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Special | Italien | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Klimaziele: Europäische Richtwerte mit kleinen Abweichungen

Italien verfolgt grundsätzlich die europäischen Klimaziele und hat ein umfangreiches Förderinstrumentarium aufgelegt. 

Von Oliver Döhne | Mailand

Übergeordnetes Ziel ist die europäisch vereinbarte Klimaneutralität bis 2050. Im Nationalen Klima- und Umweltplan Italiens von Ende 2019, der noch immer das offizielle Bezugsdokument ist, will Italien bis 2030 mindestens 33 Prozent seiner Treibhausgasemissionen aus Nichtenergiesektoren gegenüber 2005 reduzieren. Auf den von der Europäischen Union (EU) gewünschten Wert (40 Prozent weniger CO₂-Ausstoß in allen Sektoren im Vergleich zu 1990) geht Italien nicht ein. Das könnte daran liegen, dass gerade 2005 in Italien ein besonders hoher CO₂-Ausstoß registriert wurde. Als Rechtfertigung führte der Plan Italiens bisherige hohe Schadstoffsenkungen an. Nach den ehrgeizigeren Zielen von Fitfor55 der EU wird Italien seine Ziele bis 2030 hochschrauben müssen. 

Neuauflage des nationalen Klimaplans ist fällig

Für die fällige Neuauflage des italienischen Klimaplans deutete Roberto Cingolani, Minister für den ökologischen Übergang, zwischenzeitlich 51 Prozent weniger Treibhausemissionen gegenüber 1990 an. Er spricht aber nach Kritik an dieser weiterhin vorhandenen Abweichung von den europäischen Vorgaben mittlerweile wieder von "55 Prozent", wenn auch ohne Bezugsjahr. Würde er sich auf das Bezugsjahr 1990 beziehen, müsste der Treibhausgasausstoß bis 2050 auf unter 200 Millionen Tonnen sinken. 

Im Nationalen Klima- und Umweltplan stehen für die Energieerzeugung und die energieintensiven Branchen eine Reduktion des CO₂-Ausstoßes von 43 Prozent und für Transport, Wohnungen, Dienstleistungssektor und die übrigen Industriesektoren insgesamt eine Einsparung von 30 Prozent. Diese Werte sollten in der Aktualisierung steigen. Für den Zivilsektor (Wohnungen und Dienstleistungen) entspricht das für die Zeit zwischen 2020 und 2030 einer Einsparung von 20 Millionen Tonnen CO₂, für den Transportsektor sind es 16 Millionen Tonnen CO₂ und für die Industrie 7 Millionen Tonnen CO₂.

Emissionswerte und Ziele Italiens (in Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten)

Jahr

Treibhausgasemissionen

1990

440

2000

471

2010

436

2020 (Ist)

304

2020 (Ziel) *)

412

2030 (Ziel)

198-232

2050 (Ziel)

65-85

*) der Nationalplan wurde vor 2020 aufgestelltQuelle: Global Carbon Atlas 2021, Italienisches Umweltministerium 2022, Istituto Superiore per la Protezione e la Ricerca Ambientale (ISPRA) 2021

Für die Zeit von 2030 bis 2050 soll dann der Treibhausgasausstoß laut der langfristigen Energiestrategie Italiens auf 65 Millionen bis 85 Millionen Tonnen sinken. Davon kämen 50 Megatonnen CO₂-Äquivalent aus den Nichtenergiesektoren wie der Landwirtschaft und Industrieprozessen, während die Energieindustrie 15 bis 35 Megatonnen CO₂-Äquivalent verursachen würde. Etwa 45 Megatonnen CO₂-Äquivalent werden über Wälder absorbiert. Die restlichen circa 20 bis 40 Megatonnen CO₂-Äquivalent sollen laut Plan über Carbon Capture Storage and Usage, die Speicherung von Kohlendioxid im Untergrund, oder noch zu entwickelnde neue Technologien kompensiert werden.

Siehe auch: Wie grün ist Italiens Recovery Plan?

