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Rechtsbericht Katar Coronavirus

Katar: Coronavirus und Verträge

Katar ist ein nicht zu vernachlässigender Handelspartner Deutschlands im Nahen Osten. Was passiert nun, wenn Verträge wegen der Covid-19-Pandemie nicht mehr erfüllt werden können?

Von Jakob Kemmer | Bonn

Einleitung

Das Coronavirus hat Unternehmen auf der ganzen Welt, und damit auch im Staat Katar, vor große Herausforderungen gestellt.

In dem kleinen Land am Persischen Golf hat sich die Pandemie auf Unternehmen ausgewirkt, die in verschiedenen Branchen tätig sind - von Veranstaltungen über den Einzelhandel bis hin zum Baugewerbe und anderen. Unternehmen, die jetzt nicht mehr in der Lage sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen, oder die der Meinung sind, dass die Erfüllung ihrer Verpflichtungen für sie eine außergewöhnliche Belastung darstellen würde, können verschiedene Optionen im Rahmen ihrer Verträge und des Gesetzes erwägen.

Schritt eins: Was sagt der Vertrag?

Die meisten Verträge enthalten eine Klausel über höhere Gewalt, die vor allem Risiken abdeckt, die nicht versichert werden können. Es ist in der Region üblich, Klauseln über höhere Gewalt in Standardverträge zu integrieren. Das Konzept der höheren Gewalt ist in Katar und auch in anderen arabischen Zivilrechtsordnungen anerkannt.

Klauseln über höhere Gewalt können sich im Detail auf Einzelheiten des Vertrags richten, für die sie von besonderer Relevanz sein könnten. Insbesondere schreibt das katarische Recht nicht vor, was höhere Gewalt ist. Die Parteien sind daher in der Lage, in ihren Verträgen festzulegen, welche Ereignisse als höhere Gewalt zu betrachten sind (z.B. eine Pandemie.). Unbedingt mit geregelt werden sollten dabei die Rechte und Ansprüche, die jede Partei nach ihrer Vereinbarung hätte, sollte ein solches Ereignis eintreten.

Schritt zwei: Was sagt das anwendbare Recht?

Das katarische Recht bietet im Zivilgesetzbuch des Landes zwei Optionen, die für die Erfüllung von Verpflichtungen unter solchen Umständen gelten können: den Begriff der außergewöhnlichen Umstände und den der höheren Gewalt.

Außergewöhnliche Umstände

Im katarischen Zivilgesetzbuch beschreiben mehrere Bestimmungen die Rechte der Vertragsparteien, von vertraglichen Verpflichtungen befreit zu werden, wenn bestimmte Ereignisse eintreten. Artikel 171 gibt einen Überblick:

„Pacta sunt servanda – Ein ordnungsgemäß zwischen den Parteien geschlossener Vertrag muss eingehalten werden und die Nichterfüllung der jeweiligen Verpflichtungen stellt eine Verletzung dieses Vertrags dar. Ein solcher Vertrag kann nur im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien oder aus gesetzlich vorgesehenen Gründen widerrufen oder geändert werden.

Wenn jedoch infolge außergewöhnlicher und unvorhersehbarer Ereignisse die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung zwar nicht unmöglich, aber übermäßig belastend wird, so dass dem Schuldner ein exorbitanter Schaden droht, kann der Richter nach Maßgabe der Umstände und unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien die übermäßige Verpflichtung auf ein angemessenes Maß reduzieren.“

Gemäß dieses Art. 171 sind mehrere Schlüsselbegriffe wichtig.

Erstens muss das maßgebliche Ereignis "außergewöhnlich und unvorhersehbar" sein.

Zweitens muss zwischen einem „außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis" und einer „belastenden Verpflichtung“ Kausalität festgestellt werden.

Und drittens müssen die negativen Auswirkungen für die um Abhilfe ersuchende Partei "übermäßig belastend" sein und die Gefahr eines "exorbitanten Verlusts" darstellen. Eine bloße Erhöhung der Kosten oder Schwierigkeiten, die durch ein außergewöhnliches Ereignis verursacht wird, dürfte der belasteten Partei keinen Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz geben. Der Vertrag muss tatsächlich und wesentlich beeinträchtigt sein.

Höhere Gewalt

Artikel 188 des Zivilgesetzbuches befasst sich mit einem separaten, aber verwandten Begriff - höhere Gewalt.

„In gegenseitigen Verträgen, in denen die Erfüllung einer Verpflichtung durch eine Partei wegen Unmöglichkeit der Erfüllung aufgrund eines Ereignisses höherer Gewalt, das außerhalb der Kontrolle des Verpflichteten liegt, erlischt diese Verpflichtung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen ebenfalls und der Vertrag gilt von Rechts wegen als aufgelöst.

Das katarische Recht legt nicht ausdrücklich fest, ob Ausbrüche von Epidemien oder Pandemien automatisch als Ereignisse höherer Gewalt gelten. Es ist jedoch grundsätzlich möglich und denkbar, dass in bestimmten Fällen die COVID-19-Pandemie oder auch die von der Regierung in diesem Zuge angeordneten Maßnahmen, als Ereignis höherer Gewalt im Sinne des katarischen Rechts gelten. Der Grundsatz bleibt aber, dass die Vertragsklausel vor Ausbruch der Pandemie aufgesetzt worden sein muss.

Schadensersatz

Der Schwerpunkt bei Ereignissen höherer Gewalt liegt zwar zu einem großen Teil auf der Beendigung des Vertrages oder einer gerichtlich angeordneten Änderung. Darüber hinaus befasst sich Art. 204 des Zivilgesetzbuches auch noch mit einem anderen damit zusammenhängenden Begriff – Schadensersatz.

„Weist eine Person nach, dass ein Schaden aus einem Grund entstanden ist, der sich ihrer Kontrolle entzieht, wie höhere Gewalt, ein unvorhergesehenes Ereignis oder das Verschulden des Opfers oder eines Dritten, so haftet diese Person nicht für solche Schäden, es sei denn, es gibt eine gegenteilige Bestimmung.“

Ergänzend zum Zivilgesetzbuch enthält das Handelsgesetzbuch von Katar Regelungen zu höherer Gewalt. Artikel 176 beispielsweise, der sich mit Import-/Exportfragen befasst, regelt eine Ausnahme des Gefahrübergangs bei einer sogenannten Schickschuld im internationalen Warenverkehr. Nach dieser Vorschrift erhält ein Frachtführer keine Bezahlung für die Beförderung von Gütern, die durch höhere Gewalt untergegangen sind.

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