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Special | Indonesien│Krieg in der Ukraine

Hoher Ölpreis trifft die indonesische Wirtschaft

Das Land hat nur geringe Handelsbeziehungen mit Russland und der Ukraine. Doch der stark gestiegene Ölpreis zwingt die Regierung zu höheren Subventionen.

Von Frank Malerius | Jakarta

Russland und die Ukraine haben für den Archipel nur eine geringe direkte wirtschaftliche Bedeutung. Denn die Beziehungen mit beiden Ländern machen jeweils nur einen Promilleanteil des gesamten Außenhandels aus. Mit der Ukraine gibt es stets ein Defizit, mit Russland gab es 2021 erstmals seit mehreren Jahren wieder einen nennenswerten positiven Saldo. Einzig wichtiges heimisches Exportgut in beide Länder ist Palmöl. Bei Brennstoffen wie Öl, Kohle und Gas hat Indonesien fast keine Handelsbeziehungen mit den Kriegsparteien. Russische oder ukrainische Direktinvestitionen in Indonesien gibt es kaum.

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Indonesiens Handelsdefizit mit der Ukraine stammt aus Weizenimporten. Der Archipel gehört zu den weltgrößten Importeuren dieses Agrarrohstoffs. Im Jahr 2021 hatten die Weizeneinfuhren aus der Ukraine einen Wert von 920 Millionen US-Dollar (US$) und machten damit ein Viertel aller Weizenimporte aus. Aus Weizen werden die beliebten Instantnudeln hergestellt, dem nach Reis zweitwichtigsten Grundnahrungsmittel im Archipel. Andere wichtige Lieferanten sind Kanada, Argentinien, die USA und Australien. Das tropische Land baut selbst keinen Weizen an.

Höhere Nudelpreise würden ärmere Bevölkerungsschichten belasten. Bei vielen Grundnahrungsmitteln sind Preiserhöhungen von nur wenigen Cent ein großes Medienthema und schüren Unzufriedenheit. Die Regierung versucht, die Preise durch Marktintervention stabil zu halten. Nicht immer gelingt das: Derzeit steigen die Preise für Speiseöl, teilweise wird es sogar rationiert. Es wird aus Palmöl hergestellt, für das Indonesien weltweit mit Abstand wichtigster Produzent ist.

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Düngemittel aus Russland

Die wichtigsten indonesischen Importprodukte aus Russland sind Stahl und Düngemittel. Während die russischen Stahllieferungen nur einen kleinen Teil der gesamten Stahlimporte ausmachen, beträgt der Anteil bei Düngemitteln immerhin gut 15 Prozent. Wichtigste Lieferanten neben Russland sind China, Kanada und Belarus. Russland liefert überwiegend Kaliumchlorid. Wichtigste Lieferanten von Kaliumchlorid neben Russland sind Kanada und Belarus. Deutschland deckt hier circa 5 Prozent des indonesischen Importbedarfs.

Indonesien ist mangels eigener Produktionskapazitäten auf Düngemittelimporte angewiesen. Die Produktivität der Landwirtschaft muss deutlich steigen, um die Versorgung einer um jährlich 3 Millionen Menschen wachsenden Bevölkerung sicherzustellen und die wachsenden Einfuhren von Agrarrohstoffen und verarbeiteten Lebensmitteln nicht ausufern zu lassen.  

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Gestiegene Benzinpreise beunruhigen die Verbraucher

Weder Indonesien noch die ASEAN haben bisher Sanktionen gegen Russland verhängt. In einem solchen Fall dürfte der geringe Warenhandel aber weitgehend substituierbar sein, gegebenenfalls mit ukrainischen Weizenlieferungen. Viel stärker hingegen dürften die Auswirkungen des Konflikts auf die Rohstoffmärkte sein, insbesondere auf den Erdölpreis.

Denn der Archipel muss mehr als die Hälfte seines Erdölbedarfs importieren, vor allem für Transport und Verkehr. Benzin und Diesel müssen subventioniert werden, um sie für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich zu halten. Im laufenden Staatshaushalt sind umgerechnet 800 Millionen US$ dafür vorgesehen. Diese Summe dürfte deutlich ansteigen. Der staatliche Ölkonzern hat an seinen Tankstellen den Preis für subventioniertes Benzin bisher konstant gehalten. Bei nichtsubventionierten (und höherwertigen) Benzinsorten wurde er hingegen bereits angehoben.

Benzinpreise sind ein sensibles Thema in Indonesien. Denn bei vielen margenschwachen Tätigkeiten, wie die der Hunderttausenden Motorradkuriere und -taxis, kann schon eine leichte Preiserhöhung das Geschäftsmodell zunichte machen.

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Die stark gestiegenen Weltmarktpreise für Öl wecken schlechte Erinnerungen. Denn während des letzten Ölpreisschocks zwischen 2011 und 2012 betrugen die geplanten Energiesubventionen (vor allem für Benzin und Diesel) teilweise mehr als 20 Prozent des Staatshaushalts. Die Versuche, sie unter Inkaufnahme einer Preissteigerung an der Zapfsäule von 10 US-Dollar-Cent abzubauen, trieben zu Beginn der zweiten Dekade Zehntausende Menschen auf die Straße. Damals entfielen mehr als ein Viertel der indonesischen Einfuhr auf Erdöl und Petrochemie. Diese Belastung behinderte die Wirtschaftsentwicklung.

Höhere Gaspreise bieten Anreiz für Export

Einen positiven Effekt könnten westliche Sanktionen gegen Russland für Erdgas haben. Indonesien gehört zu den großen Exporteuren; bis zu 10 Milliarden US$ erwirtschaftet die Ausfuhr dieses Rohstoffs jährlich. Allerdings wird ein immer größerer Teil des im Land geförderten Gases auch dort verbraucht; heimisches Gas stellt mittlerweile zwei Drittel des Gesamtkonsums

Die Branche kämpft aber mit Problemen. Mehrere Gasförderprojekte stocken und ausländische Marktteilnehmer ziehen sich zurück. Höhere Weltmarktpreise für Erdgas sind zwar verlockend für Förderung und Export, nehmen aber auch den Anreiz, den Anteil von Kohle in der heimischen Stromproduktion zugunsten von Gas zu senken.

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Neue Absatzmärkte für indonesische Kohle? 

Der Archipel ist nach Russland der global zweitgrößte Exporteur von Kohle. Das schwarze Gold ist zusammen mit Palmöl das wichtigste Ausfuhrgut. Mit den Erlösen treibt das Land seine Industrialisierung voran. Im Jahr 2021 wurde Kohle im Rekordwert von 31,5 Milliarden US$ exportiert. Sollte russische Kohle von westlichen Ländern boykottiert werden, könnten sich für indonesische Brennstoffe neue Märkte ergeben. 

Da Kohle auch zwei Drittel der heimischen Stromerzeugung leistet - und von den Förderern unter dem Weltmarktpreis geliefert werden muss -, wird sie auch im eigenen Land benötigt. Im Januar 2021 gab es einen kurzfristigen Exportstopp, um die heimischen Kraftwerke versorgen zu können. Doch die vorhandenen Reserven sind groß.

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