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Rechtsbericht | Marokko | Vertriebsrecht

Vertriebsrecht in Marokko

Das marokkanische Handelsvertreterrecht ist im Wesentlichen dem französischem Recht nachempfunden und findet sich im Code de Commerce - HGB.

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem, Niko Sievert

Definition des Handelsvertreters

Handelsvertreter gemäß Art. 393 HGB ist, wer für einen anderen in dessen Namen und auf dessen Rechnung Handelsgeschäfte abschließt, ohne durch einen Arbeitsvertrag gebunden zu sein. Von dieser Definition also gerade nicht erfasst wird etwa der Vertragshändler, da dieser nicht in fremdem Namen und für fremde Rechnung tätig wird. Ferner setzt Art. 393 HGB eine gewisse Dauerhaftigkeit der Vermittlungstätigkeit voraus. Demnach gilt das Handelsvertreterrecht nicht für Vermittler, die nur gelegentlich für den Exporteur tätig sind.

Das marokkanische Recht kennt keine Begrenzung der Handelsvertreteraktivitäten auf marokkanische Staatsangehörige oder auf mehrheitlich in marokkanischer Hand befindliche Gesellschaften. In der Vertragsgestaltung sind Prinzipal und Handelsvertreter weitestgehend frei.

Handelsvertretervertrag

Der Handelsvertretervertrag unterliegt gemäß Art. 397 HGB der Schriftform. Ein Handelsvertreter darf zwar für mehrere nicht aber für konkurrierende Prinzipale tätig sein (Art. 393 Abs. 2 HGB). Der Handelsvertretervertrag ist ein Vertrag, der im beidseitigen Interesse abgeschlossen wird und die Parteien zur Vertragstreue verpflichtet (Art. 395 HGB). Wettbewerbsverbote für die Zeit nach Vertragsende kann sich der Prinzipal nur in den Grenzen des Art. 403 HGB ausbedingen. Jedenfalls darf ein solches Wettbewerbsverbot nicht länger als zwei Jahre dauern. Eine anderslautende Vereinbarung ist ungültig (Art. 403 Abs. 3 HGB).

In Bezug auf Vergütung (Art. 398 HGB), Exklusivitätsvereinbarungen und Beendigung des Vertragsverhältnisses (Art. 396 Abs. 1 HGB) sind die Parteien aber recht frei und die existierenden gesetzlichen Beschränkungen sind wenig überraschend. Gesetzlich geregelt ist etwa, dass der Prinzipal im Fall einer geschlossenen Exklusivitätsvereinbarung dem Handelsvertreter gemäß Art 399 Abs. 2 HGB eine Provisionszahlung auch ohne dessen Beteiligung am Vertragsabschluss schuldet, dass für einen befristeten Zeitraum abgeschlossene Verträge sich bei faktischer Fortführung in unbefristete Verträge umwandeln (Art. 396 Abs. 1 HGB) oder dass Vertreterverträge im Fall grober Pflichtverletzungen des Handelsvertreters einseitig ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden können (Art. 396 Abs. 6 HGB). Im Falle höherer Gewalt ist der Handelsvertretervertrag kraft Gesetz, also automatisch, beendet (Art 396 Abs. 7 HGB).

Eine Rechtswahlklausel im Handelsvertreterrecht ist nicht zulässig; marokkanisches Recht ist im Rahmen der Handelsvertretung daher zwingend vorgeschrieben. Gemäß Art. 404 HGB sind die Regelungen über die Handelsvertretung - auch wenn vertraglich etwas anderes vereinbart wurde - auf jeden Handelsvertretervertrag anzuwenden, der mit einem in Marokko ansässigen Vertreter abgeschlossen worden ist.

Vertragsbeendigung

Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt einen Monat pro Jahr des Bestehens des Handelsvertretervertrages; maximal jedoch drei Monate (Art 396 Abs. 3 HGB). Diese Kündigungsfristen dürfen vertraglich verlängert, aber nicht verkürzt werden; ferner dürfen sie auch nicht in der Weise unterschiedlich ausfallen, dass die Kündigungsfrist des Prinzipals kürzer ist als die des Handelsvertreters. Da das marokkanische Recht die Pflichtverletzungen, die zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen, nicht näher definiert, bietet es sich bereits bei der Vertragsgestaltung an, eine umfangreiche, aber ausdrücklich nicht abschließende Liste von außerordentlichen Kündigungsgründen in den Vertrag aufzunehmen.

Bei Vertragsbeendigung hat der Handelsvertreter in der Regel einen Anspruch auf Schadensersatz und eine Abfindung, wobei das marokkanische Recht diese Ansprüche nicht trennt, sondern unter dem Begriff indemnité compensatrice du préjudice zusammenfasst (Art. 402 Abs. 1 HGB). Dieser Anspruch entsteht allerdings nicht, wenn die Beendigung auf einer schweren Pflichtverletzung des Handelsvertreters beruht oder die Beendigung vom Handelsvertreter ausgeht (Art. 402 Abs. 3 Nr. 1 und 2 HGB). Verlässliche Erfahrungswerte hinsichtlich der genauen Berechnung der Abfindung liegen aber nicht vor. Die Höhe der Abfindung dürfte aber deutlich hinter der in den Golfstaaten üblichen Abfindung zurückbleiben.

Weitere Vertriebsformen

Weitere Vertriebsformen sind der Maklervertrag, geregelt in den Art. 405 ff. HGB, und der Kommissionsvertrag, geregelt in den Art. 422 ff. HGB. Der Makler schließt keine Verträge, sondern vermittelt diese lediglich (Art. 405 HGB), während der Kommissionär im Gegensatz zum Handelsvertreter im eigenen Namen, jedoch auf Rechnung des Prinzipals handelt (Art. 422 HGB).

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