Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Special | Kroatien | Klimawandel lokal

Kroatien muss Milliarden in Klimaschutz investieren

Der Mittelmeeranrainer bekommt die Folgen des Klimawandels deutlich zu spüren. Das Land will Maßnahmen ergreifen, um die Wirtschaft bis 2050 klimaneutraler zu machen.

Von Snjezana Buhin Peharec, Waldemar Lichter | Zagreb

Kroatien hat von 1980 bis 2020 infolge extremer Wetter- und Klimaereignisse Schäden von insgesamt 2,9 Milliarden Euro oder 643 Euro pro Kopf erlitten. Das berechnete die Europäische Umweltagentur. Es war eine der drei höchsten Schadensquoten in der Europäischen Union (EU) gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Strategie bis 2040 verabschiedet

Bis 2040 plant die Regierung zahlreiche Maßnahmen, um Kroatien an den Klimawandel und dessen Folgen anzupassen. Im April 2020 hat das Parlament eine langfristige Strategie dazu verabschiedet.

Vorgesehen sind Maßnahmen in acht Wirtschaftssektoren, die besonders anfällig für Klimaveränderungen sind. So sollen bis 2040 knapp 3,7 Milliarden Euro in den Agrarsektor, in eine klimaresiliente Wasserwirtschaft, in biologische Vielfalt, in das Gesundheitswesen sowie in den Energiesektor und den Tourismus fließen. 

Gleichzeitig will Kroatien seine CO2-Bilanz klimafreundlicher machen. Die von der EU für 2020 gesetzten Energie- und Klimaziele wurden zwar erfüllt, das war aber zum großen Teil der in dem Jahr stark eingebrochenen Wirtschaftsleistung zu verdanken. Zudem wirkt sich der relativ geringe Anteil der Industrie am BIP positiv aus (2020: 12,1 Prozent). 

Energieeffizienz im Gebäudesektor größte "Baustelle"

"Für Kroatien wird die größte Herausforderung bei der Umsetzung des EU-Klimaplans bis 2030 darin bestehen, die Energieeffizienz im Gebäudesektor zu steigern", so Wirtschaftsminister Tomislav Ćorić. 

Energieeinsparung in Gebäuden, Ausbau effizienter Fernwärme- und -kühlsysteme sowie von dezentralisierten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen werden zu den vorrangigen Zielen gehören. Der Gebäudesektor soll zudem ab 2026 in das Emissionshandelssystem einbezogen werden. Das wird zu einer höheren Nachfrage nach innovativen Produkten und zur Verringerung der CO2-Emissionen führen.

Im Juni 2021 wurde die Strategie für kohlenstoffarme Entwicklung verabschiedet. Die Kosten für die dort vorgesehenen Maßnahmen werden bis 2030 auf bis zu 8,8 Milliarden Euro geschätzt. Für den Zeitraum von 2030 bis 2050 kommen weitere 22,3 Milliarden Euro hinzu. Allerdings wurden darin die ambitionierten EU-Klimaziele zur Senkung der Treibhausgasemissionen noch nicht berücksichtigt.

Erneuerbare Energie vor kräftigem Ausbau

Stark ausgebaut wird bis 2030 die Nutzung erneuerbarer Energie. Der Nationale Energie- und Klimaplan geht von einem Investitionsvolumen von 5,7 Milliarden Euro aus. Neue Anlagen mit einer Kapazität von 2.500 Megawatt sollen ans Netz gehen. Auch ein Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze steht an.

Der staatliche Stromkonzern Hrvatska elektroprivreda (HEP) will im Bereich Solarenergie seine Aktivitäten stark erweitern. Bis 2030 werden Fotovoltaikkapazitäten von über 350 Megawatt in Betrieb sein. Der Ausstieg aus der Kohleverbrennung zur Stromerzeugung soll bis 2033 vollzogen sein. Das einzige Kohlekraftwerk des Landes in Plomin soll auf Biomasse und brennbare Abfälle umgestellt werden.

Das Verkehrssystem muss stärker entkarbonisiert werden. Geplant ist, die Elektromobilität voranzutreiben. Außerdem sollen Biokraftstoffe wie Bioethanol und Wasserstoff (insbesondere im Fracht- und Personennahverkehr) verstärkt Verwendung finden. Der Einsatz von kohlenstoffarmem und grünem Wasserstoff soll neben dem Verkehrssektor auch in der Industrie und in anderen Bereichen geprüft und ausgeweitet werden. Die nationale Wasserstoffstrategie formuliert konkrete Ziele und Maßnahmen. Diese dürften von der Regierung noch in der ersten Jahreshälfte 2022 angenommen werden.

Industrie noch wenig bereit zum Klimaschutz

Die verarbeitende Industrie ist für einen großen Teil der Treibhausgasemissionen (2018: 21,1 Prozent) verantwortlich. Sie muss deshalb stärker in kohlenstoffarme Technologien investieren. Vor allem Zement- und Baustoffhersteller sowie die Chemieindustrie können in diesem Bereich bereits einige Projekte vorweisen.

Die Wirtschaft zeigt sich insgesamt allerdings nur wenig bereit zur grünen Transformation. Das hat eine Befragung der Beratungsfirma Apsolon unter kroatischen Unternehmen im Oktober 2021 ergeben. Demnach bereiten nur 27 Prozent von ihnen erforderliche Maßnahmen vor. Ein Viertel der Unternehmen will diese nur mittelfristig oder gar nicht in Angriff nehmen.

Nach ersten Berechnungen der kroatischen Regierung wird die Erfüllung der neuen Auflagen vor allem im Energiesektor erforderlich sein. Der europäische Grüne Deal erfordert bis 2030 zusätzliche Investitionen in Höhe von 20,5 Milliarden Euro. Um Klimaneutralität zu erreichen, müssen kostspielige Technologien wie etwa CO2-Abscheidung und -Speicherung eingesetzt werden. Ein Aktionsplan dazu wird noch ausgearbeitet.

Umfangreiche EU-Förderung

Für den grünen Umbau der Wirtschaft stehen Kroatien umfangreiche Fördergelder aus verschiedenen EU-Töpfen zur Verfügung. So sind dafür bis 2026 aus der Aufbau- und Resilienzfazilität 2,7 Milliarden Euro eingeplant. Aus den Strukturfonds der EU-Finanzperiode 2021 bis 2027 sollen gut 2,1 Milliarden Euro kommen.

Die Regierung sieht dennoch Finanzierungsengpässe. Deshalb hält sie den Einsatz innovativer Finanzinstrumente (wie etwa grüne Anleihen) und ein stärkeres privates Engagement etwa mithilfe des ESCO-Modells (Energy Service Company) für unabdingbar.

All das eröffnet deutschen Unternehmen gute Lieferchancen auf dem kroatischen Markt. "Großes Potenzial für deutsche Anbieter sehen wir vor allem im Abfall- und Recyclingsektor, in der Wasserwirtschaft und bei der Energieeffizienz", so Stefanie Ziska, Geschäftsführerin der AHK Kroatien. Das sind Branchen, für die im Wiederaufbauprogramm der EU für Kroatien umfangreiche Fördermittel bereitgestellt werden.

So stehen allein für die Wasser- und Abfallwirtschaft 859 Millionen Euro zur Verfügung, vor allem für die Recyclinginfrastruktur und Sanierung von Abfalldeponien. Im Bereich Energieeffizienz können mehr als 780 Millionen Euro unter anderem für die Sanierung von Gebäuden abgerufen werden.

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.