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Markets International 04/23 I Irland I Logistik

Wandel im irischen Handel

David Parkmann, Leiter von DE International der Deutsch-Irischen Industrie- und Handelskammer, erklärt den Wandel im irischen Handel und wie deutsche Unternehmen dies nutzen können.

Von Charlotte Hoffmann | Bonn

Parkmann Dies ist ein eingebettetes Bild | © AHK Dublin

Wie stark hat sich der Warenverkehr Irlands seit dem Brexit verändert?

Traditionell war das Vereinigte Königreich Irlands wichtigster Wirtschaftspartner, und so ging der Blick eher Richtung London oder in die USA. Über eine Milliarde Euro betrug der Wert des wöchentlichen Warenverkehrs zwischen Irland und dem UK vor dem Brexit. Historisch, regional, sprachlich – auch von außen betrachtet sah man die Nachbarn so nah, dass das Irland-Geschäft ausländischer Unternehmen oft von London aus mitbetreut wurde. Diese Wahrnehmungen verschieben sich jetzt, es muss umgedacht werden. Denn als Inselstaat ist Irland in großem Maße von der Qualität und Effizienz seiner Häfen abhängig und durch den Brexit entstanden erhebliche Handelsbarrieren. Um die bevorstehenden Herausforderungen meistern und das Wirtschaftswachstum aufrechterhalten zu können, muss Irland rechtzeitig zusätzliche und moderne Hafenkapazitäten bereitstellen.

Wie kann beziehungsweise hat sich der irische Handel auf diesen Wandel vorbereitet?

Viele Unternehmen mussten sich mit neuen Zollverfahren, Regulierungen und Zertifizierungen auseinandersetzen, um Waren zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich transportieren zu können. Dies hat zu zusätzlichen Kosten und bürokratischen Hürden geführt und viele Unternehmen entschieden, ihre Lieferketten neu auszurichten, indem sie Handelsbeziehungen und Partnerschaften mit Unternehmen in anderen EU-Ländern vertieft haben. Frühzeitig wurden so die Routen von Seeverkehrsunternehmen nach Kontinentaleuropa erweitert. Zusätzlich wurde eine branchenübergreifende Strategie von der irischen Regierung erarbeitet, um auf die Herausforderungen durch den Brexit reagieren zu können. Der National Development Plan und das National Planning Framework bilden diese Strategie ab. Der National Development Plan sieht ein Investitionspaket von 165 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2021 bis 2030 vor. Ziel ist es, die nationale und internationale Konnektivität zu unterstützen und das Hafennetz für eventuelle Kapazitätsengpässe zu rüsten. Zusätzlich haben die größten irischen Häfen angekündigt in umfangreiche Erweiterungsprojekte zu investieren.

Können Sie einige dieser Projekte genauer beschreiben?

Der Hafen von Dublin ist für die nationale Infrastruktur, den Warenhandel und den Tourismussektor von großer Bedeutung. Um das steigende Handelsvolumen bewältigen zu können, sieht der „Masterplan 2040“ des Dubliner Hafens eine Anpassung und Erweiterung der Hafeninfrastruktur vor. Der Masterplan besteht aus insgesamt drei großen Investitionsprojekten und wird auf Gesamtkosten von ungefähr 1,6 Milliarden Euro geschätzt. Das ABR-Projekt konzentriert sich auf den Ausbau des Kais und die Vertiefung der Fahrrinnen. Der Fokus des MP2-Projekts liegt auf den Erschließungsarbeiten des nordöstlichen Hafengeländes. Das 3FM-Projekt konzentriert sich auf die Erhöhung der Kapazität für Ro-Ro-Schiffe und die Verbesserung der Verkehrsanbindungen zum Hafen. Dieses Projekt wird auf Kosten von 400 Millionen Euro geschätzt.

Der Hafen von Shannon Foynes plant 28 Millionen Euro in den Ausbau der Infrastruktur zu investieren, um die Shannon-Mündung zu einem internationalen Zentrum für schwimmende Windkraftanlagen zu machen. Der Fokus des Masterplans liegt auf der und der Entwicklung diversifizierter und nachhaltiger Logistikdienste. Zur Erleichterung der mittel- bis langfristigen Hafeninvestitionen sind bis zu 1400 Hektar Land für die Entwicklung des Hafens vorgesehen.

Der Hafen von Cork veröffentlichte in seinem „Masterplan 2050“, dass er eine umfangreiche Erweiterung seiner Einrichtungen plant, um den gestiegenen Handelsbedarf zu bewältigen. Das wichtigste strategische Ziel des Masterplans ist die Modernisierung des Hafens, welche durch die Bereitstellung von Informations- und Kommunikationstechnologien erfolgen soll. Eines der Projekte beinhaltete das neue Containerterminal in Ringaskiddy, welches im September 2022 veröffentlicht wurde. Der Bau des Terminals belief sich auf Kosten von 86 Millionen Euro.

Gibt es einen Hafen, der seine Projekte konkret auf den Handel mit der EU spezialisiert hat?

