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Branchen | Georgien | Gesundheitswirtschaft

Georgiens Gesundheitsmarkt wächst jährlich um 10 Prozent

Der Gesundheitssektor Georgiens profitiert vom steigenden Leistungsspektrum der öffentlichen Krankenversicherung. Hinzu kommen Modernisierungs- und Neubauprojekte. 

Von Uwe Strohbach | Tiflis

Mit einem Maßnahmenpaket will die georgische Regierung die Gesundheitswirtschaft im Land stärken. Die Initiativen sollen der 2013 begonnenen Neuausrichtung des Gesundheitsmarkts weitere Impulse verleihen. In jenem Jahr startete das Universelle Gesundheitsprogramm (UGP). Damit verabschiedete sich Georgien vom Neoliberalismus im Gesundheitswesen und führte eine öffentliche Krankenversicherung für die meisten Bürger des Landes ein.

Gesundheitsbranche überzeugt mit stabilem Wachstum

Das erbrachte Leistungsvolumen staatlicher und privater medizinischer Einrichtungen belief sich im 3,7-Millionen-Einwohner-Land nach offiziellen Angaben im Jahr 2022 auf etwa 830 Millionen US-Dollar (US$). Somit stieg es auf gut das 2,5-fache des Niveaus von 2013. Das kommt einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von rund 10 Prozent gleich. Gemessen pro Einwohner sind es lediglich 230 US$, was im internationalen Vergleich noch gering ist.

Erweiterter Leistungsumfang der Krankenversicherung entlastet Bevölkerung

Heute werden circa 94 Prozent der Einwohner von der staatlichen Krankenversicherung erfasst. Lediglich Personen mit hohem Einkommen müssen sich weiterhin privat versichern. Die öffentlichen Gesundheitsausgaben betrugen 2022 etwa 722 Millionen US$. Davon entfielen 45 Prozent auf die Finanzierung des UGP – Tendenz steigend, denn es kommen mehr Leistungen hinzu.

Zuletzt wurde das Leistungsangebot der Versicherung unter anderem um mehr ärztliche Vorsorge- beziehungsweise Früherkennungsuntersuchungen, Maßnahmen zur Behandlung von Diabetes und seltenen Erkrankungen sowie Leber und Knochenmarktransplantationen erweitert. Auch die Errichtung regionaler Dialysezentren kommt voran. Im Jahr 2023 könnten bereits bis zu 50 Prozent der öffentlichen Gesundheitsausgaben auf Versicherungsleistungen entfallen. 

Das dürfte dazu beitragen, dass die privaten Ausgaben für die Gesundheitsfürsorge weiter sinken. Schon zwischen 2013 und 2022 ließ die kontinuierliche Erweiterung des Leistungskatalogs des UGP den Anteil der Bevölkerung an den Gesamtausgaben für das Gesundheitssystem von 65 auf 43 Prozent sinken.

Neue Projekte sollen Angebotslücke schließen

Dennoch ist der Anteil dieser sogenannten Out-of-Pocket-Zahlungen im internationalen Vergleich noch zu hoch. Das liegt an bestehenden Lücken im Leistungskatalog der öffentlichen Versicherung und teils hohen Zuzahlungen. Die Regierung ist jedoch bemüht, die Versicherten weiter zu entlasten. Bis 2030 soll der Anteil der Out-of-Pocket-Zahlungen an den Gesamtausgaben im Gesundheitswesen auf weniger als 30 Prozent sinken.

Dafür investiert die Regierung in die medizinische Infrastruktur, reformiert das Gesundheitswesen fortlaufend und erweitert das Leistungsangebot der Versicherung. Diese Projekte bieten viele Ansatzpunkte für eine Kooperation mit ausländischen Unternehmen.

