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Branchen | Kanada | Elektromobilität

Die Mobilitätswende in Kanada bietet große Chancen

Bergbaukonzerne nehmen Kanadas Lithiumvorkommen ins Visier. Parallel dazu entstehen dort Gigafabriken. Der Weg zur Autonation dank grüner Mobilität kostet den Staat aber viel Geld.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Posco will in Kanada stärker in Lithiumprojekte investieren. Im November 2023 unterzeichneten die Südkoreaner mit Invest Alberta eine Absichtserklärung: Die staatliche Gesellschaft will Posco unterstützen, unter anderem beim Erwerb der Abbaurechte. Eine ähnliche Absichtserklärung hat bereits im April 2023 das in Kanada ansässige Erschließungsunternehmen LithiumBank Resources mit Invest Alberta geschlossen.

Mehrere Unternehmen entwickeln auch Lithiumprojekte in Saskatchewan, Manitoba und Ontario. Vor allem aber steigt die Zahl der Bergbauanträge in der Provinz Québec. Piedmont Lithium gab im Oktober 2023 eine strategische Investition in ein großes Lithiumprojekt in Neufundland bekannt. 

Langfristige Aussichten für Lithium sind nach wie vor solide

Diese Beispiele belegen: Der Lithiummarkt ist bereit für neues Wachstum, trotz preislicher Herausforderungen. Der Durchschnittspreis für Lithiumcarbonat in Batteriequalität ist 2023 um knapp ein Drittel gesunken – nachdem er sich allerdings 2022 verfünffacht hatte. Das dämpft zwar den Appetit der Investoren, doch dürfte sich der Preis in den nächsten Jahren auf einem immer noch deutlich höheren Niveau einpendeln als von 2019 bis 2021.

Viele Schürfer erwarten Nachfragezuwächse im zweistelligen Prozentbereich – und das pro Jahr, mindestens bis 2030. Denn Lithium wird sowohl für die Produktion von Elektroautobatterien als auch beim Ausbau von Energiespeichersystemen gebraucht. Beide Bereiche versprechen hohes Wachstum.

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Kanadas Regierung hat Lithium nicht nur als kritisches Mineral eingestuft, es bildet auch einen Schwerpunkt in der auf acht Jahre angelegten Critical Minerals Strategy von Dezember 2022: Diese sieht rund 2,8 Milliarden US-Dollar an Bundesmitteln für Schlüsselprojekte vor. Gleichzeitig arbeitet Ottawa daran, Genehmigungsverfahren für Bergbauvorhaben zu vereinfachen. Zudem entwickeln Bundes- und Provinzregierungen milliardenschwere Förderprogramme zum Ausbau der heimischen Batterieproduktion für E-Fahrzeuge.

Bei der Mobilitätswende könnte Kanada eine führende Rolle spielen

Dank seiner Vorkommen an kritischen Mineralien, darunter auch Graphit, Kobalt und Nickel, bietet Kanada die Voraussetzungen zum Aufbau einer kompletten regionalen Lieferkette für E-Auto-Batterien. Die Analysten von BloombergNEF bestätigen das Potenzial: In ihrem globalen Ranking 2023 zu Lieferketten für Lithium-Ionen-Batterien hat Kanada zum ersten Mal China überholt und steht nun auf Platz 1 – obwohl die Produktion dort nur einen Bruchteil der chinesischen ausmacht. Die Rangliste bewertet vielmehr das Potenzial zum Aufbau einer sicheren, zuverlässigen und nachhaltigen Lieferkette.

Daher - und weil Kanada bis 2035 das Verbrenner-Aus plant – kündigen auch Autokonzerne neue Batteriewerke im Land an. Volkswagen und Mercedes-Benz haben dabei die gesamte Wertschöpfungskette für Batterien im Auge, von der Mine bis zur Montage: Bereits 2022 haben die Traditionsautobauer ein Abkommen mit der kanadischen Regierung geschlossen, um sich Zugang zu wichtigen Batterierohstoffen zu sichern.

