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Special | Japan | Klimawandel lokal

Stärkere Stromnetze für Japan

Japan investiert in die Elektrizitätsinfrastruktur, um seine Energieversorgung belastbarer und leistungsfähiger zu gestalten: eine langfristige Aufgabe.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Um die Dekarbonisierung voranzutreiben, will Japan die Nutzung erneuerbarer Energien ausweiten. Dazu muss das Land seine Stromnetze modernisieren und ausbauen. Da eine Vielzahl geplanter Offshore-Windfarmen in Japan an die Stromnetze angeschlossen werden müssen, bereiten sich die Netzbetreiber auf eine steigende Nachfrage nach Netzkapazitäten vor.

Beispielsweise will der Anbieter von Hochleistungskabeln Furukawa Electric seine Produktionskapazität auf dem Archipel bis zum Fiskaljahr 2025 gegenüber dem Jahr 2017 verdoppeln. Dafür investiert das Unternehmen in seinem Werk in Chiba über einen Zeitraum von acht Jahren schrittweise umgerechnet 130 Millionen US-Dollar (US$). Andere japanische Anbieter, wie Sumitomo Electric und SWCC Showa Cable Systems, erwarten ebenfalls eine steigende Nachfrage.

Hohe Investitionen notwendig

Das Wirtschaftsministerium schätzt, dass in der nächsten Dekade Investitionen von umgerechnet mindestens 17,3 Milliarden US$ erforderlich sind, um die Übertragungs- und Verteilnetze auf den Schub an erneuerbaren Energien vorzubereiten. Längerfristig sind bis 2050 noch höhere Investitionen zu erwarten, denn vor allem die Solarkraft und Offshore-Windparks werden ausgebaut.

Laut dem neuesten Energieplan von 2021 soll sich der Beitrag erneuerbarer Energien zu Japans Stromerzeugung zwischen den Fiskaljahren 2019 und 2030 (1. April bis 31. März) auf 36 bis 38 Prozent in etwa verdoppeln. Der Anteil soll bis 2050 auf mindestens 50 Prozent steigen. Die Kapazität von Solarenergie soll zwischen 2020 und 2030 von etwa 70 Gigawatt auf 108 Gigawatt steigen und bis 2050 auf über 350 Gigawatt zulegen. Für Offshore-Wind visiert die Regierung einen Ausbau von einer gegenwärtig unbedeutenden Kapazität auf 30 Gigawatt bis 45 Gigawatt im Jahr 2040 an.

Roadmap bereitet Ausbaupläne vor

Da Solarfarmen und Windparks meist nicht dort Energie produzieren, wo Stromkunden sie nachfragen, sind effiziente Übertragungsnetze erforderlich. Insbesondere die nördliche Insel Hokkaido und die südliche Insel Kyushu haben ein hohes Stromerzeugungspotenzial aus erneuerbaren Energien. Gebraucht wird der Strom jedoch eher in der Kanto-Region um die Hauptstadt Tokyo und in der Kansai-Region um Osaka.

Parallel mit dem Ausbau der Solar- und Windkraftkapazitäten müssen die Versorger daher auch die existierenden Stromnetze stärken und ausbauen. Daher hat Japans Regierung im September 2021 eine Roadmap für Energienetze der nächsten Generation verabschiedet. Bis zum Ende des Fiskaljahres 2022 soll diese Roadmap in einem Aktionsplan münden. Mehrere Szenarien stehen zur Diskussion. Je nach Ausbauzielen bei den erneuerbaren Energien erfordert dies mehr oder weniger kostenintensive Investitionen in Hochspannungs-Gleichstromkabel, in Strommasten, Verstärker, Transformatoren etc.

Leistungsfähige Netze stehen im Fokus

Die Roadmap sieht grundlegend vor, im nördlichen Japan neue Stromverbindungen zwischen der Insel Hokkaido und der Region Tohoku zu schaffen. In der Mitte des Archipels will die Regierung die Distributionsnetze in den Regionen Hokuriku, Kansai und Chubu stärken. Im Süden des Landes will sie die Stromnetze zwischen Kyushu und Chugoku verbessern. Bestehende Bestimmungen gewähren der fossilen Energieerzeugung bislang den primären Zugang zu den Stromnetzen. Diese Regelung soll gelockert werden.

Bislang ist fest eingeplant, die interregionale Übertragungskapazität zwischen Hokkaido und der Hauptinsel Honshu bis 2028 um 300 Megawatt zu erweitern. Dadurch steigt die Übertragungskapazität auf 1.200 Megawatt. Selbst dann werden die existierenden zwei Trassen jedoch nicht ausreichen, wie die Organization for Cross-regional Coordination of Transmission Operators (OCCTO) anmahnt. OCCTO überwacht seit 2015 im Zuge der Liberalisierung des Elektrizitätssystems den interregionalen Stromtransport.

Eine Machbarkeitsstudie soll 2022 untersuchen, ob ein unterseeisches Übertragungskabel mit einer Kapazität von 4 Gigawatt Hokkaido und die Tokyo-Region verbinden kann. Die Frage ist, ob ein solches Kabel via Pazifischem Ozean oder entlang der Japanischen See verlaufen soll. Die Kosten hierfür setzt OCCTO auf 7 Milliarden US$ bis 10 Milliarden US$ an.

Japan hat einige Stromnetzhürden zu meistern

In den benachbarten Regionen Kansai und Chubu planen die Stromnetzbetreiber, die Stromübertragung der drei Haupttrassen bis zum Jahr 2028 um eine zusätzliche Kapazität von 900 Megawatt zu erweitern. Wenn der interregionale Stromtransport ausgeweitet wird, sind auch leistungsfähigere Umspannstationen erforderlich. Hintergrund ist, dass West- und Ostjapan unterschiedliche Frequenzen (West: 60 Hertz, Ost: 50 Hertz) nutzen.

Zwischen der südlichen Insel Kyushu, der Insel Shikoku und der Hauptinsel Honshu soll die Stromübertragung ebenfalls verbessert werden. Dabei geht es vor allem darum, die Flexibilität im System zu erhöhen. Kyushu ist mit großen Solarparks bestückt, die wegen unzureichender Übertragungsmöglichkeiten bereits mehrmals ihre Erzeugung unterbrechen mussten.

Interregionaler Stromaustausch ist bislang gering

Die Transformation des gesamten japanischen Energiesystems braucht einen langen Atem. Bislang konnten die zehn Energieversorger in ihren jeweiligen Regionen fast monopolistisch agieren. Der Anteil des interregionalen Stromaustauschs machte im Fiskaljahr 2019 nur etwa 8,5 Prozent der gesamten Elektrizitätserzeugung des Archipels aus. Seit April 2020 sind Stromtransport und Verteilnetze betriebswirtschaftlich voneinander getrennt.

Der Gesetzgeber hat die Macht der Energieversorger teilweise aufgeweicht, sodass auch andere Unternehmen Zugang zu den Stromnetzen haben. In der Praxis haben die etablierten Stromnetzbetreiber aber immer noch das Sagen. Als nächsten Schritt will die Regierung es unterschiedlichen Stromakteuren ermöglichen, ihre Stromquellen gleichberechtigt in die Netze einzuspeisen. Hierzu will sie einen sogenannten Grid Code formulieren.


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