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Iran muss in Schienenfahrzeuge investieren

Iran hofft insbesondere im Lokomotivsektor auf eine Rückkehr westlicher Technologiepartner. Dazu müssten allerdings die 2018 reaktivierten US-Sanktionen wieder gelockert werden.    

Von Robert Espey | Dubai

Iran strebt an, den Anteil des Schienenverkehrs am Fracht- und Personentransport deutlich zu steigern. Nach offiziellen Angaben wurden 2021/2022 (iranisches Jahr 1400: 21. März 2021 bis 20. März 2022) weniger als 10 Prozent des Frachtaufkommens und lediglich 15 Prozent des Personenverkehrs auf der Schiene abgewickelt. Im Frachtsektor soll die Quote bis 2025 auf 30 Prozent steigen, im Personenverkehr auf 18 Prozent.

Neben der Erweiterung des Schienennetzes sind hohe Investitionen in rollendes Material erforderlich. Die Zahl der Lokomotiven und Waggons müsste stark erhöht werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Großteil der vorhandenen Fahrzeuge völlig überaltert ist und deshalb ersetzt oder zumindest umfassend modernisiert werden müsste.

Entwicklung des Schienenfahrzeugbestands 2013/2014 bis 2021/2022 (Zahl der Fahrzeuge)

Jahre 1)

Lokomotiven 2)

Frachtwaggons 2)

Personenwaggons 2)

2013/2014

821

22.562

1.828

2014/2015

869

22.715

1.873

2015/2016

901

22.803

1.896

2016/2017

915

24.089

1.608

2017/2018

917

24.546

1.665

2018/2019

928

25.398

1.724

2019/2020

954

26.110

1.751

2020/2021

954

26.976

1.821

2021/2022

958

28.002

2.153

1) iranische Jahre (21. März bis 20. März); 2) die Zahl der jeweils einsatzbereiten Fahrzeuge ist deutlich geringerQuelle: Islamic Republic of Iran Railways 2022

Die Modernisierung und Erweiterung des Fahrzeugbestandes soll nur zu einem kleinen Teil durch Importe erfolgen. Iran möchte das rollende Material lokal, möglichst in Kooperation mit ausländischen Technologiepartnern produzieren. Die verschiedenen gegen Iran seit der Islamischen Revolution (1979) verhängten Wirtschaftssanktionen haben allerdings die internationale Zusammenarbeit immer wieder be- oder verhindert.

Lokomotiven vor allem aus den USA und Europa

Nach Angaben der staatlichen Eisenbahnorganisation IRIR (Islamic Republic of Iran Railways) ist die Zahl der Lokomotiven zwischen 2016/2017 und 2021/2022 nur um 43 auf 958 gestiegen. Aufgrund von Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten waren 2021/2022 im Jahresdurchschnitt 708 Lokomotiven einsatzbereit.

Die meisten Lokomotiven stammen noch aus der Zeit vor der Islamischen Revolution. Der wichtigste Lieferant war der US-Hersteller EMD (Electro-Motive Diesel). Aktuell führt die IRIR in ihrer Bestandsliste 555 EMD-Lokomotiven, davon waren im März 2022 insgesamt 432 im Einsatz. Zu den in Iran noch stark vertretenen EMD-Lokomotiven gehören die Modelle GT26 (Baujahre ab 1971; Bestand 318) und G12 (ab 1955; 125).

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Iran verfügt über 150 Diesel-Lokomotiven des Siemens-Modells "EuroRunner 24 PC", die in Iran unter den Bezeichnungen "IranRunner" und "Iran Safir" bekannt sind. Der Vertrag über die Lieferung dieser Fahrzeuge wurde 2008 geschlossen. Insgesamt 30 "IranRunner" gingen fertig montiert nach Iran. Die restlichen 120 hat die zur Mapna Group gehörende Mapna Locomotive Engineering and Manufacturing Company in Iran montiert.

Im Herbst 2016 unterzeichneten Siemens und Mapna eine Absichtserklärung über die Produktion von 50 Lokomotiven für Passagierzüge. Ein weiteres Projekt bezog sich auf 70 E-Lokomotiven für die geplante Elektrifizierung der Strecke von Teheran nach Mashad. Beide Vorhaben wurden aber nach Reaktivierung der US-Sanktionen 2018 nicht weiter verfolgt.