Der Rosslare Europort zeichnet sich durch seine nahe Lage zu Kontinentaleuropa aus und hat ebenfalls Pläne zur Erweiterung und Modernisierung seines Hafens angekündigt. Ziel ist es, zusätzliche Kapazitäten für den Handel mit der EU bereitzustellen und den Hafen so zu einem wichtigen Drehkreuz für Frachtverbindungen mit Kontinentaleuropa zu machen. Investitionen in die Digitalisierung von Systemen und Abläufen soll außerdem zu effizienten Prozessen beitragen. Die Investitionen zur Digitalisierung umfassen Kosten von ungefähr 1,5 Millionen Euro.

Die Investitionen in zahlreiche Erweiterungsprojekte der wichtigsten Häfen Irlands und eine Verschiebung der Kapazitäten der Seeverkehrsrouten nach Kontinentaleuropa bestätigen den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen Irlands mit Europa. Die Investitionen dienen dazu Irland als wichtigen Handelspartner innerhalb der EU zu festigen und die zukünftige Entwicklung des irischen Handels zu fördern.

Wie stark sind deutsche Unternehmen und Fachkräfte in Projekte in irischen Häfen eingebunden und wie könnte dies verbessert werden?

Deutsche Unternehmen und Fachkräfte sind in unterschiedlichem Maße in Projekte der irischen Häfen eingebunden. Deutsches Know-how kann beispielsweise bei der Planung, dem Bau und der Modernisierung von Hafeneinrichtungen, dem Ausbau der Logistikinfrastruktur oder der Implementierung von Technologien und digitalen Lösungen unterstützen. Besonders im Bereich Offshore befinden sich viele Projekte erst in der Planungsphase. Hier können deutsche Unternehmen die Chance nutzen sich bereits von Beginn an in die Projekte einzubringen. Denn im Bereich Windenergie ist Deutschland mit der Entwicklung deutlich weiter als die Republik Irland, somit können sie ihre Expertise in diesem Bereich einbringen. Ebenso können Investitionen deutscher Unternehmen zur Modernisierung der Infrastruktur und Logistik beitragen, die den internationalen Handel Irlands erleichtert. Hier von profitiert natürlich auch Irland, da die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes weiter erhöht wird.

Wie fördert die Deutsch-Irische Industrie- und Handelskammer die Kooperation zwischen deutschen und irischen Unternehmen?

Um die Kooperation zwischen deutschen Unternehmen und Fachkräften und den irischen Häfen zu fördern, hat die AHK Irland im Mai ein Geschäftsanbahnungsreise speziell zu dieser Branche durchgeführt. Zehn deutsche Unternehmen aus dem Bereich Hafenausrüstung, Hafenlogistik und Hebezeuge konnten Ihre Produkte und Lösungen auf einer Fachkonferenz und anschließenden Einzelgesprächen präsentieren und Geschäftskontakte aufbauen. Die AHK vor Ort plant auch in Zukunft weiter in dieser dynamischen Branche Reisen und Projekte umzusetzen.

Was sind die Vorteile für deutsche Unternehmen in den irischen Handel und die irischen Häfen zu investieren?

Irland wies in den letzten Jahren trotz erschwerter Rahmenbedingungen ein hohes Wirtschaftswachstum auf, welches insbesondere auf die stark exportorientierte Industrie des Landes zurückzuführen ist. Selbst während der Covid-19 Pandemie konnte Irland als einziges Land der Europäischen Union ein positives Wirtschaftswachstum verzeichnen. Auch für die Jahre 2023 und 2024 wird weiterhin mit einem überdurchschnittlichen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts gerechnet. Denn die Republik Irland bietet ein attraktives und wettbewerbsfähiges Steuersystem mit niedrigen Unternehmenssteuersätzen und sehr hohem Preisniveau. Beste Voraussetzungen, um hohe Margen zu erzielen. Darüber hinaus hat sich Irland in den letzten Jahren als innovativer und flexibler Markt etabliert, wovon deutsche Unternehmen stark profitieren können. Kooperationen mit deutschen Unternehmen sind in Irland zudem sehr beliebt und stehen für hohe Qualität. Als Investitionsstandort haben deutsche Firmen die grüne Insel jedoch bereits entdeckt. Seit 2016 sind die Direktinvestitionsbestände pro Jahr im Durchschnitt um rund 21 Prozent gewachsen und damit so stark wie an keinem anderen der 15 größten deutschen Ziele für Investitionen in der Welt.

Lesetipp

Irlands Wirtschaft boomt dank niedriger Steuern und Brexit. Erfahren Sie mehr in unserem Artikel "Keltischer Tiger", erschienen in der Augustausgabe von Markets International.

Öffentliches Beschaffungsportal

www.eTenders.gov.ie ist eine von der irischen Regierung betriebene Plattform für öffentliche Aufträge. Unternehmen können hier Informationen zu Ausschreibungen einsehen und Angebote elektronisch einreichen.

Markterschließungsprogramm

Innerhalb des vom BMWK geförderten Markterschließungsprogramms werden auch nach Irland Geschäftsreisen zu unterschiedlichen Branchen angeboten.

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