Kasachstan gilt als führendes Start-up-Ökosystem in Zentralasien. Besonders bei Fintechs ist das Land stark aufgestellt. Wichtigste Zentren sind Almaty und die Hauptstadt Astana.
Die zentralasiatische Republik Kasachstan ist bekannt für weite Steppen und ihren Rohstoffreichtum. Was viele nicht wissen: Fast 90 Prozent der Zahlungen werden in dem Land bargeldlos abgewickelt. In Deutschland lag der Anteil 2023 laut EHI-Studie bei nur 61,8 Prozent. Erfolgreiche Fintechs haben die Bankgeschäfte innerhalb weniger Jahre in Kasachstan nahezu vollständig digitalisiert. Das bekannteste unter ihnen dürfte kaspi.kz sein, das erstes und einziges Unicorn im Land ist. Über dessen App kann nicht nur bezahlt, sondern auch eingekauft, Tickets gebucht und staatliche Dienste in Anspruch genommen werden.
Auch in internationalen Rankings macht Kasachstan Plätze gut. Im Global Startup Ecosystem Index 2024 von StartupBlink machte das Land in den letzten fünf Jahren zwölf Plätze gut (2020: Rang 86) und belegt nun Rang 74 von 100. Almaty und Astana sind die einzigen zentralasiatischen Städte von globaler Bedeutung in der Start-up-Welt, so die Experten von StartupBlink. Auch im Global Innovation Index verbesserte sich das Land 2024 um mehrere Ränge auf Platz 78 von 133. Die Herausgeber bescheinigen Kasachstan Fortschritte bei Ausgaben für Forschung und Entwicklung, Digitalisierung, Patentanmeldungen sowie IT-Exporten.
In Kasachstans IT-Sektor stehen die Zeichen auf Wachstum
Informations- und Kommunikationsdienste expandierten in Kasachstan 2024 um 15 Prozent auf fast 6 Milliarden US-Dollar (US$), so Zahlen des kasachischen Statistikamtes. Damit stand die Sparte für 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Etwa doppelt so schnell wuchsen in demselben Jahr die Exporte von IT-Leistungen kasachischer Unternehmen, die laut Zentralbank um etwa 30 Prozent auf 690 Millionen US$ zunahmen. Mehr als zwei Drittel dieser Ausfuhren entfielen auf Unternehmen, die im Astana Hub registriert sind – Kasachstans bedeutendstem Standort für Start-ups. Dessen Geschäftsführer Magzhan Madiev verkündete in den sozialen Netzwerken, dass die Unternehmen 2024 Dienstleistungen im Wert von 475 Millionen US$ exportiert hätten.
Im Astana Hub sind laut eigenen Angaben rund 1.600 Unternehmen registriert, davon 425 mit ausländischer Beteiligung. Die eingeworbenen Investitionen sollen sich 2024 auf 177 Millionen US$ belaufen haben, darunter in vielversprechende Start-ups wie Hero´s Journey und Higgsfield AI. Viele von ihnen dürften aus den Inkubator- und Accelerator-Programmen stammen, die im Astana Hub umgesetzt werden. Diese unterstützen kasachische Start-ups auch dabei, auf ausländischen Märkten Fuß zu fassen. Einen Meilenstein hat der Astana Hub 2024 bereits erreicht: Die Umsätze der dort registrierten Unternehmen haben die Marke von 1 Milliarde US$ geknackt. Die nächsten Etappenziele sind, zur Erhöhung der landesweiten IT-Exporte auf 1 Milliarde US$ bis 2026 beizutragen und 2027 das erste eigene Unicorn zu präsentieren.
Auswahl an Inkubatoren in Kasachstan
Astana und Almaty dominieren die kasachische Start-up-Szene
Der 2018 gegründete Astana Hub ist die wichtigste Anlaufstelle für junge Unternehmen mit innovativen Ideen. Besonders für Fintechs ist der Standort interessant, denn die kasachische Regierung arbeitet seit Jahren daran, Astana als Finanzmetropole mit Ausstrahlung über die Landesgrenzen hinweg zu etablieren. Mit der Gründung des Astana International Financial Centre (AIFC) wurde 2018 bereits ein großer Schritt getan. Das AIFC bietet Finanzdienstleistungen, Investitionsmöglichkeiten und eine unabhängige Schiedsgerichtsbarkeit nach internationalen Standards, während es für Unternehmen durch Steuervergünstigungen ein attraktives Geschäftsumfeld schafft. Der Weg über das AIFC empfiehlt sich auch bei möglichen Investitionen in kasachische Start-ups.
