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Branchen | Iran | Luftverkehr

Irans Luftfahrtsektor wartet auf Sanktionslockerung

Irans Luftverkehr gehört zu den Sektoren, die stark unter den 2018 reaktivierten US-Sanktionen leiden. Ein Großteil der geplanten Investitionen konnte nicht realisiert werden.

Von Robert Espey | Dubai

Die Anfang 2016 gelockerten Wirtschaftssanktionen hatten zu Großaufträgen für neue Flugzeuge der Hersteller Airbus, Boeing und ATR geführt. Aufgrund der Rückkehr der US-Sanktionen 2018 wurden letztlich aber nur wenige Maschinen ausgeliefert und die mit westlichen Investoren geführten Verhandlungen über zahlreiche Flughafenprojekte wurden eingestellt.

Angesichts einer möglichen Sanktionslockerung in den nächsten Monaten gibt es nun auf iranischer Seite die Erwartung, dass viele der abgebrochenen Vorhaben wieder auf die Tagesordnung kommen. Daran dürften auch die ausländischen Unternehmen interessiert sein, obwohl die Beschaffung langfristiger Finanzierungen für Iran-Geschäfte schwierig bleiben könnte.

Flugzeugflotte muss dringend modernisiert werden

Die iranische Flugzeugflotte ist im Durchschnitt über 25 Jahre alt. Offiziellen Angaben zufolge verfügten die 26 iranischen Fluggesellschaften 2020/2021 (iranisches Jahr 1399: 21. März 2020 bis 20. März 2021) über insgesamt 326 Maschinen (48.829 Sitze), davon waren allerdings nur 147 im Einsatz. Die meisten der 179 nicht-aktiven Flugzeuge (26.514 Sitze) müssen am Boden bleiben, weil sanktionsbedingt Ersatzteile nicht beziehungsweise nur schwer beschafft werden können.

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Mahan Air, die größte iranische Fluggesellschaft, besaß 2020/2021 insgesamt 63 Maschinen (einschließlich nicht-aktive Flugzeuge) mit 13.911 Sitzen. Das Durchschnittsalter der Maschinen lag bei 28,4 Jahren. Mahan hatte 26 Maschinen mit 5.672 Sitzen im Einsatz. Die Flotte der nationalen Fluggesellschaft Iran Air war durchschnittlich 22,5 Jahre alt. Von den 58 Iran Air Maschinen (8.131 Sitze) wurden 23 (3.100 Sitze) benutzt. Das Durchschnittsalter des Flugzeugbestandes von Aseman Air (38 Maschinen; 4.551 Sitze) lag bei 29,0 Jahren. Nur 12 Maschinen (1.513 Sitze) wurden benutzt.

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Großaufträge könnten reaktiviert werden

Nach Lockerung der Wirtschaftssanktionen 2016 hatten iranische Fluggesellschaften bei westlichen Flugzeugherstellern mehr als 200 Maschinen bestellt und über weitere etwa 100 verhandelt. Es war geplant, innerhalb von zehn Jahren 400 bis 500 Flugzeuge zu beschaffen.

Iran Air wollte unter anderem 100 Airbus und 80 Boeing Flugzeuge kaufen sowie 20 bis 40 Turboprop-Maschinen des Herstellers ATR, eines Joint Venture aus Airbus und Italiens Leonardo Finmeccanica. Aseman Air strebte den Kauf von 30, eventuell 60 Boeing 737 MAX an. An Boeing Maschinen waren auch Qeshm Air, Kish Air und Zagros Air interessiert. Über Lieferungen des kanadischen Herstellers Bombardier (zehn CRJ900 an Qeshm Air) sowie von Japans Mitsubishi und Brasiliens Embraer wurde ebenfalls verhandelt.

Vor Reaktivierung der US-Sanktionen hat Iran Air letztlich nur einen Airbus A321, zwei Airbus A330s sowie 13 ATR 72-600s erhalten. Von Boeing wurde kein Flugzeug nach Iran geliefert.

Im 10. August (2022) erklärte Irans stellvertretender Transportminister und gleichzeitig Chef der Civil Aviation Organization (CAO), Mohammad Mohammadi Bakhsh, nach einer Sanktionslockerung den zwischen Iran Air und Airbus 2016 geschlossenen Vertrag neu verhandeln zu wollen. Gleichzeitig warf er Airbus und ATR vor, die Verpflichtungen zur Lieferung von Ersatzteilen verletzt zu haben.

