Recht Kompakt | Kroatien | Vertragsrecht
Vertragsrecht bei Dienstleistungserbringung in Kroatien
Das kroatische Zivilrecht ähnelt von seinen Grundzügen her dem deutschen Vertragsrecht.
14.02.2022
Von Marcelina Nowak, Dmitry Marenkov
Vertragsarten
Ebenso wie in Deutschland zählen auch im Bereich der Dienstleistungserbringung sicherlich der Werkvertrag (ugovor o djelu) und der Kaufvertrag (ugovor o kupoprodaji) zu den wichtigsten Vertragsarten. Das kroatische Gesetz über Schuldverhältnisse, welches das dortige Vertragsrecht regelt, beinhaltet aber noch zwei weitere Vertragstypen, die für den deutschen Dienstleistungserbringer von besonderem Interesse sein könnten: den Vorvertrag (predugovor) und den Bauvertrag (ugovor o građenju).
Der Vorvertrag stellt eine Vorstufe des eigentlichen (Haupt-)Vertrages dar. Durch den Vorvertrag wird die Verpflichtung übernommen, später den Hauptvertrag abzuschließen. Bereits im Vorvertrag sind die wesentlichen Bestandteile des späteren Hauptvertrages enthalten. Zu beachten ist, dass der Vorvertrag den gleichen Formerfordernissen unterliegt, wie der Hauptvertrag. Verweigert eine Partei später den Abschluss des Hauptvertrages, so kann die andere Partei den Vertragsabschluss gerichtlich durchsetzen. Die gerichtliche Geltendmachung dieses Anspruchs muss innerhalb von sechs Monaten erfolgen, gerechnet ab dem Tag, an dem der Hauptvertrag hätte geschlossen werden müssen. Die Weigerung einen Hauptvertrag abzuschließen ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Umstände sich derart geändert haben, dass bereits der Vorvertrag nicht abgeschlossen worden wäre, hätten diese Umstände bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vorvertrages vorgelegen.
Der Bauvertrag indes ist eine besondere Form des Werkvertrages. Für diese Vertragsart ist charakteristisch, dass der Unternehmer sich verpflichtet, einen bestimmten Bau gemäß einem bestimmten Projekt in der vereinbarten Frist auf einem bestimmten Grundstück zu errichten. Ein Bauvertrag liegt auch dann vor, wenn bereits an einem bestehenden Bau oder auf einem Grundstück sonstige Arbeiten durchgeführt werden. Bauverträge unterliegen einem Schriftformerfordernis. Dies bedeutet somit, dass auch der Vorvertrag zu einem Bauvertrag dem Schriftformerfordernis unterfällt. Unter dem Begriff "Bau" werden im kroatischen Recht Gebäude, Dämme, Brücken, Tunnel, Wasserleitungen, Kanalisationen, Straßen, Eisenbahnstrecken, Brunnen und andere Bauten verstanden, deren Ausarbeitung größere und komplexere Arbeiten erfordern.
Anwendbares Recht
Unternehmer, die Dienstleistungen in Kroatien erbringen oder erbringen wollen, müssen sich vorab die Frage stellen, welches Recht in einem eventuellen Rechtsstreit zur Anwendung kommen soll. Der deutsche Unternehmer hat hier gewisse Steuerungsmöglichkeiten, mit denen er das für sich günstigere Recht als anwendbares Recht bestimmen kann. Wird die sogenannte Rechtswahlklausel nicht (wirksam) in einen Vertrag aufgenommen, so ist es möglich, dass neben dem kroatischen und deutschen Recht auch das sogenannte UN-Kaufrecht zur Anwendung kommen kann.
Das UN-Kaufrecht ist bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen und bestimmten Werklieferungsverträgen zwischen zwei Unternehmern anwendbar. Ausgenommen von der Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts sind solche Werklieferungsverträge, bei denen der Besteller keinen wesentlichen Teil der für die Herstellung oder Erzeugung des Werkes notwendigen Stoffe selbst zur Verfügung gestellt hat. Schließen die Parteien im Vertrag die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts nicht ausschließlich aus, so wird dieses automatisch zum anwendbaren Recht. Dies bedeutet, dass Fragen nach dem Vorliegen eines Mangels, der Rügepflichten oder nach der Ausübung von Gewährleistungsrechten nicht nach deutschem oder kroatischem Recht beantwortet werden, sondern nach den Vorschriften des UN-Kaufrechts. Lediglich in Angelegenheiten der Verzugszinsen oder der Frage nach der Verjährung des geltend gemachten Anspruchs käme das nationale Recht zur Anwendung.
Sind die Regelungen des UN-Kaufrechts nicht anwendbar, ist sowohl in Deutschland als auch in Kroatien auf die sogenannte europäische "ROM-I-Verordnung" zurückzugreifen. Nach dieser Verordnung wird das anwendbare Recht für die vertraglichen Schuldverhältnisse bestimmt, für die keine Rechtswahl getroffen wurde. Die Verordnung führt hierzu beispielsweise aus, dass bei einem Kaufvertrag über bewegliche Sachen das Recht des Landes zur Anwendung kommt, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dienstleistungsverträge unterliegen dem Recht des Staates, in der der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Anderslautende Regelungen gelten indes im Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher. Hier kommt grundsätzlich das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Staat ausübt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder eine solche Tätigkeit auf irgendeine Weise auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten (einschließlich des betroffenen Staates) ausrichtet.
Schriftformerfordernis
Grundsätzlich unterliegen Verträge in Kroatien nicht dem Schriftformerfordernis. Wie allerdings das Beispiel des Bauvertrages gezeigt hat, gibt es hiervon auch Ausnahmen. Dazu zählen neben dem Vertrag über Handelsvertretungen (ugovor o trgovinskom zastupanju) und den Grundstückskaufverträgen (ugovor o kupoprodaji nekretnine), insbesondere die Sicherungsmittel wie Bürgschaften (jamstvo), Bankgarantien (bankarska garancija) und Kreditverträge (ugovor o kreditu). Darüber hinaus ist vor allem im kroatischen Gesellschaftsrecht davon auszugehen, dass die Gründung einer jeden Kapitalgesellschaft in Kroatien der notariellen Beglaubigung des jeweiligen Gesellschaftsvertrages beziehungsweise der Satzung bedarf.