Auswahl an Acceleratoren in Kasachstan
Als Wirtschaftszentrum und ehemalige Hauptstadt ist Almaty eine weitere bedeutende IT- und Start-up-Drehscheibe. Bei Informations- und Kommunikationsdienstleistungen liegt sie weiterhin vor Astana. Die Millionenmetropole gilt als besonders lebenswert und zieht viele kluge Köpfe aus dem In- und Ausland an. Bereits seit 2015 unterstützt der private MOST Business Incubator Start-ups in verschiedenen Entwicklungsphasen. Zudem finden in Almaty wichtige Treffen der Branche statt, wie das Digital Almaty Forum, das Digital Kazakhstan Forum und das Central Eurasian Venture Forum. Hier treffen Start-ups mit Politik, Investoren und Wirtschaft zusammen, um Innovationen und Investitionsmöglichkeiten auszuloten.
Termine der wichtigsten Start-up-Events in Kasachstan
- Digital Almaty (jeweils Anfang Februar)
- Central Eurasian Venture Forum (5. Juni 2025)
- Digital Kazakhstan Forum (26. November 2025)
Andere Städte gelten als weniger versiert, obgleich das Astana Hub mittlerweile in allen Regionen regionale Stützpunkte etabliert hat und auch dort Innovationen fördern will.
Fintechs ziehen die meisten Investitionen an
Laut RISE Research hat sich die Anzahl von Start-ups mit dem Fokus Fintech zwischen 2018 und 2024 auf über 200 vervierfacht. Andere bedeutende Bereiche sind Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft und Handel, wo Kasachstan teilweise großen Nachholbedarf hat und darum bemüht ist, Innovationen zu integrieren. Das gilt auch für das verarbeitende Gewerbe. Das staatliche Zentrum für Industrie und Export Qazindustry hat die Digital Transformation Platform ins Leben gerufen, die die Bedarfe von mehr als 400 Industriebetrieben mit den Angeboten von über 70 IT-Firmen zusammenbringt.
Bisher verfolgen kasachische Unternehmen zumeist einen lokalen Unternehmensansatz, der auf die Beseitigung von Mängeln und Ineffizienzen in Schwellenländern fokussiert ist. Immer häufiger gelingt diesen Start-ups aber auch der Sprung auf ausländische Märkte, wie das Beispiel der Fitness-App 1Fit zeigt. Sie gibt es mittlerweile auch in Südostasien, Lateinamerika und in der Golfregion.
Gilt Kasachstan bei Start-ups als Nachzügler, so will das Land zumindest im Bereich künstliche Intelligenz rechtzeitig auf den Zug aufspringen. Dafür wird 2025 auf Weisung des Präsidenten in Astana das internationale KI-Zentrum Alem.KI gegründet, wo Kasachstan jährlich 1.000 Spezialisten ausbilden und KI-Start-ups fördern will.
In diese zehn kasachischen Start-ups wurde 2024 am meisten investiertIn US-DollarName | Investitionsvolumen | Branche |
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DOQ.kz | 660.000 | Healthtech |
JobEscape | 700.000 | Edtech (Bildung), KI |
HeRo Study | 725.000 | Edtech, Unternehmenssoftware |
TaiSan | 1.600.000 | Batterietechnologie |
Alma | 5.100.000 | Lawtech, KI |
Hero´s Journey | 6.000.000 | Fittech (Sport) |
Higgsfield AI | 8.000.000 | Social Media, KI |
Quelle: digitalbusiness.kz 2025
Tipps für deutsche Unternehmen
Wer mit kasachischen Start-ups zusammenarbeiten will, sollte Unterschiede der rechtlichen Rahmenbedingungen und des Investorenschutzes beachten sowie bei Finanzierungen das AIFC einbeziehen. Um Geschäftspartner zu überprüfen, stehen lokale Wirtschaftsprüfer sowie die AHK Zentralasien unterstützend bereit.
Da das kasachische Start-up-Ökosystem noch recht überschaubar ist, lohnt sich auch ein Blick nach Usbekistan – dem zweitwichtigsten Player in der Region. Unter der Marke "Central Asian Innovation Hubs“ haben sich das Astana Hub und der IT Park Uzbekistan zusammengetan, um international gemeinsam aufzutreten.
Von Viktor Ebel
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Almaty