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Branchen | Kasachstan | Nahrungsmittelindustrie

Halal-Produkte in allen Lebensbereichen gefragt

In der islamischen Welt ist Halal ein wichtiges Verkaufsargument. Auch in Kasachstan steigen Angebot und Nachfrage. Außerdem will das Land mehr Halal-Lebensmittel exportieren.

Von Jan Triebel | Almaty

In Kasachstan mit seiner mehrheitlich muslimischen Bevölkerung ist das Thema Halal im Alltag präsent. Es gibt an, welche Esswaren, Produkte oder Handhabungen islamkonform und damit "erlaubt" sind. Bei der Umsetzung entsprechender Anforderungen hatte zunächst vor allem die Lebensmittelbranche im Fokus gestanden.

Mittlerweile sind Halal-Zertifikate auch in zahlreichen weiteren Produkt- und Dienstleistungssegmenten anzutreffen. Dazu zählen "zurückgenommene" Mode, Halal-Kosmetika- und Arzneimittel, aber auch islamische Finanzdienstleistungen und muslimfreundliches Reisen.

Der kasachische Markt gilt als ein lohnendes Absatzziel für in- und ausländische Anbieter von Halal-Erzeugnissen. Schätzungen zufolge sind etwa 70 Prozent der kasachischen Bevölkerung Muslime, was annähernd 14 Millionen Menschen entspricht. Insbesondere bei Lebensmitteln gilt ihr Wunsch nach Halal immer häufiger als kaufentscheidend.

Nennenswerte lokale Umsätze mit Halal-Lebensmitteln

Experten schätzen, dass gut ein Viertel des Marktes für Nahrungsgüter und Getränke in Kasachstan auf Halal-Produkte entfallen. Die Gesamtumsätze im Lebensmitteleinzelhandel erreichten im Jahr 2022 umgerechnet gut 12 Milliarden US-Dollar (US$), so die Angaben des nationalen Büros für Statistik Qazstat. Entsprechend dürften die Ausgaben für Halal-Erzeugnisse mehr als 3 Milliarden US$ betragen haben.

Neben den Zulieferungen durch lokale Anbieter nutzen auch zahlreiche internationale Akteure die Absatzchancen. Wichtigstes Lieferland für den kasachischen Lebensmittelmarkt ist traditionell Russland.

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Schwerpunkte im kasachischen Außenhandel mit Nahrunsgmitteln

Kasachstans Exporte von Nahrungsmitteln werden stark von Getreide und Getreideerzeugnissen – darunter hauptsächlich Weizen und Weizenmehl – bestimmt. Auf diese Produktgruppe entfielen im Jahr 2020 nahezu 80 Prozent aller Lieferungen von Nahrungsmittel ins Ausland. Mit etwa 6 Prozent waren Gemüse und Früchte der nächstgrößte Exportposten.


Demgegenüber sind die Nahrungsmittelimporte des Landes wesentlich breiter aufgestellt. Hier entfiel mit gut einem Viertel 2020 der größte Anteil der Gesamteinfuhren auf Gemüse und Früchte. Mit etwa 15 Prozent folgten verschiedene genießbare Waren und Zubereitungen. Dahinter lagen Kaffee und Tee, Fleisch und Zubereitungen von Fleisch, Milch und Milcherzeugnisse sowie Getreide und Getreideerzeugnisse mit Anteilen von jeweils 11 bis 12 Prozent.

Weltweit steigende Nachfrage nach Halal-Nahrungsgütern

Neben der Versorgung des lokalen Marktes durch einheimische Produzenten sieht Kasachstan auch Potenzial für nennenswerte Exporte von Halal-Lebensmitteln. Die Ausfuhren fallen bislang aber noch recht bescheiden aus. Kasachstan fehlt daher in den Top-10 der wichtigsten Exporteure von Halal-konformen Nahrungsgütern für die Märkte der Mitgliedsstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIZ).

Die derzeit 56 OIZ-Länder, Kasachstan zählt seit 1995 dazu, bezogen im Jahr 2020 Halal-zertifizierte Lebensmittel in erster Linie aus Brasilien, Indien und den USA. Hauptabnehmer in der OIZ waren Saudi-Arabien, Indonesien und Malaysia, so der Bericht "State of the Global Islamic Economy 2022" der Marktforschungsfirma DinarStandard.

