent. Wichtigste Zielregion ist mit einem Anteil von 62,4 Prozent der gesamteuropäische Raum (EU und europäische Nicht-EU-Länder), wichtigster Aktivitätssektor der Bereich Energie mit einem Anteil von knapp 39 Prozent.
Französische Unternehmen haben vor allem Deutschland im Blick, auch angesichts erwarteter deutscher Milliardeninvestitionen in den Infrastrukturausbau. Bereits heute sind französische Bau-, Energie- und Umweltunternehmen wie Eiffage, Veolia oder EDF Powersolutions stark im deutschen Markt vertreten.
Deutsche Unternehmen im Baumaterialsektor gut vertreten
Auch im Bereich Baumaterialien verfügt das Land über international aufgestellte Konzerne. Der französisch-schweizerische Konzern Holcim (ehemals HolcimLafarge) zählt zu den internationalen Schwergewichten der Zement- und Betonbranche. Arcelor Mittal ist im Stahlsegment führend, Saint Gobain einer der weltweit wichtigsten Glashersteller. St Gobain erweitert seinen Aktivitätsbereich insbesondere im Bereich Recycling und Bauchemie und verstärkt sich durch internationale Zukäufe.
Deutsche Unternehmen sind im Land gut aufgestellt. Die Knauf-Gruppe ist nach Unternehmensangaben in Frankreich mit 32 Produktionsstätten in den Bereichen Isolierungs-, Decken und Kunststofflösungen vertreten und beschäftigt über 2.200 Mitarbeiter. Die deutsche Heidelberg Materials Group ist mit den Tochtergesellschaften Ciments Calcia, GSM, Unibeton und Socli wichtiger Anbieter von Baumaterialien, vor allem in den Sparten Zement, Transportbeton und Kalk. Die Pumpenhersteller KSB und Wilo sind in Frankreich mit eigenen Produktionsstätten vor Ort aktiv und profitieren von der Neuorientierung zu mehr Energieeffizienz und Dekarbonisierung im Gebäudebereich. Darüber hinaus produziert und vertreibt Schüco in Frankreich Fenster, Türen, Armaturen und Beschläge.
Baumaterialsektor dekarbonisiert weiter
Die gesamte Branche für Baumaterialien steht in einem ambitionierten Prozess der Dekarbonisierung von Produktion und Produkten. Dies gilt nicht nur für die großen Emittenten der Zement-, Stahl- und Glasindustrie, sondern zieht sich quer durch alle Industriesparten. Die strengeren Anforderungen an die Klimafreundlichkeit neuer Bauwerke durch die Regulierung RE 2020 sowie steigende Ansprüche der Kunden an eine bessere Klimabilanz am Bau setzen den Sektor unter Innovationsdruck. Der Stahlkonzern ArcelorMittal wird mit staatlicher Förderung 1,2 Milliarden Euro in den klimafreundlichen Umbau seiner französischen Produktion investieren. Anders als in Deutschland hat der Konzern im Mai 2025 bekräftigt, seine Pläne zum Einsatz elektrischer Hochöfen in Frankreich beibehalten zu wollen. Der Zementproduzent Eqiom investiert in Lumbre (Pas-de-Calais) 300 Millionen Euro in einen neuen Hochofen. 2026 soll dieser dafür sorgen, den CO2-Ausstoß der Produktion um 20 Prozent abzusenken. Heidelberg Cement hat im November die Modernisierung seiner Zementproduktion in Airvault abgeschlossen. Durch Investitionen in Höhe von 350 Millionen Euro senkt der Konzern seine CO2-Emissionen um 30 Prozent ab.
Start-ups erobern den Bausektor
Jungunternehmen drängen auf den Markt. So hat Hiboo eine Plattform für die Verwaltung und Analyse von Baumaschinen und Bautransportparks entwickelt. Das 2017 gegründete Start-up kooperiert bereits mit Branchengrößen wie Eiffage oder Spie Batignolles. Bloc in Bloc will Augmented Reality auf die Baustellen bringen. Azur Drones und Sysveo arbeiten an autonomen Drohnen für die Baustellenüberwachung. Und das international expandierende Start-up Hoffmann Green Cement und Materr’UP konkurrieren bei der Produktion CO2-armen Betons.
Immer wieder aber gibt es auch Rückschläge. Das Jungunternehmen Neolithe war mit einer Technologie zur nachhaltigen Behandlung von Bauabfällen gut gestartet. Unternehmen wie Bouygues Immobilier nutzten Neolithes Entwicklungen. Allerdings hat sich Neolithe im Herbst 2025 ein Jahr Forschungspause verschrieben, um Probleme mit Asbestrückständen in seinen aus Recycling gewonnen Baugranulaten zu lösen.