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Special Norwegen Coronavirus
Coronabedingter Nachfragerückgang und Wertverluste der Landeswährung schmälern Umsätze und dämpfen die Investitionslust - aber nicht überall. (Stand: 18. Januar 2021)
Von Michał Woźniak | Stockholm
Die Coronapandemie hat die norwegische Industrie schwer getroffen. Laut dem norwegischen Statistikamt SSB sanken die Umsätze in den ersten elf Monaten 2020 um knapp 12 Prozent im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum. Besonders starke Verluste mussten Energieversorger hinnehmen. Ihre Umsätze gingen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwa die Hälfte zurück. In der Rohstoffförderung und verwandten Dienstleistungen sanken die Umsätze im gleichen Zeitraum um knapp 14 Prozent.
Im Vergleich dazu kam die verarbeitende Industrie glimpflich davon. Ihre Umsätze verringerten sich um weniger als 4 Prozent. Diese Angaben sind allerdings auf Basis der norwegischen Krone (nkr). Wird ihr Kursverfall gegenüber dem Euro mit eingerechnet, steigt das Minus auf nahezu 12 Prozent. Die wichtigen Exporteinnahmen, die 2019 noch knapp 43 Prozent der Umsätze ausmachten, sanken demnach um über 16 Prozent. Besonders betroffen: Schiffs- und Ölplattformbauer (-37 Prozent), Erdgasförderer (-35 Prozent) sowie der Bereich Petrochemie, Chemie und Pharma (-23 Prozent). Über sichtlich steigende Auslandsnachfrage freuten sich hingegen Holzproduzenten und -Verarbeiter sowie Anbieter von Metallprodukten, deren Exporte um 7 beziehungsweise 5 Prozent zulegten.
Die Umsätze im Inland blieben insgesamt - zumindest in norwegischen Kronen gerechnet - auf dem Vorjahresniveau. Zwar mussten auch hier einige Sektoren hart einstecken. In der Erdgasbranche sanken die Umsätze um 75 Prozent, im Bereich Straßen- und Luftfahrzeuge um rund 65 Prozent und im Maschinenbau und der Erdölförderung jeweils um etwa 20 Prozent.
Einige Branchen erlebten dagegen einen regelrechten Kundenansturm. Der Lockdown und das Arbeiten im Homeoffice bescherten Elektronik- und Elektrogeräteproduzenten einen knapp 30-prozentigen Umsatzzuwachs. Anbieter von Basischemikalien konnten um 22 Prozent zulegen und Produzenten von Nichteisenmetallen um 14 Prozent. Die Nahrungsmittel-, Papier- und Modeindustrie verzeichneten ein Umsatzwachstum zwischen 3 und 5 Prozent.
Insgesamt bleibt die Lage aber angespannt. Der von der DNB Bank erhobene Vertrauensindex der Einkaufsmanager (Purchase Manager Index; PMI) blieb zwar in den letzten vier Monaten 2020 über der 50-Punkte-Marke und deutete somit auf eine insgesamt positive Entwicklung. Zum Jahresende wurde aber eine negative Entwicklung sowohl bei der Produktion, als auch beim Auftragseingang sichtbar. Derweil steigen die Lieferzeiten bei Zulieferungen. Ob die Ursachen in einer Belebung der weltweiten Nachfrage oder in Corona-bedingten Engpässen zu suchen sind, ist allerdings schwer zu sagen.
Der zumindest teilweise positive Umsatztrend und im europäischen Vergleich relativ geringe Rückgang des Bruttoinlandsproduktes 2020 von prognostizierten 3 bis 4 Prozent ändern nichts an der Investitionszurückhaltung der norwegischen Unternehmen. Zwar sollen laut Prognosen die Bruttoanlageinvestitionen 2021 einen Teil der Verluste aus dem Vorjahr wettmachen - allerdings vor allem dank der öffentlichen Hand.
Die Industrie plant laut der im Spätherbst durchgeführten Investitionsumfrage von SSB 2021 in Euro um 12 Prozent weniger zu investieren als in 2020. Dabei waren in Euro gerechnet die Ausgaben im Coronajahr aller Voraussicht nach bereits um 8 Prozent niedriger als 2019. Die verarbeitende Industrie ist nochmals zurückhaltender: Sowohl 2020 als auch 2021 liegen ihre Investitionspläne um über ein Fünftel unter dem jeweiligen Vorjahresniveau.
Dennoch öffnen sich für deutsche Techniklieferanten und Ausstatter in einigen Sektoren Geschäftschancen. Nach der Investitionsumfrage wollen Pipelinebetreiber und Modemacher in 2021 um über ein Drittel mehr investieren als im Vorjahr. Um jeweils etwa ein Fünftel mehr ausgeben gedenken Hersteller von Metallprodukten, Elektronik und Elektrogeräten sowie sonstiger Transportmittel. Größer fallen auch die Investitionspläne der Metallindustrie und der Wärmeversorger aus.