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Rechtsbericht | Marokko | Rechtsquellen

Rechtsquellen in Marokko

Unabhängigkeit von den Kolonialmächten Frankreich und Spanien erlangte Marokko im Jahr 1956. Das marokkanische Rechtswesen orientiert sich weitgehend am französischen Recht.

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem, Niko Sievert

Das Königreich Marokko liegt 15 Kilometer von Europa entfernt im Nordwesten Afrikas an der Straße von Gibraltar. Seit 1992 ist das Land eine konstitutionelle Monarchie (Art. 1 der marokkanischen Verfassung - mV). Seit 1999 ist König Mohammed VI. Staats­ober­haupt und gleich­zeitig geistlicher Führer des nord­afri­kanischen Landes.

Der Status des Westsaharagebiets an Marokkos Südgrenze, einer ehemaligen spanischen Provinz, die Spanien 1976 in die Unabhängigkeit entließ, ist wegen des seit den 1980er Jahren andauernden, phasenweise bewaffneten, Territorialkonflikts zwischen Marokko und der dortigen Unabhängigkeitsbewegung Polisario völkerrechtlich ungeklärt. Das UN-Referendum über das Schicksal des Westsaharagebiets steht nach wie vor noch aus. Diplomatische Spannungen zwischen Marokko und Algerien resultieren daraus, dass Algerien die Unabhängigkeitsbewegung unterstützt.

Das marokkanische Parlament besteht gemäß Art. 60 mV aus zwei Kammern, der Nationalversammlung (chambre des répresentants) und dem Senat (chambre des conceillers). Regierungschef ist der Ministerpräsident, den der König gemäß Art. 47 mV unter Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse ernennt – seit September 2021 ist das Aziz Akhannouch von der liberalen Zentrumspartei RNI.

Veranlasst durch den arabischen Frühling in den Nachbarländern folgte den Wirtschaftsreformen der letzten 20 Jahre zur Öffnung des Marktes für ausländische Investoren und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Industrie eine politische Reform in Form der Verfassungsänderung aus dem Jahr 2011. Unter Beibehaltung einiger neuralgischer Kompetenzen wie die Kontrolle über die Streitkräfte (Art. 53 mV), das Recht den Notstand auszurufen (Art. 59 mV) oder das Kabinett aufzulösen (Art. 51 mV), machte Mohammed VI. dem Parlament und der Justiz einige Zugeständnisse, die ihren Status innerhalb des Staatsgefüges aufgewertet haben.

Zur Umsetzung des in der Verfassung von 2011 vorgesehenen Machttransfers ist tatsächlich eine Reihe neuer Gesetze in Kraft getreten. Es handelt sich dabei um sogenannte Lois organiques; das sind Gesetze zur Festlegung der Aufgaben und Befugnisse der Staatsorgane. Aufgrund Art. 87 mV hat das Parlament unter anderem das Loi organique No. 065-13 betreffend die Organisation und Leitung der Regierung und den rechtlichen Status der Mitglieder verabschiedet, ebenso das Loi organiques No. 066-13 betreffend das Verfassungsgericht (Court Constitutionnel). Mit beiden Gesetzen beabsichtigt die Regierung Vorgaben des sogenannten good governance zu verwirklichen. Dazu zählen vor allem Regeln zur Inkompatibilität von Ämtern sowie Regeln zu Nebentätigkeiten.

In Verbindung mit erhöhten Staatsausgaben zur Subventionierung einiger Grundnahrungsmittel sowie Gehaltserhöhungen für öffentliche Bedienstete gelang es der marokkanischen Führung, die kurzzeitig aufgebrandeten Proteste zu befrieden. Traditionell erfreut sich das marokkanische Königshaus einer breiten Zustimmung aus der Bevölkerung, was vor allem für Mohammed VI. gilt, dessen Politik als überaus erfolgreich wahrgenommen wird, zumal im Vergleich mit den Nachbarländern, in denen die politischen Umbrüche stattgefunden haben. Diese politische Stabilität ist in der Region nahezu ein Alleinstellungsmerkmal. Dazu kommt in geografischer Hinsicht die zentrale Lage Marokkos am Mittelmeer, von der aus die unterschiedlichsten Absatzmärkte leicht erreichbar sind. Nach einem beispiellosen rezessiven Schock im Jahr 2020 tritt Marokko seit Beginn des Jahres 2022 in eine Phase der Normalisierung ein, die durch die Verlangsamung der Pandemie, die Erholung des Agrarsektors und die Wiederbelebung der Auslandsnachfrage gekennzeichnet ist. Dennoch bleibt die wirtschaftliche Erholung noch instabil.

Das marokkanische Rechtswesen orientiert sich weitgehend am französischen Recht. Insbesondere das marokkanische Handelsgesetz von 1913 beruht im Wesentlichen auf dem französischen Code de Commerce von 1807. Während auch der Allgemeine Teil des marokkanischen Zivilgesetzbuchs in weiten Teilen dem französischen Zivilgesetzbuch gleicht, finden sich im Besonderen Teil durchaus Elemente aus dem islamischen Recht. Wie in den meisten arabischen Ländern findet darüber hinaus im Bereich des Erb- und Familienrechts eine Form des islamischen Scharia-Rechts Anwendung.

In hierarchischer Reihenfolge kennt das marokkanische Recht an erster Stelle vom König erlassene und vom Parlament verabschiedete Gesetze (Lois), die durch sogenannte Verkündungsgesetze bekanntgegeben werden. Es folgen vom Premierminister auf der Basis der Lois (Gesetze) verabschiedete décrets (Verordnungen). Aufgrund einer Befugnis des Premierministers können auch die jeweiligen Fachminister sogenannte arrêtés (Erlasse) erlassen.

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