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Branchenbericht | Iran | Petrochemie

Irans Petrochemie meldet positive Entwicklungen

Iran hat den Petrochemiesektor stark ausgebaut, eine weitere deutliche Kapazitätserweiterung ist geplant. Eine Rückkehr westlicher Firmen würde den Expansionsprozess begünstigen.

Von Robert Espey | Dubai

Iran zeichnet das Bild einer expandierenden petrochemischen Industrie, trotz Corona und US-Sanktionen. Das Industrieministerium meldet für 2020/2021 (iranisches Jahr 1399; 21. März bis 20. März) einen Anstieg der petrochemischen Produktion um 8,9 Prozent auf 60,7 Millionen Tonnen. In den ersten vier Monaten 2021/2022 expandierte der Ausstoß gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 3,8 Prozent auf 21,0 Millionen Tonnen.

Iran: Produktion chemischer Erzeugnisse 2017/18 bis 2020/21 (in 1.000 Tonnen) *)

Produkte

2017/18 (1396)

2018/19 (1397)

2019/20 (1398)

2020/21 (1399)

Alle Produkte

53.574

53.560

55.757

60.694

.Polymere

6.719

6.955

7.430

7.964

..Polyethylen (PE)

4.267

4.444

4.826

5.240

..Polypropylen (PP)

886

823

897

864

..Polystyrol (PS)

313

427

429

531

..Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS)

57

60

63

68

..Polyvinylchlorid (PVC)

574

574

570

578

..Epoxidharz (Epoxy Resin/ER)

5

5

5

8

..Polycarbonate (PC)

16

12

8

9

..Polyethylenterephthalat (PET)

509

515

527

543

..Styrol-Butadien-Kautschuk (Styrene Butadiene Rubber/SBR)

53

56

65

63

..Poly-Butadien-Kautschuk (Poly ..Butadiene Resin/PBR)

39

39

39

61

.Harnstoff (Urea)

5.535

6.121

5.959

6.526

.Ammoniak

4.285

4.452

4.172

4.558

.Andere Erzeugnisse

37.035

36.032

38.197

41.645

*) iranische Jahre (21. März bis 20. März)Quelle: Ministry of Industry, Mine and Trade


Die petrochemischen Ausfuhren sanken 2020/21 infolge der weltweiten, Corona bedingten Wirtschaftskrise auf 9,0 Milliarden US$ (2019/2020: 9,4 Milliarden US$). Aber für das laufende Jahr erwartet die National Petrochemical Company (NPC), die für die Planung und Steuerung des Petrochemiesektors zuständig ist, Exporte in Höhe von 14 Milliarden US$.

Produktionskapazitäten sprunghaft gestiegen

Nach iranischer Darstellung befindet sich der Ausbau der petrochemischen Industrie in vollem Gange. Eine unabhängige Prüfung offizieller Verlautbarungen ist aber derzeit kaum möglich. Der NPC zufolge können die modifizierten Entwicklungsziele der zweiten Ausbauphase der petrochemischen Industrie (2013 bis 2022) erreicht werden.

Bis Ende 2021/2022 wird eine Produktionskapazität von jährlich 100 Millionen Tonnen angestrebt. Gemäß den offiziellen Daten konnten 2020/2021 insgesamt 17 petrochemische Projekte im Wert von 11,4 Milliarden US$ abgeschlossen werden. Damit sollen die Produktionskapazitäten von 66 Millionen auf 90 Millionen Tonnen angestiegen sein. In weiteren Entwicklungsphasen sollen sich die Kapazitäten bis 2026/2027 auf 167 Millionen Tonnen erhöhen.

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Der von Iran gemeldete sprunghafte Anstieg der Projektfertigstellungen hat viele Beobachter überrascht. In der Vergangenheit hatten die meisten Petrochemievorhaben wegen fehlender Finanzierungen und sanktionsbedingt schwierig zu beschaffender westlicher Technologie nur langsame Fortschritte gemacht. Häufig verzögerten sich Fertigstellungen um Jahre. Im Gegensatz dazu konnten alle für 2020/2021 angekündigten Inbetriebnahmen termingerecht erfolgen, so jedenfalls die offiziellen Verlautbarungen.

