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Bis 2030 sollen in Italien 3.000 Kilometer Autobahn intelligente Verkehrssysteme bekommen. Technologie-Firmen treiben über Pilotprojekte die Smart Road-Entwicklungen voran.
26.06.2020
Von Oliver Döhne | Mailand
Die Autobahnbehörde Anas plant schon länger eine Smart Road-Initiative und hatte dazu bereits einige Experimente angestoßen. Jetzt werden die Projekte konkret: 1 Milliarde Euro bis 2030, um sieben Autobahnen beziehungsweise Autobahnabschnitte mittels Kameras, Sensoren, Datensäulen, Drohnen und integrierten Netzwerken zu sichern und zu benutzerfreundlichen Smart Roads zu machen.
Italiens Flotte ist alt und die wenigsten Fahrzeuge haben eine Blackbox, über die sie mit anderen Fahrzeugen, dem Netzwerk und der Infrastruktur kommunizieren könnten. Daher soll der Informationsaustausch in der ersten Phase, in der Anas 300 Millionen Euro in Technologie investieren will, zwischen Smartphones der Verkehrsteilnehmer und im 30 Kilometer-Abstand installierten Datensäulen ablaufen.
Dieses System testet Anas zurzeit auf der Flughafenautobahn von Rom. Über ein Wifi-in-Motion-System sind die Handys der Verkehrsteilnehmer auch bei hoher Geschwindigkeit unterbrechungsfrei online und können mit den datensammelnden Säulen kommunizieren. Drohnen liefern zusätzliche Informationen zu Verkehrsfluss, Zustand der Infrastruktur und möglichen Gefahren und können zudem bei Notfällen die Ersthilfe unterstützen. Alle 30 Kilometer wird eine "grüne Insel" mit erneuerbarer Stromerzeugung, Data Centers und Ladestationen installiert.
Sobald eine kritische Masse an Connected Cars vorhanden und das 5G-Netzwerke flächendeckend über Glasfaser verlegt und aktiv ist, soll die Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander sowie mit dem Netzwerk und der Infrastruktur (Vehicle-to-Everything, V2X) ablaufen, dies anhand der europäischen Cooperative Connected and Automated Mobility Standards. Einen Zukunftsplan hat Anas mit dem renommierten Designer und Ingenieur Carlo Ratti vom Massachussets Institute of Technology entworfen.
Zur den ausgewählten Pilotstrecken von Anas zählt die Brennerautobahn, die in Kooperation mit Österreich und Deutschland zu einem schadstoffarmen, digitalisierten und weitgehend automatisierten Korridor München-Bologna werden soll. Im Süden steht die Autobahn Autostrada del Mediterraneo im Mittelpunkt. Im Nordosten sollen die Besucher der Ski-Weltmeisterschaft im Februar 2021 gut informiert und staufrei vom Flughafen Venedig zum Austragungsort Cortina d'Ampezzo gelangen. Weitere Projekte betreffen Sizilien, Rom und die Strecke Mestre-Orte. Darüber hinaus gibt es Tests in Turin, in der Toskana sowie in den Häfen von Triest und Reggio Calabria.
Projekt | Anmerkung/ Stand |
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Autostrada del Mediterraneo | Wichtigstes Smart Road-Projekt, Strecke Salerno-Reggio Calabria, ab 1. Juli 2020 Smart Road Tests auf Teilstück Tarsia Nord-Cosenza Süd und smarter Hafenzugang Villa San Giovanni in Reggio, Projektbeteiligte: Alpitel, Autostrade Tech und Sinilec |
Grande Raccordo Anulare | Autobahnring Rom, Ausstattung mit Wifi-in-Motion-Säulen |
Autostrada Roma-Fiumicino | Flughafenautobahn Rom, Teststrecke für Wifi-in-Motion-Technologie, Projektbeteiligte: Alpitel, Autostrade Tech und Sinilec |
5G-Carmen/ Brenner LEC | Entwicklung der Strecke München-Bologna als nachhaltiger, intelligenter und automatisierter Verkehrskorridor, EU-Projekt, Einsatz 5G-Cooperative Connected and Automated Mobility (CCAM)-basierteTechnologie |
Strada Statale 51 di Alemagna | Smart Road zwischen Venedig und Cortina d'Ampezzo, soll im Februar 2021 zur Alpinen Ski-WM eröffnet werden |
Smart Road A19 Palermo-Catania | Intelligente Verkehrssysteme auf Siziliens wichtigster Verkehrsachse, erster Schritt: Stadtumfahrungsautobahn Tangenziale Catania |
E 45-E55 Orte-Mestre | Smart Road-Ausstattung auf Teilen der Verbindung Orte (Latium) und Mestre (Venetien), schon länger geplant, keine neuen Details |
Corridoio Meduri | Einsatz intelligenter Kameras und Wiegesensoren auf der Autobahn Triestina zwischen Interporto und Hafen Trieste, Monitoring der Einhaltung normaler Wegzeiten (zur Vermeidung illegaler Zusatzbeladung) |
Italien verfügt über international erfahrene Transportinfrastruktur-, IT- und Telekommunikationsfirmen, von denen die wichtigsten an den Pilotprojekten von Anas beteiligt sind. Dazu zählt die Firma Autostrade per l'Italia, ein in Europa führender Erbauer und Betreiber von Maut-Autobahnen. Autostrade per l'Italia managt in Italien 3.020 Kilometer Autobahnen und investiert zurzeit insgesamt über 25 Milliarden Euro im Land.
