Dank EU-Fördermittel, Vorlagen zur Energieeffizienz und dem Tourismus wächst die Baubranche. Fachkräftemangel und Liquidität stellen die Unternehmen vor Herausforderungen.
Der Produktionswert im Baugewerbe lag 2024 bei 15,7 Milliarden Euro. Etwa 60 Prozent betreffen den Gebäudebau ohne Wohnungen und Infrastrukturprojekte, meldet die Studie des Instituts für Wirtschafts- und Industrieforschung IOBE "Trends, Herausforderungen und Aussichten der Baubranche" vom Juni 2025. Dank der großzügigen EU-Fördermittel, die vorrangig für Infrastrukturvorhaben fließen, soll der Produktionswert bis 2026 auf 18 Milliarden Euro steigen.
Infrastruktur-, Energieeffizienz- und Tourismusprojekte stimmen positiv
Aus dem EU-Aufbaufonds fließen bis 2026 weitere 6,3 Milliarden Euro in das Baugewerbe in Form von Zuschüssen und Krediten. Anschließend rechnen die Experten mit einer kurzfristigen Flaute in der Baubranche.
Marktvolumen der Bauwirtschaft in GriechenlandIn Milliarden Euro; Veränderung in ProzentKennziffer | 2024 | 2025* | Veränderung 2025/2024 |
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Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon | 15,7 | 16,5 | 5,1 |
Wohnungsbau | 6,1 | 6,6 | 8,2 |
Wirtschafts- und Infrastrukturbau | 9,6 | 9,9 | 3,1 |
*SchätzungQuelle: IOBE 2025, EU-Kommission 2025
Für Optimismus sorgen öffentliche Infrastrukturprojekte. Laut der IOBE-Studie stehen dafür zwischen 2027 und 2030 insgesamt 10 Milliarden Euro aus öffentlichen Töpfen oder im Rahmen von Konzessionsverträgen zur Verfügung. Etwa die Hälfte davon betrifft Straßenprojekte, ein Drittel entfällt auf Vorhaben im Bereich der Energieversorgung. Weitere 12 Prozent fließen in Bahnprojekte und 7 Prozent in den Ausbau der Telekommunikationsnetze.
14,6
%
soll der Produktionswert in der Baubranche bis 2026 wachsen.
Zu wichtigen Projekten, die in den nächsten Jahren realisiert werden, zählen die Anbindung weiterer Inseln in der Ägäis an das kontinentale Stromnetz, der Ausbau von Autobahnen, die Modernisierung 20 regionaler Flughäfen und der Bau zahlreichen Luxushotelanlagen.
Ausgewählte Großprojekte der Bauwirtschaft in GriechenlandInvestitionssumme in Millionen EuroAkteur/Projekt | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkungen |
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Stromanbindung der Inseln des Dodekanes mit dem kontinentalen Stromnetz | 2.050 | In Planung | Fertigstellung bis 2029 |
Nördliche Autobahn Abschnitt Chania-Herakleion | 1.750 | In Planung | Fertigstellung bis 2030 |
Autobahn Egnatia Odos | 1.350 | Konzessionsvertrag wurde im März 2025 unterzeichnet. Im Bau | Auftragnehmer GEK Terna-Egis Projects |
Sanierung der Straßeninfrastruktur, die durch Naturkatastrophen verursacht wurden | 919 | Studien werden vorbereitet | Bis 2029 |
Astakos Terminal | 524 | In Planung | Um- und Ausbau des Hafens im Industriegebiet Astakos in einen touristischen Megayachthafen |
Hydra Rock S.A. | 474 | In Planung | Bau eines Touristikresorts |
Nördlicher Teil der Autobahn Zentralgriechenland E65 | 442 | Im Bau Auftragnehmer GEK Terna | Fertigstellung im 2. Quartal 2026 |
Konzessionsvertrag für die Modernisierung und den Betrieb 22 regionaler Flughäfen | - | In Planung | Ausschreibung wird im zweiten Halbjahr 2025 erwartet |
Modernisierung und Ausbau des Flughafen Kalamaata | 45,2 | Vertrag soll unterzeichnet werden | Auftragnehmer: Kalamata Airport S.A., Konsortium bestehend aus Fraport AG, Delta Airports Investments S.A. und Pileas S.A. |
Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest, Pressemitteilungen 2025
Auch die Förderung der Energieeffizienz privater, öffentlicher und betrieblicher Gebäude, unter anderem Hotels, wirkt unterstützend. Bis zum Abschluss des EU-Aufbaufonds im Jahr 2026 werden 700 Millionen Euro in Energieeffizienzmaßnahmen fließen, unter anderem Wärmedämmungs- und Beschattungssysteme, Ersatz von Fensterrahmen und energieintensiver Geräte, Wärmepumpen, LED-Leuchten und Installation erneuerbarer-Energien-Systeme.
Bis 2030 müssen gemäß dem Nationalen Energie- und Klimaplan jedes Jahr 68.000 Wohngebäude energieeffizienter werden. Das bedeutet, dass jedes Jahr rund eine Milliarde Euro investiert werden müssen.