Lokale Produktion von Passagiermaschinen wieder in Planung

Iran diskutiert seit Jahrzehnten über die Entwicklung eigener Passagierflugzeuge. Im Zeitraum von 2000 bis 2014 hat die 1976 gegründete Iran Aircraft Manufacturing Industrial Company (HESA), die auch stark im militärischen Sektor aktiv ist, das Turboprop-Modell AN140 des ukrainischen Herstellers Antonow montiert. Mit den in Iran montierten AN140 ereigneten sich mehrere schwere Unfälle. Im zivilen Luftfahrsektor gab es 2020/2021 insgesamt neun Antonow-Maschinen (AN 26, 74 und 140).

Im Juni (2022) kündigte Irans Präsident Ebrahim Raisi anlässlich eines Besuchs bei HESA an, in Kürze werde mit der Produktion einer in Iran entwickelten Passagiermaschine mit mindestens 72 Sitzen begonnen. Im Februar 2021 sprach die CAO von Plänen für den Bau eines 100-sitzigen Flugzeugs.

Pläne zum Ausbau der Flughafenkapazitäten dürften bescheidener werden

Die Wirtschaftskrise nach Reaktivierung der US-Sanktionen und die Coronapandemie haben zu einem drastischen Rückgang des Passagieraufkommens an den iranischen Flughäfen geführt. Mit der Abfertigung von 61,6 Millionen Passagieren wurde 2017/2018 ein Höchststand erreicht. Auf Inlandflüge entfielen 49,0 Millionen Passagiere, auf internationale Flüge 12,6 Millionen.

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Nur noch insgesamt 49,3 Millionen Fluggäste waren es 2019/2020. Es folgte Corona bedingt 2020/2021 ein Einbruch auf 25,3 Millionen Passagiere. Eine Erholung auf 28,5 Millionen Passagiere wurde 2021/2022 verzeichnet. In den Daten der letzten beiden Jahre ist der Imam Khomeini International Airport (IKIA) in Teheran nicht berücksichtigt, für den seit 2020/2021 keine Statistik mehr veröffentlicht wird. Über den 2004 eröffneten IKIA werden fast ausschließlich Auslandsflüge abgewickelt.

Im 1. Quartal 2022/2023 ist das Passagieraufkommen bei Inlandsflügen gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode um 40 Prozent auf 9,1 Millionen gestiegen. Bei Auslandsflügen gab es eine Erhöhung um 332 Prozent auf 0,7 Millionen.

Trotz der aktuell zu verzeichnenden Zuwächse im Passagierverkehr ist die weitere Entwicklung des iranischen Luftverkehrs aufgrund erheblicher politischer und wirtschaftlicher Unwägbarkeiten derzeit schwer prognostizierbar. Die mit ausländischen Partnern unter anderen aus Frankreich, Italien, der Türkei und Südkorea vor Reaktivierung der US-Sanktionen diskutierten Flughafenprojekte müssten bei einer Wiederaufnahme der Verhandlungen nach einer Sanktionslockerung wahrscheinlich umfassend neu evaluiert werden.

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Modernisierungsmaßnahmen und Kapazitätserweiterung waren unter anderem für die beiden Teheraner Flughäfen (IKIA und Mehrabad) sowie für Esfahan, Mashad und Shiraz im Gespräch. Von den ausländischen Partnern wurde die Bereitstellung notwendiger Finanzierungen erwartet. 

Ambitionierte Pläne für den Imam Khomeini International Airport (IKIA)

Der IKIA hat im Spitzenjahr 2017/2018 rund 9 Millionen Passagiere abgefertigt. Die nominale Kapazität lag bei nur 6,5 Millionen. Nach jahrelangen Verzögerungen wurde 2019 ein zweiter Terminal (Salam Terminal) mit einer Kapazität von 4,5 Millionen Passagieren offiziell eröffnet. Der Masterplan sieht den Bau eines dritten Terminals (Iranshahr Terminal) vor, dessen 1. Phase mit einer Kapazität von 25 Millionen Passagieren bereits 2022 fertig sein sollte. Bis 2046 wird eine Erweiterung auf 50 Millionen bis 60 Millionen Passagiere angestrebt. In der Endstufe sind 90 Millionen bis 110 Millionen vorgesehen.

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