Special | Irland | US-Zölle
Irland: Exporte in USA für mehr als 70 Mrd. Euro pro Jahr
US-Unternehmen machten aus Irland einen High-Tech-Produktionshub. Heute sind die USA mit der Top-Exportmarkt der Insel, woraus allerdings auch eine große Abhängigkeit resultiert.
26.05.2025
Von Marc Lehnfeld | London
Irland ist eine äußerst offene Volkswirtschaft. Die Außenhandelsquote, also der Anteil der Summe von Exporten und Importen am Bruttoinlandsprodukt, betrug 2024 rund 253 Prozent. Das liegt vor allem an US-Unternehmen, die die irische Insel als High-Tech-Werkbank für westliche Absatzmärkte nutzen. Laut Handelskammer der Vereinigten Staaten in Irland (AmCham Irland) sind rund 970 US-Firmen auf der Insel tätig. Sie beschäftigen 211.000 Personen und sind darüber hinaus indirekt für weitere 168.000 Arbeitsplätze verantwortlich. US-Engagements machen fast 40 Prozent des gesamten ausländischen Direktinvestitionsbestands aus.
Besonderheiten in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA
Die USA sind Irlands wichtigster Exportmarkt mit einem Anteil von 32 Prozent an den gesamten Warenexporten. Die Wirtschaftsbeziehungen sind aber nicht nur im Handel sondern auch bei Investitionen eng: Irland ist das viertgrößte Investitionsziel amerikanischer Unternehmen und zugleich auch der sechstgrößte Investor in den Vereinigten Staaten.
In folgenden Branchen ist die US-Präsenz in Irland besonders stark:
- Dominant ist die Pharmaproduktion, die rund 45 Prozent der gesamten irischen Exporte in die Welt ausmacht und zu 44 Prozent in die USA geht. US-Unternehmen sind die größten Hersteller im Land, wie zum Beispiel Pfizer, MSD Merck und AbbVie.
- Im Halbleitersektor betreibt Intel in Irland die einzige Wafer-Produktionsstätte des Konzerns in Europa und hat seit 1989 nach Unternehmensangaben rund 30 Milliarden Euro im Land investiert.
- Irland ist auch ein wichtiger Standort für amerikanische Tech-Firmen. So verfügen unter anderem Meta, Google, Microsoft, Indeed, Adobe und Amazon über große Niederlassungen auf der irischen Insel. Dabei profitieren sie von der hohen Fachkräftedichte und der Attraktivität Irlands für einwandernde Experten.
- Weitere nennenswerte US-amerikanische Unternehmen mit größeren Niederlassungen in Irland sind die Medizintechnikhersteller Johnson & Johnson und Medtronic, sowie der Konsumelektronikproduzent Apple.
Produkt | Wert |
Medizinische und pharmazeutische Produkte (SITC 54) | 40,4 |
Organische chemische Erzeugnisse (SITC 51) | 9,0 |
Mess-, Prüf- und Kontrollinstrumente (SITC 87) | 3,3 |
Ätherische Öle, Körperpflege und Reinigungsmittel (SITC 55) | 3,2 |
Verschiedene verarbeitete Waren wie z.B. Schmuck, Musikinstrumente, Kunststoff- und Druckerzeugnisse (SITC 89) | 2,2 |
Herausforderungen und Chancen
Die Neuausrichtung der US-Handelspolitik von Präsident Donald Trump ist eine Gefahr für das irische Wirtschaftsmodell. Höhere Einfuhrzölle, vor allem im dominierenden Pharmasektor, können der irischen Wirtschaft erheblich schaden. Der irische Wirtschaftsverband IBEC erwartet, dass bei einer Anhebung der US-Importzölle für Produkte aus der EU um weitere 20 Prozent der irische Export kurzfristig um 2 bis 3 Prozent zurückgehen würde. Die Wirtschaftsforscher des ESRI-Instituts berechneten im März 2025 einen Negativbeitrag zu Irlands Bruttoinlandsprodukt von 2 bis 3,5 Prozent über die nächsten 5 bis 7 Jahre.
Hohe US-Einfuhrzölle könnten das irische Wirtschaftsmodell auch längerfristig unter Druck setzen. Schließlich soll die US-Importabhängigkeit damit verringert und Produktionsstätten in die USA zurückgeholt werden. Wegen der hohen Bedeutung für die heimische Wirtschaft und die irischen Steuereinnahmen hat Irland hingegen ein großes Interesse daran, die US-Großkonzerne im Land zu halten.
Gerade jetzt zeigt sich aber auch, wie tief verwurzelt die US-Unternehmen in Irland sind. Branchenexperten zufolge binden hohe Exit-Steuern bei der Verlagerung von Patenten die Unternehmen an das Land. Auch der große Fachkräftepool macht Irland weit über die vergleichsweise niedrige Unternehmensbesteuerung hinaus attraktiv. Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, ob nicht das schwierige Einreiseregime in den USA die Standorte im weltoffenen Irland besonders begünstigt.