Geplante Investitionsprojekte im Gesundheitswesen Georgiens *

Projekt

Projektstadium

Projektträger

Umbau oder Neubau der Zentralen Universitätsklinik (Republikanisches Krankenhaus) in ein Mehrfunktionskrankenhaus mit ca. 500 Betten, Tiflis (inklusive zentrale Blutbank, Kinder-Onkologie- und Hämatologie-Fachabteilung)

Projektfrühstadium (geplante Bauzeit: 2,5 bis 3 Jahre)

Georgische medizinische Holding/Ministerium für Gesundheitswesen (Verbund staatlicher Krankenhäuser, Kliniken und medizinischer Zentren)

Errichtung des ersten georgischen Zyklotronzentrums zur Krebsbehandlung

Inbetriebnahme: Mitte 2025

Internationale Universität Kutaissi (Hadron Therapy Centre)

Errichtung eines hochtechnologischen onkologischen Zentrums, Tiflis

Projektfrühstadium

Georgia Healthcare Group (Georgia Capital PLC)

Umbau eines Krankenhauses zu einem Zentrum für Transplantologie, Tiflis

Projektfrühstadium

Georgia Healthcare Group (Georgia Capital PLC)

Modernisierung bestehender Krankenhäuser der Unternehmensgruppe GHG (Bestand: 16 Krankenhäuser mit 2.524 Betten)

laut Entwicklungsplan der GHG (Georgia Healthcare Group)

Georgia Healthcare Group (Georgia Capital PLC)

Ausweitung des Dienstleistungsangebotes, Entwicklung der Telemedizin und Digitalisierung des privaten Poliklinik- und Fachkliniknetzes der Unternehmensgruppe GHG (Bestand: 36 Objekte)

laut Entwicklungsplan der GHG (Georgia Healthcare Group)

Georgia Healthcare Group (Georgia Capital PLC)

Rebranding der Freien Wirtschaftszone Tiflis zu einem regionalen pharmazeutischen Hub (Investitionen in Lagerkapazitäten)

laut Entwicklungsstrategie der Freizone Tiflis

Tbilisi Free Zone

Beschleunigte Schaffung gut bezahlter Arbeitsplätze, Aus- und Weiterbildung und Einführung professioneller Standards in der Krankenpflege für den Bedarf des stationären Sektors

Memorandum zwischen der EBRD und dem Gesundheitsministerium Georgiens vom März 2023

Ministerium für Gesundheit Georgiens

* in den Jahren 2019 bis 2022 wurden 19 Genehmigungen für den Bau medizinischer Objekte erteilt. Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Private Kliniken profitieren von der öffentlichen Krankenversicherung

Gelder aus dem UGP sind eine Haupteinnahmequelle für private Krankenhäuser und Kliniken. Diese erhielten im Zeitraum 2013 bis 2022 mehrere Milliarden US$ für ihre im Rahmen des Programms UGP erbrachten Dienstleistungen. Staatliche Gelder aus dem UGP machten 2022 rund 50 Prozent der Gesamteinnahmen der Privatakteure in Höhe von 963 Millionen US$ aus. Ein Teil der Einnahmen fließt in die Modernisierung und den Neubau medizinischer Objekte sowie die Ausweitung des Dienstleistungsangebots.

Hauptakteure im Krankenhaussektor Georgiens (31. Dezember 2021)

Unternehmen/Sektor

Anzahl der Betten

Anteil in Prozent

Betten, insgesamt 

14.160 1

100,0

GHG (Evex Hospitals)

2.524

18,0

Aversi Cilnics

714

5,0

Vienna Insurance Group/GPI Holding

615

4,0

Ghudushauri- und Chachava-Kliniken

485

3,0

Inova clinic

209

1,5

American Hospital Tbilisi

183

1,3

Staatliche Krankenhäuser

1.300 2

9,2

Andere

8.300

58,0

1 ohne Betten in spezialisierten und zumeist staatlichen medizinischen Einrichtungen (Tuberkulose-, psychiatrische und andere Fachkliniken), 2 Schätzung.Quelle: National Center for Disease Control and Public Health 2023; Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Fallpauschalen-System soll Kosten senken und Wettbewerb fördern

Ende 2021 führte Georgien die diagnosebezogene DRG-Fallgruppierung (Diagnosis Related Group/DRG) als Modell für die Leistungserbringung und -vergütung im Krankenhaussektor ein. Aktuell stehen insgesamt 609 DRGs für stationäre Krankenhausleistungen zur Verfügung. 

