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Anerkennung/Vollstreckung

Wer als deutscher Dienstleistungsempfänger in Deutschland oder Italien einen Prozess (zum Beispiel auf Schadensersatz nach einem Gewährleistungsfall) gegen einen italienischen Dienstleister gewonnen hat, hat noch nicht sein Geld erhalten. Vielmehr muss er die gerichtliche Entscheidung ggf. anerkennen und auch vollstrecken lassen, um das vom Gericht zugesprochene Geld auch tatsächlich zu erhalten. Bei der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen können dem deutschen Dienstleistungsempfänger dabei mehrere Fallkonstellationen begegnen:

MÖGLICHE FALLKONSTELLATIONEN DER ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG

Land der Anerkennung & VollstreckungItalienisches Urteil (1)Deutsches Urteil (2)
Anerkennung & Vollstreckung in ItalienNur italienisches Recht, Anerkennung nicht nötig (1a)EuGVVO i.V.m.--in Verbindung mit italienischem Recht (2a)
Anerkennung & Vollstreckung in DeutschlandEuGVVO i.V.m. deutschem Recht (1b)Nur deutsches Recht; Anerkennung nicht nötig (2b)

vereinfachte Darstellung


So kann zunächst die Entscheidung eines italienischen Gerichts (1) vorliegen (siehe hierzu die Rubrik zu zuständigen Gerichten sowie die sich anschließenden Rubriken). Diese kann entweder in Italien vollstreckt (1a) oder in Deutschland (1b) anerkannt und vollstreckt werden. Der deutsche Dienstleistungsempfänger kann aber ebenso, etwa aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung, vor einem deutschen Gericht geklagt haben. Eine solche deutsche Gerichtsentscheidung (2) könnte gleichfalls in Italien anerkannt und vollstreckt (2a), oder aber in Deutschland (2b) vollstreckt werden.

Umgekehrt kommen auch Fälle in Betracht, in denen sich der deutsche Dienstleistungsempfänger einer Vollstreckung eines Urteils ausgesetzt sieht, das der italienische Dienstleister erwirkt hat. Dies ist beispielsweise bei Klagen des italienischen Dienstleisters auf die (bis dahin nicht erfolgte) Zahlung seines Werklohnes möglich. Wenn der italienische Dienstleister diesen erfolgreich in Italien eingeklagt hat, kann er entweder dort die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn der deutsche Dienstleistungsempfänger Vermögenswerte in Italien hat (1a). Alternativ dazu kann er die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung gegen den Dienstleistungsempfänger in Deutschland betreiben (1b). Hat der italienische Dienstleister dagegen einen Prozess in Deutschland gewonnen, sind die deutschen Regeln für die Zwangsvollstreckung in Deutschland anwendbar (2b). Auch hier kann allerdings die Situation auftreten, dass der italienische Dienstleister lieber auf in Italien gelegene Vermögenswerte des deutschen Dienstleistungsempfängers (falls solche bestehen) zugreifen möchte – dies setzt dann die Anerkennung und Vollstreckung des deutschen Urteils in Italien (2a) voraus.

Die Anerkennung und Vollstreckung in Deutschland richtet sich grundsätzlich nach deutschem Recht. Dieser Bereich wird von unserem auf ausländisches Recht beschränkten Informationsportal nicht abgedeckt. Der deutsche Dienstleistungsempfänger sollte sich diesbezüglich an einen deutschen Rechtsanwalt wenden oder sonstige Informationsquellen zum deutschen Recht nutzen. Bei der Suche nach einem deutschen Rechtsanwalt kann beispielsweise die Anwaltsuche des Deutschen Anwaltsvereins oder aber das bundesweite amtliche Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer hilfreich sein.

Im Folgenden werden die Konstellationen der Anerkennung und Vollstreckung in Italien behandelt. Hierfür sind auch die vorrangigen Regelungen des Europäischen Rechts von Bedeutung, die ebenfalls in ihren wichtigsten Grundzügen dargestellt werden.


Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Italien

In den Fällen, in denen nicht lediglich eine italienische Entscheidung in Italien vollstreckt wird, sondern eine deutsche Entscheidung in Italien (2a) anerkannt und vollstreckt werden muss, ist aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters zunächst die Europarechtliche Ebene zu berücksichtigen: Die im Abschnitt internationale Zuständigkeit bereits erwähnte EuGVVO regelt nicht nur die internationale und teilweise auch die örtliche Zuständigkeit in Streitigkeiten zwischen italienischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern. Vielmehr bestimmt sich auch die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im jeweils anderen EU-Mitgliedsstaat nach der EuGVVO. 