Siemens Austria hat insgesamt 20 Inter-City Passagierzüge (Diesel Multiple Units; DH4-1) nach Iran für den Einsatz auf den Strecken Teheran-Mashad sowie Teheran-Zanjan geliefert. Davon wurden fünf Züge cbu (completely build up) nach Iran exportiert, die anderen 15 gingen als Bausätze an die Wagon Pars Company (WPC) in Arak und wurden dort unter der Bezeichnung "Paradise" montiert. Der erste "Paradise"-Zug ging 2007 in Betrieb.

Frankreichs Alstom war für Iran im Lokomotivensektor ein weiterer wichtiger Partner. Alstom hat insgesamt 100 Lokomotiven des Modells AD43C geliefert. Die erste AD43C kam 2002 auf die Schiene. Insgesamt 20 GEC Alstom-Lokomotiven wurden cbu geliefert, weitere fünf dann skd oder ckd (semi oder completely knocked down). Die lokale Fertigung der restlichen 75 Lokomotiven war mit Technologietransfer verbunden.

Hoffnungen auf neue Kooperationen mit westlichen Lokomotivbauern

Angesichts des sanktionsbedingten Rückzugs westlicher Lokomotivhersteller aus Iran sind die Bemühungen zur lokalen Produktion verstärkt worden. Dabei konnten die Erfahrungen aus den früheren Kooperationen mit westlichen Partnern (Know-how Transfer) genutzt werden.

Bereits 2014 hatte die Mapna Locomotive Engineering and Manufacturing Company mit Überlegungen zur eigenständigen Produktion einer Lokomotive begonnen. Mit dem Test einer ersten Mapna-Lokomotive (Modellbezeichnung: MAP24; Dieselmotor mit 3.300 PS) konnte 2018 begonnen werden. Mittlerweile sind 25 MAP24-Modelle im Einsatz (Stand: März 2022).

Die IRIR will aber im Lokomotivbau zurück zu Kooperationen mit westlichen Technologielieferanten. Dazu müssten sich aber die politischen Rahmenbedingungen (Sanktionsabbau) ändern. Anlässlich der "9. International Exhibition of Rail, Transportation, Equipment and Related Industries", die im Mai 2022 in Teheran stattfand, erklärte IRIR-CEO Miad Salehi, Iran strebe im Lokomotivsektor unter anderem ein Joint Venture mit Siemens an.

Iran setzt aber auch auf China und Russland. China hat in den letzten Jahren Lokomotiven nach Iran exportiert. Mit Russland wird derzeit über Schienenprojekte und die Lieferung von Lokomotiven verhandelt.

Fracht- und Passagierwaggons aus lokaler Produktion

Mit neuen (und generalüberholten) Fracht- und Passagierwaggons wird Iran zumeist von lokalen Fahrzeugherstellern versorgt. Dazu gehören unter anderem Wagon Pars, Kowsar Wagon, Tabriz Wagon, Novin Sanat Raja, die Green Plour Industrial Group und die Iranian Rail Industries Development Company.

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Nach IRIR-Angaben hat sich die Zahl der Frachtwaggons zwischen 2016/2017 und 2021/2022 um 3.913 auf 28.002 erhöht. Bei Passagierwaggons wird eine Steigerung um 545 auf 2.153 gemeldet. Mit diesen Zuwächsen bleibt die IRIR jedoch weit hinter den 2016 formulierten Zielen zurück. Damals wurde eine Erhöhung der Zahl der Frachtwaggons innerhalb von fünf bis zehn Jahren auf 50.000 angekündigt, bei Passagierwaggons sollten es 4.000 werden.

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Die Planung sah bis 2021/2022 eine Steigerung des im Schienenverkehr transportierten Frachtaufkommens auf 93,5 Milliarden Tonnenkilometer vor, tatsächlich waren es 32,9 Milliarden Tonnenkilometer. Eine starke Zielabweichung gibt es auch im Passagiersektor: Hier stehen geplante 45,5 Millionen Passagiere erreichte 20,7 Millionen gegenüber.

China versorgt Irans Metrosysteme mit Fahrzeugen

China ist Irans wichtigster Partner bei Schienenfahrzeugen für Metrosysteme. Verhandlungen über den Einstieg westlicher Unternehmen (Alstom etc.) wurden nach Reaktivierung der US-Sanktionen 2018 nicht fortgeführt. In der Teheraner Metro sind Fahrzeuge im Einsatz, die in Iran unter anderem in Zusammenarbeit mit Changchun Railway Vehicles, der Shanghai Electric Group und der CNR Qiqihar Railway Rolling Stock Company gefertigt wurden. In der Metro von Shiraz fahren Züge der China Railway Rolling Stock Corporation. Auch in Mashad kommt das rollende Material aus China.


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