Von der Implementierung des auch als Fallpauschalen-System bezeichneten Abrechnungsverfahrens verspricht sich die Regierung mehr Vergleichbarkeit von Qualität und Preis sowie mehr Wettbewerb. Zudem sollen die Zuzahlungen durch die Patienten abgesenkt werden - je nach Patientengruppe, wie Rentner, Kinder und Nutzer des UGP-Grundpaketes, auf maximal 500 bis 1.500 georgische Lari (knapp 200 bis 600 US$).

Ausgewählte Daten der georgischen Gesundheitsstatistik

2015

2020

2021

2022

Einwohnerzahl (in Millionen)

3,72

3,72

3,70

3,74

Krankenhäuser und medizinische Zentren (Anzahl insgesamt)

259

264

268

269 1)

Krankenhausbetten (Anzahl in 1.000)

12,8

18,6

20,6

17,9

Krankenhausbetten (pro 10.000 Einwohner)

34,4

50,0

56,7

47,9

Durchschnittliche Verweildauer im Krankenhaus (in Tagen)

5,3

5,6

6,2

5,1

Nutzungsgrad der Krankenhausbetten (in Tagen pro Jahr)

195,0 2)

190,7

201,2

167,2

Ärzte (Anzahl in 1.000)

24,3

25,4

22,5

23,9

Ärzte (pro 10.000 Einwohner)

65,2

57,7

61,0

63,9

Ambulante Einrichtungen (Anzahl)

2.385

2.286

2.272

2.284

Besuche in ambulanten Einrichtungen (Anzahl in Mio.)

13,7

13,7

15,0

15,2

Besuche in ambulanten Einrichtungen (Anzahl pro Einwohner)

3,7

3,7

4,1

4,1

1 darunter 70 spezialisierte Kliniken und 7 Geburtskliniken; 2 2016.Quelle: Geostat 2023, Berechnungen von Germany Trade & Invest 2023

Nationale Gesundheitsstrategie steckt langfristige Ziele ab

Prägende Dokumente für die kommenden Jahre sind die nationale Gesundheitsstrategie (2022 bis 2030), die Strategie für die Entwicklung von Rehabilitationsdiensten (2023 bis 2027) sowie weitere Aktionspläne und Brancheninitiativen. Im Rahmen dieser Programme will die Regierung:

  • die öffentliche Gesundheitsversorgung weiter ausbauen (darunter verstärkte Bekämpfung von Krebs- und seltenen Erkrankungen),

  • die Reformen für die primäre Gesundheitsversorgung fortsetzen (Ausbau und Modernisierung von Polikliniken, ambulanten Kliniken, Tageskliniken und Einrichtungen für Frauen- und Geburtsheilkunde),

  • die dringend erforderliche medizinische Versorgung in ländlichen Regionen verbessern,

  • den fragmentierten und schwach ausgelasteten stationären Sektors konsolidieren (hin zu effizienten, größeren Krankenhäusern),

  • mehr Krankenschwestern und Pfleger aus- und weiterbilden (aktuell kommt auf einen Arzt nur eine Pflegefachkraft),

  • das Bäderwesen sowie Gesundheits- und Spa-Zentren ausbauen, um den medizinischen Tourismus weiterzuentwickeln,  

  • psychische Gesundheitsdienste reformieren und betroffene Menschen gemeindenah betreuen (Projekt befindet sich bereits in der Endphase),

  • das Gesundheitswesen weiter digitalisieren,

  • den rechtlichen Rahmen für die Gesundheitsfürsorge und den Pharmamarkt weiter an das Regelwerk der EU anpassen,

  • die internationale Akkreditierung medizinischer Einrichtungen beschleunigen (ab 2025 ist eine solche Akkreditierung Voraussetzung für eine Teilnahme am UGP),

  • das Anfang 2023 eingeführte neue Referenzpreissystem für Arzneimittel stabilisieren, um die Medikamentenpreise auf dem Markt weiter zu senken,

  • die Bezahlung des medizinischen Personals weiter verbessern.

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