Sie beziffert das weltweite Marktvolumen für Halal-Lebensmittel 2021 auf knapp 1,3 Billionen US$. Bis 2025 rechnet DinarStandard mit einer Zunahme auf knapp 1,7 Billionen US$.

Mehr Kooperation innerhalb der islamischen Welt

Kasachstan ist Mitglied im The Standards and Metrology Institute for Islamic Countries - einer Unterorganisation der OIZ. Um den Export von Halal-Erzeugnissen zu stimulieren, setzt die kasachische Regierung nicht zuletzt auf die gegenseitige Anerkennung nationaler Standards. Bei Malaysia und Indonesien greifen bilaterale Vereinbarungen dazu bereits seit längerem.

Zu den Erfolgen der Kooperation mit Malaysia zählt beispielsweise, dass die malaysische Aladdin Group mittlerweile mehrere kasachische Hersteller von Halal-Lebensmitteln und anderen entsprechenden Waren listet. Das Unternehmen betreibt das Internetportal Aladdin1.my, das länderübergreifend als wichtiger Vertriebskanal für zahlreiche Halal-Erzeugnisse dient.

Daneben versucht Kasachstan mit dem Thema Halal auch in den arabischen Staaten am Persischen Golf stärker Fuß zu fassen. So ist die staatliche Standardisierungsbehörde KazStandard seit Mai 2022 offiziell in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) akkreditiert. Zudem wird der Dialog zu Halal-Standards mit dem Golfemirat Katar intensiviert.

Zahlreiche Halal-Standards bereits in Kraft

Um sein Exportpotenzial zu stärken, hat Kasachstan in den letzten Jahren zahlreiche neue Standards für verschiedene Branchen mit Halal-Bezug entwickelt. Ende Oktober 2022 galten insgesamt 13 entsprechende nationale Standards. Weitere 16 Standards wurden auf nationaler und internationaler Ebene abgestimmt.

Von den bereits verabschiedeten Standards betreffen fünf den Bereich Lebensmittel. Für Kosmetika und Tourismus nach Halal-Grundsätzen liegen mittlerweile je zwei Standards vor. Weitere drei kasachische Halal-Standards widmen sich allgemeinen Regeln zur Konformität sowie einer dem Gastgewerbe.

Zwei Anlaufstellen für Zertifizierung

Zertifizierungen nach Halal-Standards führen in Kasachstan hauptsächlich die Vereinigung der kasachischen Halal-Industrie (AHIK) und das Unternehmen Halal damu durch. Beide agieren in enger Abstimmung mit der Religiösen Verwaltung der Muslime Kasachstans.

Die Halal-konforme Produktion in verschiedenen Branchen hat in den letzten Jahren spürbar zugenommen. Die Zahl der entsprechend spezialisierten Firmen liegt mittlerweile landesweit bei annähernd 1.000. Etwa 200 von ihnen haben ein Zertifizierungsverfahren der AHIK durchlaufen. Halal damu führt auf seiner Internetpräsenz unter "erteilte Zertifikate" rund 700 Unternehmen auf.

Halal-Zertifikat bei Restaurants gefragt

Auch im kasachischen Gastgewerbe ist Halal-Konformität ein wichtiges Thema. Landesweit wurden rund 200 Restaurantbetreiber bereits durch AHIK und Halal damu zertifiziert. Dazu zählt beispielsweise auch der lokale Franchisepartner der internationalen Fastfood-Kette KFC mit etwa 70 Restaurants in ganz Kasachstan.

Das islamische Finanzwesen ist in Kasachstan aktuell mit zwei Banken vertreten: der islamischen Bank Al-Hilal (Vereinigte Arabische Emirate; VAE) und der kasachischen Zaman Bank, an der die Islamische Entwicklungsbank beteiligt ist.

Halal-Siegel für Impfstoff gegen Covid-19

Eine zunehmend wichtigere Rolle spielen darüber hinaus auch Halal-Arzneimittel. Als einer der Meilensteine gilt dabei das Halal-Zertifikat von Halal damu für den ersten kasachischen Coronaimpfstoff QazVac des Unternehmens OtarBioPharm.

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