Unicorns aus Hongkong dominieren in Finanzdienstleistungen wie Fintech und Kryptowährungen. Start-ups nutzen die Stadt oft als Sprungbrett nach Südostasien und Festlandchina.
In Hongkong gibt es mehr als über 4.600 Start-ups mit starkem Fokus auf Fintech und mehrere Unicorns. Die Stadt zeigt damit globale Strahlkraft weit über ihre Rolle als Tor zu China hinaus.
Vom Finanzzentrum zum Start-up-Hub
Im Global Financial Centers Index 2024 belegt Hongkong Platz drei: ein Zeichen für die wirtschaftliche Stabilität und internationale Vernetzung der Stadt. Doch hinter den Fassaden der Banken und Börsen wächst ein neues Ökosystem heran: Über 1.100 Fintech-Unternehmen sind mittlerweile in Hongkong aktiv. Prognosen zufolge wächst das Marktvolumen im Fintech-Bereich bis 2032 auf rund 606 Milliarden US-Dollar (US$) an - bei einer jährlichen Wachstumsrate von 28,5 Prozent.
Neben Finech prägen vor allem künstliche Intelligenz (KI), Blockchain, Healthtech und E-Commerce das Start-up-Geschehen. Dynamisch zeigt sich der Blockchain-Sektor, der seit 2022 um 250 Prozent gewachsen ist - unterstützt durch eine Web3-Politik und ein Lizenzregime für virtuelle Asset-Plattformen.
Die Hälfte der Unicorns entwickelt FinTech
Hongkong zählt mindestens zehn Unicorns (Start-up-Unternehmen mit einer Bewertung von über 1 Milliarde US$), viele davon im Fintech-Bereich. Neben GoGoX, Airwallex, WeLab und HashKey Group sind die ZA Group, Amber Group und Micro Connect in dieser Liga. Darüber hinaus haben sich Unternehmen wie Lalamove (Logistik), Xiaohongshu (Social E-Commerce) und Cider (Mode) etabliert.
GoGoX und Lalamove stellen mit digitalen Plattformlösungen die Logistik neu auf. Während Lalamove auf dem chinesischen Festland führend ist, dominiert GoGoX in Hongkong. Ihre innovativen Modelle prägen urbane Lieferdienste nachhaltig.
Diese Start-ups nutzen Hongkong oft als Sprungbrett nach Südostasien und Festlandchina - zum Teil auch nach Europa: Lalamove eröffnete 2025 eine Niederlassung in Berlin.
Start-ups nach Sektor Anzahl und Veränderung 2024 zu 2020 sowie Marktanteile in Prozent| Sektor | 2020 | 2024 | Veränderung | Marktanteil 2020 | Marktanteil 2024 |
|---|
| FinTech | 468 | 619 | 32,3 | 14 | 13 |
| Information, Computer & Technology | 315 | 517 | 64,1 | 9 | 11 |
| E-Commerce / Logistik / SCM | 385 | 496 | 28,8 | 11 | 11 |
| Education & Teaching | 171 | 406 | 137,4 | 5 | 9 |
| Biotechnology | 55 | 235 | 327,3 | 2 | 5 |
Quelle: Startup Ecosystem in Hong Kong 2025
Hohe Dichte an Innovationszentren und Universitäten
Hongkong verfügt über drei zentrale Innovationsstandorte: Cyberport mit über 300 FinTechs, die Hong Kong Science and Technology Parks Corporation (HKSTP) mit Fokus auf KI, Biotech und Blockchain sowie das Zentralviertel, das Nähe zu Kapital und Talenten bietet.
Die Hochschulen spielen eine Schlüsselrolle im Start-up-Ökosystem: The Hong Kong University of Science and Technology (HKUST) brachte DJI, einen weltweit führenden Hersteller von zivilen Drohnen, hervor und treibt KI-Projekte wie "InvestLM" voran. Die Chinese University of Hong Kong (CUHK) ist Ursprung von SenseTime, einem global führenden KI-Unternehmen.
Weitere Hochschulen wie die City University of Hong Kong (CityUHK), Hong Kong Baptist University (HKBU), The Hongkong Polytechnic University (PolyU) und The University of Hong Kong (HKU) fördern Gründungen durch Programme und Inkubatoren. Ergänzt wird das Ökosystem durch Co-Working-Spaces wie WLab, The Hive und The Great Room, die über die Stadt verteilt sind und Networking sowie Events ermöglichen.
Auswahl an Inkubatoren in HongkongName | Fokus | Anmerkungen |
|---|
HKSTP Incubation Programme | Biotech, AI und Smart City | |
Cyberport Incubation Programme | Zugang zu Mentoren und Investoren | Seed-Finanzierung bis zu 64.000 US$ |
Cyberport Creative Micro Fund | Digitale Geschäftsmodelle | |
HK Tech 300 | Spin-offs | Universitätsnahes Programm |
Digital Bond Grant Scheme | Tokenisierte Finanzprodukte | |
| City University | Start-up-Förderung „HK Tech 300“-Programm | |
| Co-Working Spaces | EventsWLab, The Hive, The Great Room | Networking |
| PolyU | „SEED“, „Start6tup Carnival“ | Start-up-Programme |
| HKU | „iCube“, HKUAEC | Inkubation & Alumni-Netzwerke |
Quelle: GTAI-Recherche 2025
Netzwerkveranstaltungen als Bühne für Innovation
Auf der FinTech Week vom 3. bis 7. November 2025 organisiert die AHK Hongkong einen deutschen Pavillon, an dem fünf deutsche Start-ups teilnehmen - eine Plattform für Sichtbarkeit und Vernetzung deutscher Innovationen in Asien.
