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Kolumbiens Markt für Medizintechnik ist aussichtsreich

Kolumbiens Gesundheitssektor bietet langfristig gutes Potenzial. Deutschland ist bereits ein wichtiger Lieferant von Medizintechnik. Eine geplante Reform birgt jedoch Risiken.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Mit mehr als 50 Millionen Einwohnern ist Kolumbien ein bedeutender Absatzmarkt für Medizintechnik. Rund 95 Prozent der Bevölkerung sind krankenversichert. Gleichzeitig nehmen chronische Erkrankungen wie Krebs und Diabetes zu. Das erhöht langfristig die Nachfrage nach Medizinprodukten.

Laut Angaben von Fitch Solutions lag das Marktvolumen für Medizintechnik in Kolumbien 2021 bei 1,4 Milliarden US-Dollar (US$). Bis 2026 könnte es auf fast 1,6 Milliarden US$ steigen.

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Da der kolumbianische Medizintechnikmarkt auch in Zukunft auf Importe beziehungsweise die Produktion ausländischer Unternehmen vor Ort angewiesen sein dürfte, bestehen langfristig gute Chancen für deutsche Unternehmen. Vor allem plastische Chirurgie, Zahnmedizin und E-Health werden nach Einschätzung von Experten in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Ein kleiner, aber fortschrittlicher privater Gesundheitssektor bietet zusätzliche Absatzmöglichkeiten für hochwertige Spezialprodukte. Fünf private Fachkliniken aus Kolumbien befinden sich auf der Liste der zehn besten Krankenhäuser Lateinamerikas.

Staat plant höhere Ausgaben

Die Gesundheitsinfrastruktur insgesamt ist aber noch stark ausbaufähig. Die Haushaltsplanung für 2023 sieht deshalb 50 Billionen kolumbianische Pesos (rund 11,5 Milliarden US$) für den Gesundheitssektor vor, rund 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Rund 276 Millionen US$ werden dabei für die Stärkung der Krankenhausinfrastruktur eingesetzt. Vor allem in der Hauptstadt Bogotá investiert das Land in zahlreiche Krankenhäuser, insbesondere in ärmeren Stadtteilen.

Der zunehmende Fokus auf den Gesundheitssektor dürfte weiterhin öffentliche Investitionen, Sozialausgaben und Reformvorhaben vorantreiben. Nach Schätzungen des britischen Informationsdienstleisters Economist Intelligence Unit werden die Gesundheitsausgaben in den kommenden Jahren bei rund 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verharren. Aufgrund des erwarteten Wirtschaftswachstums sollen sie bis 2027 auf knapp 34 Milliarden US$ ansteigen.

Krankenhausprojekte in Bogotá

Projekt (Kapazität)

Investitionssumme (in Mio. US-Dollar)

Projektstand

Projektträger

Bosa (215 Betten, 30.000 m²)

145

Im Bau, Fertigstellung 2023

Concesión Hospital de Bosa (Grupo Ortiz)

Santa Clara (312 Betten, 38.000 m²)

138

Vorbauphase, Betrieb ab 2029

Copasa

Simón Bolívar (408 Betten, 49.300 m²)

135

Validierungsphase, Dokumentenprüfung, Zeitplan steht nicht fest

Bürgermeisteramt Bogotá

Usme (221 Betten, 33.345 m²)

76

Im Bau, Fertigstellung 2023

Consorcio Nuevo Hospital de Usme (Powerchina, Jber)

Quelle: BNamericas Januar 2023

Knappe Kassen und teure Importe belasten den Sektor

Kolumbiens Gesundheitssystem gilt als bürokratisch und ineffizient. Finanzielle Probleme der Gesundheitsversicherungen (Entidades Promotoras de Salud/EPS) belasten das System zusätzlich. Zwar soll das Maßnahmenpaket "Acuerdo de Punto Final" der Vorgängerregierung die Schulden des Gesundheitssystems tilgen. Kritiker halten das Instrument jedoch für unzureichend. 

Aufgrund der schlechten finanziellen Lage vieler Kliniken (Instituciones Prestadoras de Servicios/IPS) könnten sich die Krankenhäuser zudem mittelfristig mit Neuinvestitionen zurückhalten. Die deutliche Abwertung des Peso seit Mitte 2022 treibt die Kosten für importierte Produkte zusätzlich in die Höhe. Das geringere Wachstum der Wirtschaft und des privaten Konsums im Jahr 2023 wird sich auf den Medizintechnikmarkt auswirken.

Deutschland ist drittwichtigster Lieferant

Kolumbien importiert über 80 Prozent seines Bedarfs an Medizintechnik aus dem Ausland. Innerhalb Lateinamerikas ist das Land der drittgrößte Abnehmer. Die wichtigsten Lieferanten von Medizintechnik sind laut dem Fachverband "Cámara Dispositivos Médicos e Insumos para la Salud" die Unternehmen Baxter, Siemens Healthcare, GE Healthcare, Fresenius, Covidien, Johnson & Johnson und Philips.