Für die technische Entwicklung ist die Tochtergesellschaft Autostrade Tech zuständig, die schlüsselfertige intelligente Transportsysteme entwickelt und installiert sowie als Systemintegrator fungiert. Autostrade per l'Italia gehört, ebenso wie die Mauttechnikfirma Telepass, zum Atlantia-Konzern, an dem die italienische Industriellenfamilie Benetton zu 30 Prozent beteiligt ist. Autostrade per l'Italia war 2018 wegen der eingestürzten Morandi-Brücke in Genua negativ in die Schlagzeilen geraten.
Ein weiterer wichtiger Branchenplayer ist die ASTM-Gruppe, die neben dem Betrieb von 1.423 Kilometern Autobahn in Italien (und weiteren 3.171 Kilometern in Brasilien und dem Vereinigten Königreich) als EPC (Engineering, Procurement and Construction) in der Transportinfrastruktur aktiv ist. Weltweit erzielte ASTM 2019 einen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro, 20,6 Prozent mehr als 2018. Forschung und Entwicklung übernehmen die Tochtergesellschaften Sinilec und Euroimpianti.
Ebenfalls aktiv bei der Entwicklung von Smart Roads in Italien ist die Firma Alpitel, die 2019 rund 400 Millionen Euro Umsatz machte und ein Auftragsvolumen von rund 975 Milliarden Euro abarbeitet. Alpitel war bisher eher im Bahnsektor tätig, setzt seine Kenntnisse nun auch im Straßensektor ein. Alpitel bietet schlüsselfertige Lösungen für Entwurf, Bau und Wartung intelligenter Verkehrssysteme. Alpitel ist seit 2020 Teil der PSC-Gruppe, an der die italienische Entwicklungsbank CdP beteiligt ist. Neben der Flughafenautobahn und der Mediterraneo ist Alpitel auch an der Datenleitungsverlegung der Strecken Parma-La Spezia-Livorno und der Ausstattung der Autostrada dei Fiori an der ligurischen Küste mit Telekommunikationsinfrastruktur und Notrufanlagen beteiligt.
Innovation erfolgen auch jenseits der großen Projekte. Das Unternehmen Intercomp aus Verona entwickelte bereits 2002 das erste Smart Parking System der Welt und ist international in zahlreichen Projekten aktiv, dies mit der sogenannten Narrow Band Internet of Things-Technologie. Das sizilianische Start-up Park Smart wurde von Amazon Web Services im City on a Cloud-Wettbewerb 2015 zu einem der fünf global wichtigsten Innovationspartner erkoren. Bosch installierte 2019 die Sensoren eines Smart Parking-Projekts in Mantova (Long Area Wide Area Network).
Über eine Zusatzfunktion der App Waze erhalten Fahrer Informationen über Fahrverbote in den Stadtzentren von Rom, Mailand, Genua und Savona. Infoblue, ein Unternehmen von Autostrade per l'Italia und der Telematikfirma Octo, bietet den auf Kameras und Sensoren basierenden Routenplaner MyWay sowie künftig das intelligente Fahrassistenzsystem Next an. In Rom testet Infoblue, den Einsatz von Satelliteninformationen für die lokale Verkehrskontrolle. Telepass will auf 1.200 Kilometern ein freeflow-Mautsystem einführen, bei der Fahrzeuge identifiziert und der Preis nach gefahrener Strecke berechnet wird.
Kontakt | Anmerkung |
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