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Special | Marokko | Start-ups

Das Spielfeld für Start-ups im Königreich wächst

Die junge marokkanische Gründerszene stimmt optimistisch. Allerdings sind Herausforderungen zu überwinden, um große Deals einzufahren.

Von Michael Sauermost | Casablanca

Marokkos Start-up-Ökosystem entwickelt sich kontinuierlich weiter. Im internationalen Vergleich ist es jedoch noch nicht sehr ausgereift. Nur wenige Jungunternehmer haben es bislang geschafft, sich auch über die Landesgrenzen hinaus einen Namen zu machen. Dabei mangelt es nicht an Initiativen. Zahlreiche Organisationen - teilweise auch angeschoben durch internationales Engagement - sind auf dem Gebiet aktiv. Es mangelt Kritikern zufolge bisweilen am effizienten Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure wie Unternehmen, Start-ups, Universitäten und nicht zuletzt Investoren.

Regierung schiebt die Entwicklung an

Vor allem Kooperationen zwischen öffentlichem und privatem Sektor werden gefordert. In Anlehnung an die französische Start-up-Plattform La French Tech soll die Initiative Morocco Tech diese Lücke schließen, um Start-ups mit hohem Innovations- und Wachstumspotenzial zu unterstützen. Morocco Tech knüpft an vorherige Programme der Digitalisierung wie Maroc Numeric 2013, Maroc Digital 2020 sowie Pacte Maroc Digital 2021 an.

Das Förderprogramm für Gründer, Tatwir-Startup, wurde im Februar 2021 durch das Industrieministerium ins Leben gerufen. Dadurch soll eine neue Generation für marokkanisches Unternehmertum entstehen. Das Programm des Ministeriums sieht vor, innerhalb von drei Jahren bis zu 5.000 Start-ups in ihrer Frühphase zu unterstützen.

Beteiligt sind die Förderagentur für KMU (Agence nationale pour la promotion de la petite et moyenne entreprise - Agence Maroc PME) sowie der Verband für Start-ups MSEC (Fédération de l’Écosystème Startup du Maroc). MSEC verfügt derzeit über 20 Inkubatoren und Acceleratoren. Insgesamt mehr als 1.500 Start-up-Projekte wurden von ihnen dem Vernehmen nach von der Idee bis hin zur Realisierung betreut.

Marokkos Start-up-Ökosystem hat sich mittlerweile erweitert. Die Coronapandemie hat auch in Marokkos Start-up-Szene zu neuen Entwicklungen geführt. Bei Inkubatoren ist eine physische Präsenz längst nicht mehr Standard. Die bisherige Konzentration der Gründerszene auf Rabat und Casablanca ist Vergangenheit. Auch die regionalen Investitionsgesellschaften (CRI; Centre Régional d´Investissement) haben sich mittlerweile stärker der Start-up-Entwicklung angenommen.

Auswahl an Inkubatoren in Marokko

Name

Fokus

Anmerkungen

La Startup Factory

Innovative Industrielösungen, u.a. Industrie 4.0

Blue Space

Fintech, übergreifend

Inkubator der Bank of Africa Gruppe

New Work Lab

Nachhaltigkeit, Industrie, Mode

Green Business Incubator

Green Tech

Initiiert vom Cluster Solaire

Emerging Business Factory (EBF)

Innovative Sektoren, übergreifend

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Know-how zum Gründen fehlt

Trotz großer Ambitionen blieb das Investitionsvolumen bisher hinter den Erwartungen zurück. Im Global Startup Ecosystems Index 2021 des Forschungszentrums Startup Blink verlor Marokko im Vergleich zu 2020 sogar 12 Plätze und landete im weltweiten Ranking auf Rang 95. Im Städteranking war Casablanca mit Rang 364 noch am besten platziert.

Die lokale Start-up-Community steht vor zahlreichen Herausforderungen. Nach Ansicht der Plattform Seedstars spielt das Bildungssystem eine wesentliche Rolle. Es fördere keine unternehmerische und innovative Denkweise. Außerdem mangele es an praktischem Know-how, wie etwa ein Businessplan erstellt werden sollte.