Zu den 2020/2021 abgeschlossenen Projekten gehören unter anderem Miandoab (Jahreskapazität: 140.000 Tonnen High Density Poly Ethylene/HDPE; Technologielizenz: Mitsubishi), Kaveh Methanol (2,3 Millionen Tonnen), Middle East Kimiya Pars Methanol (1,7 Millionen Tonnen), Lordegan Petrochemical (Ammoniak: 0,7 Millionen Tonnen; Urea: 1,1 Millionen Tonnen), Urmia Potassium Sulfate Company, Hegmataneh Petrochemical (Medical Grade PVC: 50.000 Tonnen), Ilam Olefin (Phase 2; 0,8 Millionen Tonnen Ethylen, Propylen etc.), Bid Boland 2 Gas Refinery (3,4 Millionen Tonnen Methan, Ethan etc.) und Petro-Refinery (3,5 Millionen Tonnen Methan, Ethan etc.).

Die erhöhten Kapazitäten dürften aber vorerst nicht zu einem entsprechenden Anstieg der Produktion führen. Zum einem ist unklar, in welchem Umfang die nominalen Kapazitäten tatsächlich zur Verfügung stehen, beziehungsweise ob die Anlagen nur im Teilbetrieb sind. Zum anderen dürfte derzeit eine Absatzausweitung aufgrund der internationalen und lokalen Marktsituation sowie der noch fortbestehenden US-Sanktionen an Grenzen stoßen.

Viele Inbetriebnahmen auch im laufenden Jahr

Im bisherigen Jahresverlauf 2021/2022 (Stand: August 2021) wurden vier petrochemische Projekte offiziell in Betrieb genommen (Sabalan Methanol, Masjed Soleiman, Parsian Sepehr, Elixir Halal). Innerhalb der nächsten zwölf Monate sollen weitere elf Petrochemieprojekte abgeschlossen werden, davon fünf bis Ende 2021/2022 (März 2022) und sechs bis Mitte 2022/23 (September 2022).

Die neue Sabalan Methanol Anlage in Assaluyeh kann jährlich 1,7 Millionen Tonnen Methanol erzeugen. Den zur Produktion notwendige Sauerstoff liefert die Damavand Petrochemical Company. Die Bauzeit betrug zehn Jahre. Das 406 Millionen US$ Projekt erhielt Finanzierungen aus China. Die Technologielizenz kommt aus Dänemark (Holder Topsoe).

Mit dem Bau der Masjed Soleiman Petrochemical Company (Phase 1) wurde 2012 begonnen. Das Unternehmen produziert Ammoniak (Jahreskapazität: 0,7 Millionen Tonnen) und Harnstoff (1,1 Millionen Tonnen). Das 850 Millionen US$ Projekt wurde ebenfalls teilweise durch chinesische Kredite finanziert und federführend von der chinesischen Wuhan Engineering Company durchgeführt. Es wird mit Technologielizenzen aus der Schweiz (Casale; Ammoniakproduktion) und Japan (Toyo; Urea-und Granulatproduktion) gefertigt.

Die Ethane Recovery Parsian Sepehr Refinery (Assulayeh) erzeugt Methan (16 Millionen Tonnen), Ethan (1,3 Millionen Tonnen), Propan (0,6 Millionen Tonnen), Butan (0,5 Millionen Tonnen) und C5+ (1,0 Millionen Tonnen). Gas wird von der Mehr Refinery bezogen.

Die Elixir Halal Assaluyeh Company ist der erste iranische Produzent von Petane (Jahreskapazität: 10.000 Tonnen) und Hexan (40.000 Tonnen). Die erforderlichen Vorerzeugnisse kommen von der Nouri (Borzuyeh) Petrochemical Company. Die Projektkosten werden mit 48 Millionen US$ angegeben, die Bauzeit mit drei Jahren.

Kommen westliche Unternehmen zurück?

Die Wirtschaftssanktionen hatten vor 2016 die Umsetzung vieler Petrochemieprojekte stark verzögert. Die Reaktivierung der US-Sanktionen im November 2018 ver- oder behindern nun erneut die Beschaffung notwendiger Technologien und Finanzierungen im Ausland. Die zwischen 2016 und 2018 mit westlichen Partnern begonnenen oder wieder aufgenommenen Kooperationen sind weitgehend eingestellt worden. Als deutsche Firmen waren unter anderem Linde, BASF und ThyssenKrupp im Petrochemiesektor aktiv.

Erst nach einer Änderung der Washingtoner Iran-Politik ist mit einer Rückkehr der westlichen Unternehmen zu rechnen. Zwischen April und Juni 2021 wurde in Wien über eine Lockerung der US-Sanktionen verhandelt. Derzeit ist ungewiss, wann die Gespräche fortgeführt werden. Aktuell ist Iran vor allem auf die Kompetenz einheimischer Firmen angewiesen, die mittlerweile aber über erhebliches Know-how verfügen. China ist der wichtigste ausländische Partner.

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