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Rechtsbericht Nigeria Coronavirus
Auch die nigerianischen Unternehmen leiden unter den Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus. Welche Möglichkeiten gibt es bei Insolvenz des nigerianischen Geschäftspartners?
29.06.2020
Von Katrin Grünewald | Bonn
Die von der nigerianischen Regierung getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus bringen viele Unternehmen in Schwierigkeiten. Auch Insolvenzen werden dabei unvermeidbar sein. In diesem Zusammenhang können vermehrt Fragen des nigerianischen Insolvenzrechts aufkommen.
Das auf Unternehmen anwendbare Insolvenzrecht ist in Nigeria insbesondere im Companies and Allied Matters Act (CAMA) geregelt. Vorgesehen sind danach einerseits ein Verfahren zur Liquidation von Unternehmen (liquidation/winding-up) und andererseits eine Art Restrukturierungsverfahren (arrangement). Daneben gibt es auch ein Verfahren der freiwilligen Liquidation (voluntary winding up), das ohne oder mit Unterstützung eines Gerichts durchgeführt werden kann. Hierbei geht es weniger um eine Insolvenz als um die Auflösung einer noch solventen Gesellschaft.
Zuständig für die gerichtliche Liquidation ist in Nigeria der Federal High Court am Geschäftssitz des Unternehmens.
Ein gerichtliches Insolvenzverfahren kann in Nigeria sowohl durch das insolvente Unternehmen selber als auch durch die Gläubiger sowie bestimmte Verfahrensbeteiligte initiiert werden, beispielsweise die Corporate Affairs Commission, die in Nigeria die Gründung und Verwaltung von Unternehmen überwacht. Eine gerichtliche Liquidation ist immer dann anwendbar, wenn das Unternehmen dies in einem Sonderbeschluss festlegt, es seine gesetzlichen Pflichten nicht mehr einhält oder die Gesellschafterzahl unter zwei Personen fällt. Auch aus einer Situation, wonach das Unternehmen seine Schulden nicht mehr begleichen kann oder das Gericht die Liquidation anordnet, kann eine gerichtliche Liquidation entstehen.
Das Insolvenzverfahren beginnt mit der Präsentation des Liquidationsbeschlusses vor Gericht. Nach Erlass dieses Beschlusses wird ein Insolvenzverwalter (liquidator) ernannt, was dazu führt, dass die Geschäftsführer die Verfügungsgewalt über die Gesellschaft verlieren. Der Insolvenzverwalter führt die Geschäfte während der Dauer des Insolvenzverfahrens weiter, sofern diese für das Insolvenzverfahren vorteilhaft sind. Er hat darüber hinaus das Recht, Eigentum und Vermögenswerte der Gesellschaft zu verkaufen und die Erlöse an die Gläubiger zu verteilen. Zudem vertritt der Insolvenzverwalter die Gesellschaft in Gerichtsverfahren und prüft Insolvenzforderungen. Das Gericht kann Gläubiger vom Insolvenzverfahren ausschließen, wenn diese die fristgerechte Forderungsanmeldung verpasst haben.
Das Insolvenzverfahren in Nigeria ist beendet, wenn der Insolvenzverwalter alle Verbindlichkeiten des Unternehmens abgewickelt und das vorhandene Vermögen und Eigentum veräußert und an die Gläubiger ausgekehrt hat. Das Gericht ordnet auf Antrag des Insolvenzverwalters die Auflösung der Gesellschaft an.
Nach Teil XVI des Companies and Allied Matters Act können Unternehmen, bei denen die Verbindlichkeiten die Einnahmen übersteigen, erhebliche Zahlungsschwierigkeiten gegeben sind oder ein Zusammenbruch des Unternehmens droht, eine Art Restrukturierungsverfahren durchlaufen. Bei dieser Art von Verfahren ist es vorgesehen, dass ein Unternehmen die Rechte und Verbindlichkeiten seiner Gesellschafter und Gläubiger anpasst, beispielsweise durch eine Annullierung von Dividenden. Ziel ist es dabei, auf eine schwierige Finanzlage zu reagieren.
Hierzu ist beim zuständigen Gericht ein Antrag auf Einberufung einer Gläubiger- und Gesellschafterversammlung zu stellen. Der Termin für diese Versammlung wird den Gläubigern zusammen mit einer Erklärung zugestellt, in der sie auf die Auswirkungen eines Restrukturierungsvergleichs auf die Rechte der Geschäftsführer, Gläubiger und Aktionäre hingewiesen werden.
Auf der Gläubiger- und Gesellschafterversammlung stimmen die Gläubiger über den Restrukturierungsplan ab. Sofern sie diesen absegnen, wird er zunächst von der Securities and Exchange Commission und anschließend aus Gesichtspunkten der Fairness durch das Gericht überprüft. Sobald das Gericht den Restrukturierungsplan anerkennt, wird er für alle Gläubiger rechtsverbindlich.
In Nigeria überwacht die Corporate Affairs Commission (CAC) die Gründung und Verwaltung von Unternehmen. Möglicherweise kann eine Anfrage bei der CAC dabei behilflich sein, herauszufinden, ob gegen ein Unternehmen ein Insolvenzverfahren läuft.
Ausländische Gläubiger haben in nigerianischen Insolvenzverfahren die gleichen Rechte wie nigerianische Gläubiger. Sie können ihre Forderungen anmelden. Dazu sind sie verpflichtet, Angaben und Nachweise über die Forderungshöhe und Fälligkeit zu übermitteln und eine eidesstattliche Erklärung abzugeben. Das zuständige Gericht kann eine Frist festlegen, innerhalb derer die Gläubiger ihre Forderungen zu beweisen haben.
Von einem Insolvenzverfahren gegen ein nigerianisches Partnerunternehmen kann man darüber hinaus aus dem nigerianischen Gesetzblatt (Federal Gazette) oder aus den gängigen Tageszeitungen erfahren. Denn bestimmte Verfahrensschritte, beispielsweise die Ernennung eines Liquidators oder der Termin einer Gläubigerversammlung, sind im Gesetzblatt und/oder einer oder mehrerer Tageszeitungen zu veröffentlichen.
Die nigerianische Regierung hat zur Unterstützung ihrer Unternehmen in der Coronakrise bereits verschiedene Maßnahmen erlassen, beispielsweise die Verlängerung von steuerlichen Fristen. Insolvenzrechtliche Maßnahmen sind bisher noch nicht bekannt.
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