VW will, mit Blick auf die lokal verfügbaren Rohstoffe und sauberen Strom, in St. Thomas, Ontario, seine erste außereuropäische Gigafabrik hochziehen. Die dort voraussichtlich ab 2027 gefertigten Batteriezellen werden E-Fahrzeuge von Konzernmarken in ganz Nordamerika ausrüsten, so auch von Scout, der neuen US-Marke von VW. Die ersten vollelektrischen SUV und Pick-ups von Scout sollen 2026 in South Carolina vom Band laufen.

Zum Bau einer kanadischen Batteriefabrik hat sich auch ein Konsortium aus Ford Motor und den südkoreanischen Partnern EcoProBM und SK On entschlossen. Standort ist Bécancour, Québec. Lithiumprodukte wird Ford vom Bergbauunternehmen Nemaska Lithium beziehen, das eine Mine im Norden der Provinz erschließen will. Ein ähnliches Projekt verfolgt Stellantis mit LG Energy Solution in Windsor, Ontario. Die Liste geplanter Vorhaben ließe sich fortsetzen. Von deutscher Seite engagiert sich auch BASF: Die Ludwigshafener wollen, ebenfalls in der Provinz Québec, eine Kathodenfabrik errichten.

Angebot für deutsche Unternehmen

Parallel zur Bergbaumesse PDAC in Toronto richtet das Kompetenzzentrum für Rohstoffe und Bergbau der AHK Kanada am 5. März 2024 zusammen mit der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) wieder einen "German Day" aus.

Die Veranstaltung bietet deutschen Unternehmen eine Plattform, um sich mit Vertreterinnen und Vertretern der kanadischen Bergbauindustrie auszutauschen. Im Fokus stehen diesmal kritische Mineralien für Elektrofahrzeuge.

Die Batterieproduktion in Nordamerika profitiert von riesigen Förderprogrammen

Damit profitiert Kanada auch von den Fördermitteln im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA), dem größten Klima- und Energiepaket in der Geschichte der USA. Zwar erwartet der nördliche US-Nachbar dadurch auch negative Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft – insbesondere Abwanderungen in die USA. So musste Ottawa seine Finanzspritze für Stellantis tüchtig aufstocken, um nicht zu riskieren, dass der Konzern seine Fabrik in den USA statt in Kanada baut. Andererseits befeuern die großzügigen Steuerrabatte den E-Auto-Markt in den USA kräftig, sodass auch Kanada positive Spillover-Effekte spürt. Zumal der US-Markt deutlich größer ist als der heimische. 

Ein Vorteil für Kanada ist dabei das CUSMA- oder USMCA-Handelsabkommen: Als Teil des integrierten nordamerikanischen Markts zusammen mit den USA und Mexiko profitiert auch Kanada von Ursprungsregeln und Zollpräferenzen unter USMCA. Das verschafft Batterieanbietern aus Kanada in den USA einen Vorteil gegenüber solchen aus Nicht-USMCA-Staaten. Neue Batteriezellen "made in Canada“ sind daher vor allem für Elektroautos "made in USA" bestimmt.

Erwarteter E-Auto-Boom stellt gewaltige Anforderungen an das Recycling 

Ohne die Rückgewinnung von Batteriematerialien ist ein anhaltender E-Auto-Boom indes nicht denkbar. Doch steckt das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien noch in den Kinderschuhen. In Kanada entwickeln bisher nur Li-Cycle aus Ontario und Toxco-Canada in British Columbia solche Technologien. Li-Cycle kooperiert dabei unter anderem mit der Recyclingfirma Redwood Materials (USA) und dem Logistikanbieter Still (Deutschland). Electra Battery Materials aus Toronto hat sich im November mit Rock Tech Lithium aus Vancouver zusammengetan, um Lithiumrezyklate zu batteriefähigem Lithium zu verarbeiten.

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