Im Jahr 2024 flossen etwa 2,8 Milliarden Euro in den Bau und die Renovierung von Hotels, so die Studie „Tourism & Greek Economy 2023–2024“ des Instituts der griechischen Touristikunternehmen INSETE vom Mai 2025. Dieser Trend soll auch in den nächsten Jahren anhalten, äußern sich Marktexperten.
Eine besondere Vielfalt weisen zwei Großprojekte auf: die Bebauung der Immobilie "Elliniko" und der Ausbau des Athener Flughafens. Mit einem Gesamtbudget von 1,28 Milliarden Euro, aus eigenen Kassen und Bankkrediten, soll der Terminal des Athener Flughafens ausgebaut, neue Abflug-, Check-in- und Gepäckausgabehallen entstehen, die Einzelhandelsflächen vergrößert und eine neue Parkbahn und neue Parkplätze gebaut werden. Der deutsche Flughafeninvestor Avi Alliance GmbH hält einen Anteil von etwas über 50 Prozent am Athens International Airport. Einen Auftragnehmer gibt es noch nicht. Das Management des Flughafens soll den oder die Auftragnehmer für das sogenannte Early Contractor Involvement in nächster Zeit bekannt geben. Anschließend wird bestimmt wer die Studie und Bau übernehmen wird. Der Vertrag soll im Januar 2026 unterzeichnet werden.
Das 8 Milliarden Euro schwere Projekt "Elliniko" schreitet langsam voran. Auf dem Gelände des alten Athener Flughafens sollen das höchste griechische Gebäude, der Marina Tower, Hotels, 9.000 Luxuswohnungen und -villen, Einkaufs- und Kongresszentren, Sportanlagen und ein Yachthafen entstehen. Auf der Liste der Auftragnehmer sind alle griechischen Baukonzerne wiederzufinden.
Leichte Flaute im Wohnungsbau erwartet
Bei privaten Bauten wird im Jahr 2026 ein Rückgang erwartet. Zahlreiche Baupläne mussten aufgehoben werden, nachdem der Staatsrat mit dem Urteil Nr. 146/2025 Teile des Baugesetzes Nr. 4067/2012 als verfassungswidrig eingestuft hat. „Das betrifft Bauherren, die größere Gebäude geplant hatten, als nach den regionalen Bebauungsplänen zulässig gewesen wäre“, informiert Dr. Henning Voelkel, Partner bei der Rechtsanwaltskanzlei Voelkel Kataliakos Roussou. „Betroffen sind außerdem Bauvorhaben auf Grundstücken ohne Zufahrt über eine anerkannte Straße“, fügt er hinzu.
Der Rückgang im Wohnungsbau wird sich im Baugeschäft im Jahr 2026 deutlich bemerkbar machen. Noch werden die Baugenehmigungen aus dem Jahr 2024 umgesetzt, ihre Anzahl lag rund ein Drittel über dem Niveau des Vorjahres.
Arbeitskräfte und Liquidität stellen Herausforderungen dar
Die rechtzeitige Fertigstellung der Projekte ist oftmals schwierig. Es mangelt an Arbeitskräften: Bis 2026 werden weitere 26.000 Arbeitnehmer benötigt, 12 Prozent mehr als im Jahr 2024.
Der Einsatz moderner Automatisierungstechnologien sowie künstlicher Intelligenz bietet Potenzial, diesem Problem zumindest teilweise entgegenzuwirken. Jedoch scheitern die Investitionen häufig an hohen Kreditkosten und unzureichender Liquidität: Nur jede dritte Zahlung an Bauunternehmen erfolgt fristgerecht. Im Jahr 2023 lag die durchschnittliche Dauer der Forderungen gegenüber Unternehmen der Branche bei 240 Tagen, so die IOBE-Studie.
Deutschland ist wichtiger Lieferant von Maschinen
Griechenland importiert Stromerzeugungs- und Metallverarbeitungsmaschinen und -ausrüstung vorrangig aus Deutschland. Dabei konkurriert Deutschland mit Italien und China. Trotz der Qualität, halten die relativ hohen Preise von einer Investition in deutsche Ausrüstung ab.
Bei dem Import von Baumaterialien nimmt Deutschland keine herausragende Position ein. Nur bei Metallprodukten sind deutsche Hersteller drittwichtigste Lieferanten. Der Anteil an den Importen der wichtigsten Baumaterialien variiert zwischen 3 und 15 Prozent (Stand 2024). Bedeutende Lieferanten sind China, die Türkei und Italien.
Importe ausgewählter Bauprodukte In Millionen Euro68 Steine, Gips, Zement, Asbest, Glimmer oder ähnliche Stoffe | 148,2 | 5,5 | 9,9 |
69 Keramik | 360,6 | 9,3 | 4,0 |
70 Glas und Glaswaren | 433,6 | 3,1 | 4,7 |
72 Eisen und Stahl | 1.791,1 | 9,2 | 6,1 |
73 Waren aus Eisen und Stahl | 1.093,6 | 12,7 | 11,4 |
74 Kupfer und Kupferwaren | 1.144,3 | 14,1 | 5,5 |
76 Aluminium und Aluminiumwaren | 1.613,6 | 25,7 | 3,0 |
83 Metall und Metallwaren | 371,3 | 1,6 | 14,9 |
Quelle: Eurostat 2025
Von Michaela Balis
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Athen