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Frankreichs Hightechunternehmen setzen auf Leichtbau
Leichtbau- und Verbundwerkstoffe sollen Produkte leichter und dadurch effizienter machen. Das bietet Chancen auch für deutsche Branchenunternehmen.
24.10.2022
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Leichtbau sowie moderne Verbund- und Werkstoffe gewinnen in Frankreichs herstellender Industrie an Bedeutung. Nicht nur die traditionell auf Gewichteinsparungen fokussierte Luftfahrt- und Kfz-Branche versuchen, durch Leichtbautechnologien ihre Flotten zu verbessern. Branchenübergreifend sind Frankreichs produzierende Unternehmen auf der Suche nach Materialien und Baustoffen, die einen effizienteren, kostengünstigeren und weniger treibhausgasintensiven Betrieb ihrer Fahrzeuge, Maschinen und Anlagen ermöglichen.
Energie-, Klima und Rohstoffkrise erzwingen ein Umdenken in der Produktion
Energieknappheit sowie die Notwendigkeit zur Dekarbonisierung von Produktion und Produkten verändern die Anforderungen, die an Werk- und Verbundstoffe sowie Bauteile gestellt werden. Der weltweite Rohstoffmangel, insbesondere bei seltenen Erden, Aluminium, Nickel oder Kupfer fordern die französische Industrie heraus. Unternehmen machen sich auf die Suche nach Materialien und Baustoffen, die einfacher, nachhaltiger und eventuell sogar kostengünstiger zu beschaffen und herzustellen sind.
Auch kann die Verwendung von weniger oder langlebigerem Material Produktions- oder Betriebskosten einsparen. Bei der Entwicklung neuer Produktlinien setzen Unternehmen daher zunehmend auf die Verwendung von innovativen, leichteren Werkstoffen wie Thermoplastiken oder Keramiken.
Herstellungsprozesse wie die additive Fertigung drängen in den Vordergrund. Sie ermöglichen komplexere Geometrien als herkömmliche Fertigungsprozesse und bieten eine größere Flexibilität bei der Wahl der zu verwendenden Werkstoffe. Auch steigen die Ansprüche an Maschinen und Anlagen. Der Trend geht weg von Kompaktanlagen hin zu flexiblen, digitalisierten Anlagen, die verschiedenste Funktionen aus unterschiedlichsten Industrien und Fertigungsschritten vereinen.
Start-ups und Nischenunternehmen treiben Entwicklungen an
Der Bereich Leichtbau hat sich in Frankreich noch nicht als eigenes Industriesegment etabliert, sondern ist eine stark forschungsorientierte Querschnittbranche. Produzenten und Zulieferer aus unterschiedlichen Sektoren wie Automobil, Land- und Seetransport, Mobilitätslösungen, Bau oder erneuerbaren Energien befassen sich mit dem Thema.
Unternehmensübergreifende Kooperation wird bei der Forschung und Entwicklung neuer Komponenten und Produkte großgeschrieben. Nur so, sagen Branchenvertreter, können Lösungen entwickelt werden, die zügig kommerzialisierbar sind. Dies bietet nicht nur etablierten Entwicklern und Großunternehmen Beteiligungschancen. Gerade Start-ups und kleinere Unternehmen in Nischen- und Querschnittsbranchen sind immer dann gefragt, wenn es darum geht, außerhalb etablierter Prozesse und Methoden zu arbeiten. Französische Großunternehmen sind auf der Suche nach Start-ups, die mit neuen Produktions- und Materialansätzen herkömmliche Abläufe aufbrechen und modernisieren können. So hat der Chemieriese Arkema ein Start-up: Connect-Programm ausgeschrieben, durch das junge Unternehmen unter anderem im Bereich Leichtbau gefördert werden sollen. Das Start-up Sintermat, das auf Werkstoffe spezialisiert ist, hat im Juli 2022 Investitionen in Höhe von 6 Millionen Euro abrufen können. Investoren sind unter anderem Safran, Frankreichs wichtigster Turbinenhersteller sowie DEF'Invest, der Investitionsarm des französischen Verteidigungsministeriums.
Luftfahrt- und Kfz-Branche suchen nach effizienteren und nachhaltigen Werkstoffen
Wichtigster Treiber der Entwicklung zu mehr Leichtbau ist die in Frankreich bedeutende Luft- und Raumfahrt, der Automobilsektor sowie die Bahnindustrie. Branchengrößen wie Airbus (Luftfahrt), Safran (Luft- und Raumfahrt) oder Alstom (Schienenverkehr) sind auf der Suche nach Lösungen, die den Luft- und Landtransport sowohl energieschonender als auch weniger treibhausgasintensiv machen.
Die Gewichtsverringerung - auch durch Leichtbau - ist eine der Stellschrauben, die zum Ziel führen soll. So hat die Gruppe Safran in Bordeaux im Oktober 2022 ein Werk eröffnet, das sich auf additive Fertigung, Karbonfasern sowie Keramikbauteile für die Flug- und Verteidigungsindustrie spezialisiert hat. Airbus Technologies in Nantes hat ein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum aufgebaut, das die Entwicklung neuer Bauteile, Werk- und Verbundstoffe vorantreiben soll.
Auch die sich immer weiter in Richtung Elektromobilität bewegende Automobilindustrie, vorweg mit der Stellantis-Gruppe, ist auf der Suche nach Lösungen, die den Ausstoß von Kohlendioxid beschränken und die Reichweite ihrer Elektroautos erhöhen.
Staatlich und privat finanzierte Forschungsinstitute wie das IRT M2P (Institut de Recherche Technologique - Matériaux Métallurgique et Procédés) entwickeln in enger Kooperation mit Industrieunternehmen und Start-ups unter anderem Anwendungen aus dem Bereich Leichtbau.
Vielfältige Förderprogramme auf deutscher und französischer Seite
Die französische Regierung unterstützt Forschung und Entwicklung innovativer Leichtbauprojekte im Rahmen des Programme d'investissements d'avenir. Auch das France 2030 - Innovationsprogramm mit einem Volumen von insgesamt 54 Milliarden Euro legt einen Schwerpunkt auf innovative und disruptive Entwicklungen in den Bereichen Energieeffizienz, Dekarbonisierung, Luft- und Raumfahrt sowie Elektromobilität. So sind allein 4 Milliarden Euro für die Förderung von Projekten im Segment "Transport der Zukunft" vorgesehen. Die ersten Projekte, wie die Entwicklung von Flugzeugen mit geringem Treibhausgasausstoß, befinden sich in der Ausschreibungsphase.
Das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt deutsche Unternehmen im Rahmen ihrer Leichtbaustrategie.
Bezeichnung | Anmerkung |
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Deutsch-französische Auslandshandelskammer, Beratung zum Markteinstieg | |
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz - Leichtbaustrategie | Förder- und Markterschließungsprogramm Leichtbau |
Rechercheplattform zu Marktakteuren aus dem Bereich Zukunftstechnologien (Industries du Futur) der Industrie- und Handelskammer Ile de France (CCI Business) und der Alliance Industries du Futur | |
Industrieüberblick im Rahmen des BMWK-Markterschließungsprogramms Maschinenbau und 3D-Druck in der Industrie | |
Jährlich stattfindende Messe im Bereich Verbundwerkstoffe, Paris, 25. bis 27.April 2023 | |
Messe und Kongress im Bereich additiver Fertigung, Paris | |
Messe und Kongress im Bereich additiver Fertigung, Lyon, 4. bis 6. Juni 2021 | |
Messe Plastikindustrie, Lyon, 27. bis 28.9. September 2023 |