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Rechtsquellen in Jordanien

Am 25. Mai 1946 erlangte Jordanien, damals noch Transjordanien, seine Unabhängigkeit von der Mandatsmacht Großbritannien.

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem, Sven Klaiber, Niko Sievert

Im Jahr 1950 erfolgte die bis heute gültige Umbenennung von Transjordanien in das Haschemitische Königreich Jordanien. Seit seiner Unabhängigkeit ist Jordanien eine konstitutionelle Erbmonarchie an deren Spitze seit 1999 König Abdullah II. steht. Das jordanische Rechtssystem stellt eine Verschmelzung von islamischem Recht, von Zivilrecht nach ägyptischen Vorbild und von Einflüssen des britischen Common Law dar. 

Artikel 1 der jordanischen Verfassung aus dem Jahr 1952 (jV) beschreibt das Regierungssystem als eine Kombination aus Parlamentarismus und Erbmonarchie. Die Verfassung garantiert verschiedene Bürgerrechte wie den Schutz vor Diskriminierungen aufgrund von Rasse, Religion oder auch Sprache. Ebenso sieht sie das Verbot von Zwangsarbeit oder von Enteignungen vor. Ebenfalls in der Verfassung verankert ist die Meinungs- und Pressefreiheit.

Die politischen Umwälzungen in der arabischen Welt seit dem Jahr 2011 sind auch an Jordanien nicht spurlos vorübergegangen. Auch hier kam es zu Protesten. Deren Ursachen waren sozio-ökonomisch begründet. Demonstrationen richteten sich gegen Arbeitslosigkeit, Korruption und die Streichung der Subventionen für Grundnahrungsmittel und Treibstoff. Teilweise forderten die Protestierenden auch mehr politische Teilhabe. Gleichwohl schlugen die Proteste nicht in eine Revolution um. Vielmehr vollzogen sich die politischen Änderungen in Jordanien im Rahmen des bestehenden Systems, sprich, der König als Staatsoberhaupt blieb auch mit der Verfassungsreform aus dem Jahr 2012 unangetastet. Nicht zuletzt deshalb, weil Demonstrationen, die ein Abdanken des Königs gefordert hätten, weitestgehend unterblieben sind. 

Andererseits kam der König mit mehreren Verfassungsänderungen seither einigen Forderungen der Demonstrierende entgegen. So wurde etwa der Grundrechtskatalog um die Freiheit der Forschung und der Kunst erweitert (Art. 15 Abs. 2 jV), im Rahmen der Vereinigungsfreiheit genießen auch Verbände grundrechtlichen Schutz (Art. Art. 16jV), erstmalig wurde die Unabhängigkeit der Justiz festgeschrieben (Art. 27 jV), ein unabhängiges Verfassungsgericht (Art. 58 ff. jV), schließlich auch die unabhängige Wahlkommission geschaffen. 

Von der Reform unberührt blieben Art. 25 und Art. 26 jV. Die Vorschriften bestimmen jeweils, dass die gesetzgebende Gewalt in den Händen des Königs und des Parlaments (Nationalversammlung) liegt. Die Nationalversammlung setzt sich aus Mitgliedern des Senats und des Abgeordnetenhauses zusammen. Der König übt jedoch die Exekutivgewalt aus. In dieser Eigenschaft ist er der oberste Befehlshaber der Streitkräfte (Art. 32 jV), entscheidet über Krieg und Frieden (Art. 33jV), vor allem aber ernennt und entlässt er die Kabinettsmitglieder (Art. 35 jV). Eine besonders weitreichende Befugnis des Königs ist sein Recht, beide Parlamentskammern (Senat und Abgeordnetenhaus) aufzulösen (Art. 34 jV). Seit dem 12. Oktober 2020 ist Bisher Khasawneh Premierminister von Jordanien.

Das jordanische Zivilrecht ist grundsätzlich ägyptisch beeinflusst. Es gehört damit zum französischen Rechtskreis im weiteren Sinne. Allerdings sind auch englische Einflüsse - gerade was das Wirtschaftsrecht anbelangt - im Vordringen.

Soweit islamisches Recht nicht ins Zivilgesetzbuch eingeflossen ist oder auf andere Art kodifiziert wurde, spielt es - vom Erb- und Familienrecht einmal abgesehen - eine nur noch untergeordnete Rolle in der jordanischen Rechtswirklichkeit. Die Frage nach der Scharia stellt sich nur, soweit der Gesetzgeber etwas nicht ausdrücklich geregelt hat beziehungsweise Lücken oder Interpretationsschwierigkeiten bestehen. Einer bestimmten Rechtsschule wird dabei keine Vorrangstellung eingeräumt, jedoch folgen die jordanischen Rechtslehrenden traditionell dem hanafitischen Ritus.

Seit den 1990er Jahren hat Jordanien im Wirtschaftsrecht zahlreiche Rechtsvorschriften erlassen, die darauf abzielten, ein attraktives Umfeld für ausländische Direktinvestitionen zu schaffen. Denn das kleine arabische Land verfügt nur über wenig eigene Ressourcen wie Phosphat oder Pottasche und ist daher stark auf ausländische Investitionen und internationale Geldflüsse angewiesen.

Die Rechtssetzung in Jordanien ist in mehrere Abschnitte gegliedert. In einem ersten Schritt werden Gesetzesentwürfe dem Ministerrat vorgelegt und vom zuständigen Ministerium geprüft. Im zweiten Schritt entscheidet das sogenannte Gesetzgebungsbüro, in welcher Rechtsform das Gesetz verabschiedet werden soll. Als nächstes wird der Gesetzentwurf dann an das Abgeordnetenhaus weitergeleitet. Dort kann der Entwurf dann angenommen, geändert oder auch abgelehnt werden. Zuletzt muss dann der Senat noch seine Zustimmung erteilen.

Ein Gesetz tritt dann im Anschluss mit der Zustimmung und Unterzeichnung des Königs grundsätzlich 30 Tage nach seiner Veröffentlichung im Gesetzblatt in Kraft. 
 

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