Auf Verfahren, die am 10.1.2015 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen beziehungsweise gebilligt oder geschlossen wurden oder werden, finden die Vorschriften der EuGVVO in der Fassung der Brüssel-Ia-Verordnung Anwendung, sofern sie in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fallen. Die Bezeichnung "Entscheidungen" umfasst dabei jegliche gerichtliche Entscheidung - ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung als Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid (Artikel 2 lit. a EuGVVO).

Die jeweilige Entscheidung wird im jeweils anderen Land dabei ohne besonderes Verfahren anerkannt (Artikel 36 EuGVVO). Die Partei, die die Anerkennung der Entscheidung erreichen möchte, hat nur eine beweiskräftige Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung sowie die sogenannte "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" vorzulegen (Artikel 37 EuGVVO). Für die Bescheinigung gibt es in Anhang I der EuGVVO ein Formblatt.

Voraussetzung für die Vollstreckung einer anerkannten Gerichtsentscheidung ist, dass sie im Staat der Gerichtsentscheidung (so beispielsweise in Deutschland) vollstreckbar ist (Artikel 39 EuGVVO). Für die Vollstreckung ist allein die Vorlage einer beweiskräftigen Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung sowie der oben genannten "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" erforderlich. Diese muss insbesondere auch bestätigen, dass die Entscheidung vollstreckbar ist (Artikel 42 Absatz 1 EuGVVO). Es ist klargestellt, dass bei Vorlage einer vollstreckbaren Entscheidung jede Sicherungsmaßnahme, die im Recht des Landes, wo die Entscheidung vollstreckt werden soll (so beispielsweise in Italien), vorgesehen ist, ergriffen werden kann (vgl. hierzu den Abschnitt Eilverfahren dieses Länderberichts). Wird die Vollstreckung einstweiliger Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen angestrebt, gelten besondere Formalitäten (Artikel 42 Absatz 2 EuGVVO).

Besonderheit: Europäischer Vollstreckungstitel

Hat eine Partei in der Gerichtsverhandlung die Forderung der anderen Seite ausdrücklich anerkannt oder haben sich die Parteien vor Gericht gütlich geeinigt und einen Vergleich geschlossen, geht es sogar noch etwas einfacher. Denn bei unbestrittenen Forderungen (wie den eben genannten Anerkenntnissen vor Gericht oder gerichtlichen Vergleichen) kann ein Europäischer Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG--Europäische Gemeinschaft) Nr.--Nummer 805/2004 beantragt werden. Das bedeutet für den oben dargestellten Fall des deutschen Dienstleistungsempfängers, wenn er mit dem italienischen Dienstleister wegen seiner Schadensersatzforderung einen gerichtlichen Vergleich geschlossen hat: Mit der durch das deutsche Gericht auszustellenden Bestätigung des Vergleiches als Europäischer Vollstreckungstitel kann in Italien ohne den Zwischenschritt der Vollstreckbarerklärung vollstreckt werden. Den gleichen Vorteil hat natürlich auch der oben angesprochene italienische Dienstleister, wenn er und der deutsche Dienstleistungsempfänger vor einem italienischen Gericht einen Vergleich schließen. Weiterführende Informationen zum Europäischen Vollstreckungstitel bietet das EU-Portal mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung.

Die Zwangsvollstreckung bezeichnet man in Italien als esecuzione forzata. Als Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung eines italienischen Urteils kommen in Italien die Pfändung und anschließende Übertragung oder Verwertung von Vermögensgegenständen oder Grundstücken des Schuldners in Betracht (espropriazione forzata). Forderungen des Schuldners gegenüber Dritten (beispielsweise bei Bankguthaben) können ebenfalls mittels der Drittpfändung (espropriazione presso terzi) eingetrieben werden. Soll der Schuldner bestimmte Handlungen vornehmen oder umgekehrt gerade unterlassen, kann dies ebenfalls mit der Zwangsvollstreckung (esecuzione forzata di obblighi di fare e di non fare) durchgesetzt werden.

Germany Trade & Invest (Stand: Juli 2022)

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