Notfallpläne wegen des Ukrainekriegs sollen grüne Wende nicht aufhalten

Die hohen Strompreise in Verbindung mit dem Angriffskrieg in der Ukraine haben im Jahr 2022 zu Notfallaktionen seitens der Regierung geführt, die im Widerspruch zu den Klimazielen stehen. So fuhr sie zwei Kohlekraftwerke wieder hoch und setzt auch die Gasversorgung aus anderen Herkunftsländern als Russland oben auf die Agenda. Außerdem erhalten große Energieunternehmen und Stromerzeuger Zuschüsse zum Gaskauf aus dem Ausland. Minister Cingolani betonte aber, dass dieser Notfallplan die europäischen Klimaziele nicht gefährden dürfe. 

Regierung setzt vor allem auf Förderung

Um die Klimaziele zu erreichen, setzt die Regierung auf Anreize und Verpflichtungen. Anreize in Form hoher Steuergutschriften gehen an Hausbesitzer, die in Energiesparmaßnahmen investieren. So sind zum Beispiel bei der Verbesserung um zwei Energieklassen Steuergutschriften in Höhe von bis zu 110 Prozent der investierten Summe möglich. Auch für Kommunen und Städte gibt es Förderprogramme, um die Energieeffizienz zu steigern. Weitere Mittel stehen für den Kauf von elektrischen oder Hybridfahrzeugen zur Verfügung.

Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung grüner Technologien investieren, erhalten Steuergutschriften. Diese decken 2022 noch 15 Prozent von Investitionen bis zu 2 Millionen Euro pro Jahr ab. Ab 2023 sinkt der Fördersatz auf 10 Prozent, während die förderfähige Summe auf 4 Millionen Euro pro Jahr steigt. Für den Kauf von modernem digitalen Equipment, das zu mehr Effizienz in den Produktionsprozessen führt, stehen 2022 noch Steuergutschriften von 10 bis 40 Prozent bereit, ab 2023 liegen diese Sätze zwischen 5 und 20 Prozent. 

Grüne Maßnahmen der Regierung (Auswahl)
  • Steuergutschriften für energetische Haussanierung
  • Kaufanreize für E-Autos
  • Finanzierungshilfe und Zuschüsse für Forschung und Entwicklung grüner Technologien
  • Anreize für den Kauf von digitaler, effizienzsteigernder Ausrüstung und Software
  • Teilnahme am europäischen Emissionshandel
  • Weiße Energieeffizienzzertifikate
  • E-Flotte im öffentlichen Nahverkehr
  • Bahn- und Hafenausbau/Intermodalverkehr
  • Auktionen für innovative erneuerbare Energieerzeugung
  • Sonderförderung strategischer Großprojekte
  • Wasserstofftest auf Bahn- und Lkw-Strecken

Strom- und Gasanbieter mit mehr als 50.000 Endkunden sind verpflichtet, eine jährlich steigende Menge an Energie zu sparen oder in entsprechender Höhe weiße Zertifikate (certificati bianchi) zu erwerben. Energie-, Bau- und Industrieunternehmen, Dienstleister und andere Akteure können für jede Tonne eingespartes Erdöläquivalent ein weißes Zertifikat erhalten und damit auf der Plattform der staatlichen Energiebehörde GSE oder bilateral handeln. Den Ausbau innovativer Energieerzeugung fördert die Regierung in speziellen Auktionen und zahlt dem Gewinner Zuschüsse pro produzierter Megawattstunde.

Italien nimmt am europäischen Emissionshandel (EU ETS) teil und gab 2021 mit 47,3 Millionen Quoten rund 8,1 Prozent der europäischen ETS-Quoten auf den Markt. Damit verdoppelte das Land die Zahl der Quoten gegenüber dem Vorjahr, die auf dem Markt etwa 2,5 Milliarden Euro ergaben. 

Strategische Großprojekte gegen den Klimawandel - zum Beispiel industrielle Prototypen der Dekarbonisierung durch Wasserstoff - wird die Regierung über spezielle Entwicklungsverträge (contratti di sviluppo) fördern. Der Test und die Entwicklung von Wasserstofftechnologien erhalten zusätzliche Mittel. 

Die nachhaltige Mobilität unterstützt das Land durch massive Investitionen, so beispielsweise durch den Ausbau des Bahnnetzes und des öffentlichen Nahverkehrs. Ausschreibungen der Regionen und des öffentlichen Sektors im Rahmen des Recovery Fonds werden unter anderem auf der Seite Italia Domani veröffentlicht. 

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