Weitere zentrale Events wie das StartmeupHK Festival mit über 12.000 Teilnehmenden aus über 100 Ländern, der Entrepreneur Day und branchenspezifische Messen wie das Asian Financial Forum oder die ICT Expo bieten viele Möglichkeiten für internationale Kooperation. Zudem finden Side-Events zu Blockchain, Nachhaltigkeit und Kryptowährungen - etwa Consensus Hong Kong oder SmartCon - statt.
Der Blick über die Grenze: Hongkong im regionalen Vergleich
Im asiatischen Wettbewerb liegt Hongkong laut StartupBlink-Ranking 2024 auf Platz 12 hinter Städten wie Shenzhen (Platz 7), Shanghai (Platz 2), Seoul und Tokyo. Während Shenzhen mit Hardware und Fertigung punktet und Shanghai als E-Commerce- und KI-Hub gilt, überzeugt Hongkong mit internationaler Vernetzung, hoher Lebensqualität und digitaler Infrastruktur.
Internationale Kooperation und deutsche Initiativen
Hongkong öffnet sich gezielt für internationale Gründerinnen und Gründer. Rund 28 Prozent der Start-up-Entrepreneure stammen aus dem Ausland. Besonders stark vertreten sind Talente aus dem Vereinigten Königreich, den USA, Frankreich, Australien und Deutschland. Die Regierung unterstützt diese Entwicklung mit Programmen wie Hong Kong Talent Engage (HKTE), das junge Gründerinnen und Gründer aus Europa anspricht und bei der Integration in das lokale Ökosystem hilft.
"Hongkongs Start-up-Ökosystem zeichnet sich durch eine sehr große Diversität aus. Nicht nur im Bezug auf unterschiedliche Technologien und vielfältige Industriebereiche, sondern auch die Herkunft der Gründer. Ein Drittel der Unicorns wurde von Zugezogenen gegründet. Hongkong kann voll von seiner "Melting Pot"-Stellung profitieren: Englisch ist Hauptgeschäftssprache auch mit Regulatoren und der Regierung. Förderungen stehen allen Hongkonger Start-ups unabhängig von der Nationalität des Gründers (im Gegensatz zu Singapur) zu. Und die Visaregelungen sind sehr attraktiv, um ausländische Talente einzustellen.
Karena Belin
Co-Founder von WHub (Ecosystem Accelerator) und AngelHub (Equity Crowdfunding Platform)
Auch deutsche Initiativen sind aktiv: Neben der Beteiligung auf der Fintech Week organisiert die AHK Delegationsreisen, Fachforen und Netzwerkveranstaltungen zu Themen wie Innovation in der Greater Bay Area.
Rund 500 deutsche Unternehmen sind in Hongkong präsent, viele davon mit Innovationsbezug. Start-ups wie zkMe sehen großes Potenzial für Kooperationen mit Hardware-Partnern in Shenzhen und für die Expansion in den asiatischen Markt.
"Hongkong bietet ein außergewöhnliches Umfeld für Start-ups geprägt von starker staatlicher Unterstützung, einem dynamischen unternehmerischen Ökosystem und Investoren, die sich für innovative Ideen begeistern. Dennoch wird das Start-up-Potenzial Hongkongs in Deutschland oft noch übersehen."
Cheryl Tang
Senior Manager, Innovation & Partnerships, AHK Hongkong
Chancen und Herausforderungen für deutsche Start-ups
Für deutsche Gründer bietet Hongkong viele Chancen: Die Stadt ist ein idealer Brückenkopf für den Zugang zu Asien, insbesondere zur Greater Bay Area mit über 86 Millionen Einwohnern. Die fortschrittliche Regulierung, etwa im Bereich Blockchain und digitale Vermögenswerte, schafft ein innovationsfreundliches Umfeld. Besonders attraktiv sind Lösungen für grenzüberschreitende Zahlungen, ESG-Finanzierung und digitale Assets - Bereiche, in denen deutsche Start-ups mit technologischem Know-how punkten können.
Gleichzeitig sind die Herausforderungen wie hohe Lebenshaltungskosten und der intensive Wettbewerb um Talente nicht zu unterschätzen. Laut InvestHK ist für 58,5 Prozent der Unternehmen der Fachkräftemangel ein zentrales Problem. Auch der Zugang zu Kapital bleibt für 43,9 Prozent herausfordernd trotz zahlreicher Förderprogramme und staatlicher Sandboxes wie der HKMA-Stablecoin-Sandbox.
Von Robert Herzner
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