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Deutschland hatte 2021 einen Anteil von rund 9 Prozent an den gesamten kolumbianischen Medizintechnikimporten und lag damit auf Platz drei hinter den USA und China. Unter den großen Volkswirtschaften Lateinamerikas ist Kolumbien das Land mit dem zweitgrößten deutschen Lieferanteil. Nur in Brasilien hat Deutschland einen höheren Anteil an den Gesamtimporten. 

Auswahl multinationaler Hersteller von Medizintechnik in Kolumbien

Unternehmen (Land)

Umsatz in Mio. US$ (Jahr)

Anmerkung

Baxter (USA)

176 (2020)

Produziert Seren und Geräte in Cali

3M (USA)

113 (2019)

Produziert Atemwegsprodukte und Schleifmittel in Siberia (Cundinamarca)

Johnson & Johnson (USA)

94 (2021)

Produziert unterschiedliche Medizinprodukte in Yumbo

Siemens Healthineers (Deutschland)

74 (2018)

Produziert verschiedene Medizinprodukte in Tenjo

Fresenius Medical Care (Deutschland)

k.A.

Produziert Dialyseprodukte in Bogotá

B.Braun (Deutschland)

37 (2020) *)

Produziert Nahtmaterial in Mosquera, Vertrieb und Servicecenter

BSN/Essity (Deutschland/Schweden)

25 (2017)

Produziert Klebeverbände in Yumbo

Vygon (Frankreich)

8 (2018)

Produziert diverse Medizinprodukte in Barranquilla

* 2022 Verkauf der Dialysesparte in KolumbienQuelle: Fitch Solutions 2022; Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Deutsche Unternehmen sind vor allem in den Bereichen diagnostische Bildgebung (15 Prozent Marktanteil) und Dentalprodukte (10 Prozent) stark vertreten. Sie gelten häufig als Marktführer. Fresenius Medical Care und Siemens Healthineers betreiben Fabriken in Bogotá und Umgebung.

Lokale Produzenten sind meist kleine Unternehmen in Bogotá und Antioquia. Sie stellen in der Regel Verbrauchsmaterialien und technologisch einfache Produkte her. Größere nationale Akteure sind beispielsweise der Gummi- und Kunststoffhersteller Eterna, Procaps im Bereich Pharma und Medizintechnik sowie New Stetic für Dentalprodukte. 

Reformpläne sorgen für Aufregung

Der seit Juni 2022 amtierende linksgerichtete Präsident Gustavo Petro will das Gesundheitssystem reformieren. Er will die verschuldete EPS durch eine staatliche Gesundheitskasse ersetzen. Experten warnen, dass dadurch Ineffizienz und Korruption zunehmen könnten. Deutschen Unternehmen würde das Geschäft erschwert. Bisher hat sich innerhalb und außerhalb des kolumbianischen Parlaments erheblicher Widerstand geregt. Das Vorhaben führte zu Ministerwechseln und zum Bruch der Regierungskoalition. Beobachter gehen davon aus, dass die Reform den Kongress wahrscheinlich nur stark verwässert oder gar nicht passieren wird. 

Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Kolumbien

Indikator (Jahr, Messeinheit)

Wert

Einwohnerzahl (2022 in Mio.)

51,9

Bevölkerungswachstum (2022 in % p.a.)

0,3

Altersstruktur der Bevölkerung (2022)

   Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

21,3

   Anteil der über 65-Jährigen (in %)

9,0

Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2020 in Jahren)

75

Gesundheitsausgaben pro Kopf (2022 in US$)

520

Anzahl der Krankenhäuser (2022)

1.126

Anzahl der Krankenhausbetten (2022)

87.962

Anzahl der Ärztinnen und Ärzte (2022)

200.190

Quelle: Fitch Solutions 2022; Weltbank Januar 2023

Kolumbien setzt auf Digitalisierung des Gesundheitswesens

Das kolumbianische Gesundheitssystem ist überwiegend in öffentlicher Hand. Der Sektor ist unterfinanziert. Allerdings hat die Politik den Fokus auf den Gesundheitsbereich in den letzten Jahren verstärkt. Mit der Resolution 866 von 2021, dem nationalen Telegesundheitsplan 2021-2030 und einer entsprechenden Roadmap soll der Sektor zunehmend digitalisiert werden. Diese wichtigen Instrumente sollen den ungleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung verringern. Laut dem Medizintechnikhersteller Philips ist Kolumbien bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens weiter fortgeschritten als andere Länder der Region.

Weitere Informationen zu den Rahmenbedingungen der Branche finden Sie in den Publikationen Branche kompakt Medizintechnik Kolumbien und einer Studie zum kolumbianischen Gesundheitsmarkt.

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