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Special | Indien | Smart Farming
Die Landwirtschaft spielt eine wichtige Rolle in Indien und erwirtschaftet Exportüberschüsse. Obwohl das Land als IT-Powerhouse gilt, befindet sich Smart Farming noch am Anfang.
21.06.2021
Von Florian Wenke | Mumbai
Der Agrarsektor ist von großer Bedeutung für die indische Volkswirtschaft und Gesellschaft. Der Subkontinent zählt zu den größten Lebensmittelproduzenten weltweit. Bei der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse wie Getreide (besonders Reis und Weizen), Obst und Gemüse sowie bei Milch und Milchprodukten liegt das Land mit an der Spitze.
Indikator | 2020 |
---|---|
Einwohner (in Millionen) | 1.380 |
Ackerfläche (in Millionen Hektar) 1) | 180 |
Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in Prozent) 2) | 17,7 |
IMD Digital Competitiveness Ranking (Rang unter 63 untersuchten Ländern) | 48 |
Trotz der enormen wirtschaftlichen Bedeutung und der beachtlichen Produktionsmengen hinkt der Sektor bei Effizienz und Verarbeitungstiefe im internationalen Vergleich hinterher. Die Landwirtschaft trägt weniger als ein Fünftel zum Bruttoinlandsprodukt bei, beschäftigt aber knapp 43 Prozent der Arbeitskräfte, so die Weltbank.
Produkt | Menge |
---|---|
Zuckerrohr | 397 |
Getreide | 279 |
davon Reis | 120 |
davon Weizen | 109 |
Hülsenfrüchte | 24 |
Ölsaaten | 37 |
Baumwolle 2) | 37 |
Exporte landwirtschaftlicher Erzeugnisse (inklusive Fischereiprodukte) waren eine der wenigen positiven Entwicklungen der indischen Wirtschaft im vergangenen Jahr. Das Minstry of Commerce and Industry meldet für das Finanzjahr 2020/21 (1. April bis 31. März) Ausfuhren in Höhe von 41,2 Milliarden US-Dollar (US$). Zu den wichtigsten Gütern gehörten Reis (inklusive Basmati) mit 8,8 Milliarden US$, Meeresfrüchte (6,0), Gewürze 4,0), Büffelfleisch (3,2) und Zucker mit 2,8 Milliarden US$. Wichtigste Zielländer waren die USA, China, Bangladesch, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien.
Die Importe hatten mit 21,4 Milliarden US$ einen deutlich geringeren Wert. Mit 11,1 Milliarden US$ waren Pflanzenöle der mit Abstand größte Posten gefolgt von frischen Früchten (2,1) und Hülsenfrüchten mit 1,6 Milliarden US$. Wichtigste Lieferländer waren Indonesien, Malaysia und Argentinien.
Eine Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young vom August 2020 gibt das Marktpotential für Indien im Bereich AgriTech bis 2025 mit 24,2 Milliarden US$ an. Dabei unterteilt die Studie noch einmal nach allgemeinen Lieferketten, Marktplätzen und insbesondere der Vernetzung von Landwirten mit Kunden (12,0 Milliarden US$); Finanzdienstleistungen für Landwirte (4,1); Precision Farming (3,4); Qualitätsmanagement (3,0) und Lieferketten im Bereich der Input-Güter wie Saatgut oder Dünger (1,7 Milliarden US$). Laut den Experten werden derzeit nur 204 Millionen US$ genutzt - gerade einmal 1 Prozent.
Aktuell dominieren Unternehmen das Geschehen, die digitale Marktplätze (B2C, aber vermehrt auch B2B) schaffen. Die Landwirtschaft ist bekannt für ihr System mit zahlreichen Zwischenhändlern und Mittelsmännern. Digitale Lösungen versprechen hier eine größere Transparenz, die letztlich steigende Einkommen für Bauern ermöglichen soll. Wachstumspotenzial sehen die Analysten insbesondere im Qualitätsmanagement, im Precision Farming und bei maßgeschneiderten Finanzdienstleistungen für Landwirte. Im Gespräch betonte ein deutscher Experte, dass der heimische Sektor Potenzial für den Einsatz des gesamten Spektrums an Lösungen aus dem Bereich Smart Farming biete. Insbesondere nannte er die Überwachung von Böden und Pflanzen mithilfe künstlicher Intelligenz, die technische Qualitätskontrolle und -bewertung von Agrarprodukten sowie die effiziente Bereitstellung von Landmaschinen als Einsatzmöglichkeiten.
Regierungsprojekte zeugen ebenfalls davon, dass der Markt noch am Anfang steht. Vielfach geht es um die Bereitstellung von Geldern für Unternehmensgründer, um (digitale) Lösungen für die Landwirtschaft zu schaffen.
Projekt | Investition | Stand | Projektträger |
---|---|---|---|
Agriculture Infrastructure Fund (Fond zur Unterstützung der Modernisierung der Landwirtschaft) | 13.732 | Im August 2020 angekündigt | Zentralregierung |
Nabventures; Tochter der National Bank for Agriculture and Rural Development (NABARD) mit Fokus auf Finanzierung von Start-ups im Agrarbereich | 96 | Bisher fünf Transaktionen abgeschlossen | Zentralregierung |
National Agriculture Market online trading portal (eNAM); digitaler Marktplatz für Landwirte | 27 | Im April 2014 gestartet und seitdem sukzessive ausgebaut | Zentralregierung |
k.A. | Absichtserklärung unterzeichnet | Ministry of Agriculture und Microsoft India |
Beim Gedanken an Indien kommen vielen die Begriffe Callcenter oder Computeringenieur in den Sinn. Seit langem gilt das Land als Hochburg für Business Process Outsourcing (BPO) für Dienstleistungen aller Art, insbesondere im Bereich Informationstechnologie (IT). Das Indian Brand Equity Forum schätzt die Gesamtumsätze der Branche für das Finanzjahr 2020/21 auf rund 194 Milliarden US$ - etwa 45 Milliarden US$ davon werden in Indien selber erwirtschaftet. Diese Stärke kommt dem Subkontinent bei der Digitalisierung der Landwirtschaft zupass.
Im Digital Readiness Ranking 2020 des International Institute for Management Development (IMD) belegt Indien allerdings nur Rang 48 von 63 Ländern. Zwar bescheinigen die Experten des IMD dem Subkontinent gute Positionen beispielsweise im Hinblick auf die Anzahl mathematisch-naturwissenschaftlicher Absolventen und auf die Investitionen im Bereich Telekommunikation. Beim Blick auf die Anzahl der Internetnutzer und den Breitbandausbau ist, neben anderen Punkten, laut Ranking aber noch Luft nach oben.
Die Mobilfunktarife und mobile Daten zählen jedoch zu den günstigsten in der Welt. Hinzu kommt ein großes Angebot an Smartphones im unteren und mittleren Preissegment, sodass auch auf dem Land der Zugang zum Internet und damit digitalen Angeboten erleichtert wird. Das G5-Netz lässt aber weiterhin auf sich warten. Frühestens Anfang 2022 ist mit ersten Angeboten zu rechnen. Bis es auf dem Land so weit sein wird, dürfte es länger dauern. Dies erschwert natürlich den Einsatz smarter Maschinen und Dienstleistungen, denn dafür ist oft die Verarbeitung großer Datenmengen notwendig.
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