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Klimaschutz-AtlasIndustrie: Dekarbonisierung lässt auf sich warten
Das Reduktionsziel für Treibhausgase in der Industrie ist in Gefahr. Erneuerbare Energien spielen im verarbeitenden Gewerbe keine Rolle.
04.09.2023
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
An führenden Industrienationen gemessen, ist der Anteil der Industrie an der Wirtschaftsleistung in Israel relativ niedrig. Im Jahr 2021 lag er bei 11 Prozent. Dennoch ist die Reduktion der Treibhausgasemissionen durch das verarbeitende Gewerbe ein wichtiges Ziel der israelischen Klimapolitik.
Emissionswachstum verlangsamt
Laut Regierungsvorgaben von 2021 sollen die Emissionen der Industrie bis 2030 gegenüber dem Stand von 2015 um 30 Prozent sinken. Ob dieses Ziel erreicht werden kann, ist aber nicht sicher. Im April 2023 erklärte das Umweltschutzministerium, die Industrie habe seit 2020 das Wachstum ihrer Treibhausgasemissionen zwar verlangsamt. Das sei hauptsächlich staatlichen Fördermaßnahmen zu verdanken. Eine Reduktion des Treibhausgasausstoßes in absoluten Zahlen sei aber nicht erreicht worden.
Wenn der bisherige Trend anhalte, so das Ministerium, werde die Industrie ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber dem Referenzjahr 2015 lediglich um 17 Prozent senken. Damit würde das Ziel einer Reduktion um 30 Prozent deutlich verfehlt werden.
Erneuerbare Energien in der Industrie bedeutungslos
Der Rückgriff auf erneuerbare Energiequellen spielt in der Industrie so gut wie keine Rolle. Im Jahr 2021 entfielen nur 0,3 Prozent des Energieverbrauchs des Industriesektors auf erneuerbare Energien. Dabei spielte die Energiegewinnung aus Abfällen die nahezu ausschließliche Rolle.
Ein wichtiges Element der industriellen Klimapolitik ist der Energiemix. So senkte die Industrie in den Jahren 2017 bis 2021 ihren Erdölverbrauch um 29,7 Prozent. Die Nutzung von Kohle, die aber eine untergeordnete Rolle spielt, sank in der genannten Zeitspanne um 11,5 Prozent. Demgegenüber nahm ihr Erdgasverbrauch um 62,5 Prozent zu.
Förderung und Beratung steigern Energieeffizienz
Ein wichtiges Instrument der industriellen Klimapolitik sind die vom Wirtschaftsministerium gewährten Zuschüsse für Investitionen zur Senkung von Treibhausgasemissionen. Die Zuschüsse werden bei Investitionsprojekten ab 100.000 Neue Schekel (NIS, nach aktuellem Wechselkurs rund 28.000 US$) gewährt. Bis zu einem Investitionswert von 1,2 Millionen NIS (rund 330.000 US$) belaufen sie sich auf 25 Prozent. Für darüber hinausgehende Beträge, bis zu einer Obergrenze von 3,5 Millionen NIS (rund 970.000 US$) liegt der Zuschuss bei 20 Prozent.
Eine führende Einrichtung bei energiewirtschaftlicher Beratung für Unternehmen ist das israelische Zentrum für Ressourceneffizienz (Israel Resource Efficiency Center). Das Zentrum wurde von der Regierung und Nichtregierungsorganisationen ins Leben gerufen. Es berät Industrieunternehmen beim effizienten Umgang mit einer breiten Palette von Ressourcen, inklusive der Energie. Die Regierung subventioniert die Beratungskosten des Zentrums mit 50 bis 70 Prozent.
Für "Energiefresser" sind Verbrauchsstudien Pflicht
Moderne Industriebetriebe stehen dem Klimaschutz generell positiv gegenüber. Das hängt sowohl mit dem allgemein steigenden Umweltbewusstsein der Israelis als auch mit der hohen Exportquote des verarbeitenden Gewerbes zusammen. Auf dem Weltmarkt aktiven Industrieunternehmen ist klar, dass ihnen bei Verstößen gegen international akzeptierte Klimaschutznormen Geschäftseinbußen drohen.
Zudem sind energieintensive Unternehmen zu Energieverbrauchsstudien verpflichtet. Auf deren Grundlage haben sie Vorschläge für Energieeinsparungen zu formulieren und dem Energieministerium zur Genehmigung vorzulegen.
Einsparungspotenzial bleibt noch hoch
Trotz der klimapolitischen Fördermaßnahmen und gesetzlichen Anforderungen ist das Bewusstsein für Klimaschutz und Energieeffizienz nicht bei allen Energieverbrauchern gleichermaßen ausgeprägt. Viele Verbraucher in der gewerblichen Wirtschaft wie im öffentlichen Sektor schenken diesem Thema nicht genug Beachtung.
Daher ist das Einsparungspotenzial, auf die Gesamtwirtschaft bezogen, hoch. Das kann ausländischen Beratungsunternehmen im Energiesektor Geschäftschancen auf dem israelischen Markt öffnen.
Importbedarf schafft Absatzchancen
Umwelttechnik für die Industrie stammt größtenteils aus ausländischer Produktion. Deshalb schafft der Bedarf israelischer Industriebetriebe an klimafreundlicher Ausrüstung Absatzchancen für ausländische Unternehmen.