Des Weiteren zieht das Ausland potenzielle Gründer an. Der marokkanische Job-Vermittler ReKrute geht davon aus, dass 91 Prozent der marokkanischen Fachkräfte im Alter von bis zu 35 Jahren daran interessiert sind, im Ausland zu arbeiten. Jährlich verlassen Schätzungen zufolge 600 junge Ingenieure das Königreich, um Karrierechancen im Ausland zu suchen.

Health Tech, AgroTech und Industrie 4.0

Um Marokko für Gründer attraktiver zu machen, bieten Unternehmen und Organisationen inzwischen gezielt Trainingsprogramme und Bootcamps an. Eines der größten nationalen Unternehmen, Office Chérifien des Phosphates (OCP) fördert etwa Start-ups über das eigene OCP Entrepreneurship Network. Als Gründer der Mohammed VI Polytechnic University unterstützt der staatliche Phosphatriese insbesondere Innovationen im Bereich der Agroindustrie. Im Rahmen der Initiative Plug and Play Morocco geht OCP jedoch noch weiter und fördert etwa Anwendungen im Gesundheitswesen oder im Bereich der Mobilität.

Die Moroccan Agency for Sustainable Energy (MASEN) fördert Start-ups im Bereich der erneuerbaren Energien - hauptsächlich im Rahmen des Cluster Solaire Programms. Die Moroccan Information Technopark Company (MITC) hat mit Unterstützung der Regierung und von Banken sogenannte Technoparks in Casablanca, Rabat, Tanger und Agadir errichtet. Erneuerbare Energien, Informationstechnologie und Telekommunikation stehen dort im Vordergrund.

Im Bereich Industrie 4.0 soll die Fez Smart Factory Start-ups auf den Weg bringen. Rund 11 Millionen US$ werden zunächst in das Projekt investiert. Ab Mitte 2023 sollen neben einer Modellfabrik 4.0 zahlreiche intelligente Fabriken entstehen. Auch als Gründerzentrum soll sich das Gelände der Fez Smart Factory einen Namen machen. Mit der Entstehung von rund 200 industriellen Start-ups wird in den kommenden zehn Jahren gerechnet.

Auswahl an Acceleratoren in Marokko

Name

Fokus

Anmerkungen

Technopark

Technologie, übergreifend

HSeven

Übergreifend

Endeavor

Übergreifend

Startup Maroc

Übergreifend

Betreut unter anderem Start-ups, die über den Fonds Innov Invest laufen.

Happy Ventures

Open Innovation

Kluster CFCIM

Übergreifend

Unterstützt durch die französisch-marokkanische Handelskammer

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Erfolg von Internationalisierung abhängig

Eine stärkere internationale Ausrichtung dürfte für eine expansive Entwicklung des marokkanischen Ökosystems erforderlich sein. Einerseits bietet sich Marokko als Testmarkt an, um dann international weiter zu expandieren. Andererseits stellt die mangelhafte Kooperation in der Maghreb-Region ein Hindernis für das Wachstum dar. Diese Erfahrung hat etwa die Onlinehandelsplattform Chari bei ihrer Expansion nach Tunesien gemacht. Dort musste das Start-up bis auf der Beibehaltung des Namens komplett neu aufgestellt werden.

Auch die Sprache kann entscheidend sein. Gründern, die eine spätere internationale Expansion ins Auge fassen, wird empfohlen, ihr Geschäftsmodell von Anfang an auch auf Englisch, der Sprache der Investoren, zu konzipieren. Eine Reihe von Institutionen und Unternehmen haben diesen Ratschlag auch schon befolgt. Das könnte sich schnell bezahlt machen, denn ein Großteil der Venture-Capital-Fonds ist in anglophonen Ländern ansässig. In jedem Fall dürfte es lediglich mit einer Ausrichtung über die Grenzen des Königreiches hinaus möglich sein, Marokkos erstes Einhorn zu züchten.

Ausgewählte Top Start-ups in Marokko

Name

Kapitalbeschaffung in Mio. US$

Branche

Mubawab

17,0

Online-Marktplatz für Immobilien

S2M Casablanca

14,9

Fintech

Freterium Casablanca

7,3

Logistiklösungen

Chari.ma

5,2

E-Commerce

Waysto Cap

3,1

E-Commerce

Buzzkito

1,7

Co-Working-Space

Atlan Space

1,1

KI für Transport

KoolSkools

0,5

Interaktives Lernen

Quelle: Digest Africa, Startuplist.africa


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