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In Kenias IT kommt einiges aus China: Beim Bezahldienst M-Pesa die Technik, beim Fintech-Start-up das Kapital und auf dem Handy die Musik-App. Das Farming ist noch nicht so smart.
08.12.2020
Von Ulrich Binkert | Bonn
Nach Meldungen vom Februar 2020 vergab der Fonds Future Hub des marktführenden chinesischen Handyherstellers Transsion erstmals in Afrika Startkapital an ein Fintech-Unternehmen. Demnach investierte „der erste chinesische Akzelerator in Afrika“ in das in Kenia und Singapur angesiedelte Start-up Wapi Pay. Mit Wapi Capitel, dem Eigner von Wapi Pay, will Future Hub afrikanische Fintech-Start-ups mit Eigenkapital bis jeweils 100.000 US-Dollar (US$) ausstatten.
In Kenias Mobil-Fintechsektor, der zumindest regional als führend gilt, sind auch chinesische Unternehmen aktiv. Ein Grund sind die finanziellen Ströme aus den umfangreichen chinesischen Geschäften in Kenia und den chinesischen Lieferungen an kenianische Kunden über Plattformen wie Alibaba.
Nach einem aktuellen Report der Boston Consulting Group ist Kenia auf globaler Ebene das Land, in dem mobiles Bezahlen am weitesten verbreitet ist - nach China und vor Ghana. Kenias M-Pesa-Dienst, 2007 weltweit der erste geschäftlich erfolgreiche mobile Bezahldienst, migrierte 2015 sämtliche Kunden zu einer Plattform von Huawei - mit Servern in Kenia statt, wie davor, in Deutschland.
Huawei betreut und modernisiert seither die Technik des Dienstes. M-Pesa hatte im Juni 2020 unter Kenias Bezahldiensten mit 30,2 Millionen Nutzern einen Marktanteil von 99 Prozent. Rechnerisch nutzten damit 62 Prozent aller Kenianer das Programm, das vom führenden Telekomdienstleister Safaricom und dessen südafrikanischem Anteilseigner Vodakom betrieben wird.
M-Pesa ist seit 2019 durch eine Vereinbarung mit Ant Financial auch eine Bezahloption für Aliexpress. Seit Ende 2018 können die Nutzer des Dienstes Geld ins chinesische WeChat Pay-System transferieren. Nach Presseberichten können seit 2019 auch Kunden der in Kenia ansässigen Institute Barclays und Equity Bank WeChat Pay und Alipay nutzen, zumindest wurden Pläne hierfür bekanntgegeben. Bereits Ende 2018 gab es Meldungen über eine Nutzung von WeChat Pay durch Kenias Family Bank und das Start-up SimbaPay.
Die Kenya Bankers Association will mit Huawei-Technologie die „finanzielle Inklusion“ im Land vertiefen: Der chinesische Konzern unterstützt den Verband nach einer Vereinbarung vom September 2020. In Ausbildungsprogrammen bis 2023 geht es zum Beispiel um branchenrelevante IT-Programme.
In Lamu setzte Huawei ab 2016 ein Telemedizin-Projekt um. Zusammen mit Safaricom und anderen Partnern verband das Unternehmen 40 medizinische Einrichtungen zu einer „Digitalen Klinik“. Über 200.000 Personen in der schlecht versorgten Gegend an Kenias nördlicher Küste müssten für Diagnose oder Behandlung jetzt nicht mehr so weit reisen. Die chinesische Plattform WeDoctor organisierte im Mai 2020 mit UNAIDS ein Webinar für Ärzte über Chinas Erfahrungen mit Covid-19.
In Kenias Landwirtschaft gibt es Ansätze des Smart Farming, eine chinesische Beteiligung daran ist aber nicht bekannt. Das Telekomunternehmen Liquid Telecom meldete unlängst ein Precision-Farming-Projekt mit dem Nahrungsmittelherstellers Bidco, das auf Liquids IoT-Netzwerk (Internet of Things) basiere. Solch ein Netzwerk habe man bereits zuvor für Zuchtfischer in Westkenia bereitgestellt. Safaricom unterstützt Bauern mit seiner „DigiFarm“, etwa bei der Auswahl der anzubauenden Kulturen und dem Transfer von Erzeugnissen zu den Märkten. Mit Chinesen kooperiert der Konzern nach Angaben eines Sprechers bei dem „einfachen System“ nicht.
Alibaba Cloud will mit Kenias Tourismusministerium das „Kenya Wildlife Protection Project“ unterstützen. Sensoren an Tieren sowie Drohnen, intelligente Wetterstationen und andere Geräte sollen zusammen mit künstlicher Intelligenz die Wildtierbestände überwachen. Zu dieser Unternehmensmeldung vom September 2018 liegen allerdings keine aktuellen Informationen vor.
Informationen der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua finden sich gedruckt oder online in kenianischen Zeitungen. Für China Radio International, das auf Englisch, Suaheli und Mandarin sendet, war Nairobi 2006 die erste Station im Ausland.
Als Kenias Fernsehen vom analogen auf das digitale Signal umstellte, war die chinesische Pan-Africa Network Group (PANG) eines von zwei Rundfunkunternehmen mit einer Betriebslizenz. Bereits 2013 vermeldete PANG, 70 Prozent der Bevölkerung hätten nun Zugang zum digitalen Signal.
Das chinesische Medienunternehmen StarTimes, Anteilseigner von PANG und ein führender Pay-TV-Anbieter in Afrika, hat in Kenia 1,4 Millionen Abonnenten, so ein Bericht des US-Atlantic Council vom Mai 2020. Das einfachste StarTimes-Digitalpket „Nyota“ war 2019 bereits für rund 2,50 US$ zu haben, während beispielsweise das südafrikanische DsTV fast 10 US$ kostet.
StarTimes wurde laut Atlantic Council als alleiniger Durchführer des 10.000-Dörfer-Programms ausgewählt, das Digitalfernsehen in Afrika verbreitet. Für Kenia vermeldete Xinhua Ende 2019 den Abschluss des Programms, das in 47 kenianischen Landkreisen aktiv war. Nach einer Meldung vom September 2019 waren bis dato 16.000 Haushalte und 2.400 öffentliche Einrichtungen Teil des Projekts.
Die Musik-App Boomplay hatte Ende 2019 in Kenia 5,3 Millionen Nutzer. An der Plattform ist der chinesische Handyhersteller Transsion beteiligt. Transsion ist Handy-Marktführer in Kenia und installiert Boomplay standardmäßig auf seinen Geräten.
Für Mitte November 2020 war in Kenia das China-Africa Media Cooperation Forum 2020 geplant. Als Grund für die Wahl Kenias als Gastgeberland der Veranstaltung gilt die relativ innovative und professionelle Medienlandschaft des Landes. In Kenia gibt es Presseberichten zufolge fast 200 Radiostationen und 92 Fernsehsender sowie rund 100 nennenswerte Print- und Onlinepublikationen; Internet und Handys werden stark genutzt. Bei der nächsten Konferenz der Chinesisch-Afrikanischen Kooperation (FOCAC) 2021 soll auch das Thema Medien eine große Rolle spielen.
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