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Branchen | Pakistan | Textilien und Bekleidung

Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft

Neukleidung aus Gebrauchttextilien und umweltfreundliche Faserproduktion bieten frische Perspektiven und positionieren Pakistan im globalen Nachhaltigkeitstrend.

Von Heena Nazir | Dubai

Laut Schätzungen der Nachrichtenagentur Bloomberg entstehen jährlich über 92 Millionen Tonnen Textilabfälle weltweit. Mit seiner etablierten Textilindustrie plant Pakistan, dieses Potenzial zu nutzen, indem es die Abfälle als Ressource für Recycling und nachhaltige Produktion einsetzt. Die Islamische Republik recycelt derzeit rund 500.000 Tonnen Alttextilien pro Jahr. Dies entspricht lediglich 0,5 Prozent des weltweiten Aufkommens und 2 Prozent der Gesamtimporte des Landes. Der Fachverband All Pakistan Textile Mills Association unterstreicht jedoch, dass dies ein aufstrebender Wirtschaftszweig ist. Die Regierung in Islamabad sollte daher dringend in diesen Bereich investieren, betonen die Experten.

Umweltfreundliche Baumwollproduktion wird gefördert

Die "Better Cotton Initiative" (BCI) unterstützt Pakistan bei der Umsetzung einer nachhaltigen Baumwollproduktion, die den Einsatz von Pestiziden, Düngemitteln und Wasser reduziert. Im Finanzjahr 2018/2019 (1. Juli bis 30. Juni) produzierte das Land 906.000 Tonnen "Better Cotton" und festigte damit seine Position als weltweit zweitgrößter Produzent. Zu den wichtigsten Abnehmern gehören bekannte Unternehmen wie IKEA, Levi's, H&M, Zara, Decathlon, Nike, Adidas, Tesco, Target, Mango und Woolworth.

Neben der Produktion von "Better Cotton" beabsichtigt Pakistan, sich zunehmend auf das Recycling von Baumwollmaterialien zu konzentrieren. Dabei sollen sowohl industrielle als auch kommunale Feststoffabfälle verwendet werden, die sonst auf Deponien landen würden. Der Recyclingprozess birgt jedoch einige Herausforderungen: Die Zerkleinerung der Baumwollfasern – ein wesentlicher Schritt in diesem Prozess – führt zu einer Verkürzung der Fasern und damit zu einem Verlust an Stabilität. Daher eignet sich nicht jedes Material für das Recycling. Die maximale Effizienz des Verfahrens liegt bei 40 bis 50 Prozent, erklären Branchenkenner.

Darüber hinaus wird Baumwolle bereits in der Anfangsphase der Produktion eingefärbt, was eine Farbsortierung der Abfälle notwendig macht. Laut Experten sind weiße und Jeansstoffe grundsätzlich einfacher zu recyceln, andere Farben bedürfen hingegen Anpassungen.

Nur wenige Unternehmen setzen auf nachhaltige Faserproduktion

In Pakistan arbeiten Unternehmen wie Green Earth Recycling an innovativen Verfahren zur Gewinnung von Recyclingfasern, etwa durch die Umwandlung von Plastikflaschen in Polyesterfasern. Diese Technologie, bekannt als Plastic to Fiber oder P2F, ermöglicht den Einsatz der Fasern in der Bekleidungsproduktion, stellt jedoch Herausforderungen in Bezug auf Transparenz, Standards und Qualitätssicherung dar.

Die Verwendung recycelter Textilien erstreckt sich auch auf die Produktion von Teppichen und Matten, wobei 2022 in Pakistan rund 50.000 solcher Artikel entstanden. Innovative Unternehmen wie Artistic Denim Mills produzieren sogar Jeansstoffe aus wiederverwertbaren Materialien.

Dennoch bleibt die Neigung zur nachhaltigen Produktion begrenzt, wobei Experten schätzen, dass nur 1 bis 2 Prozent der pakistanischen Textilindustrie umweltverträglich produzieren. Abgesehen von einigen Spezialunternehmen handelt es sich dabei hauptsächlich um Großbetriebe, die unter dem Druck internationaler Marken stehen, nachhaltiger zu arbeiten. 

Sind umweltschonende Alternativen zu teuer?

Ein Grund für die langsame Umstellung auf nachhaltige Alternativen sind die finanziellen Herausforderungen. Im Januar 2023 überstieg der Preis für ein Kilogramm BCI-Baumwolle den von konventioneller Baumwolle um rund 36 Prozent. Die Erstaufbereitung und Verarbeitung von Recyclingtextilien sind ebenfalls mit höheren Kosten verbunden. Bei der Jeansherstellung aus recycelten Materialien liegen die Produktionskosten etwa 25 Prozent über denen der traditionellen Fertigung, so eine Studie der Beratungsfirma Consulting Service International. Es besteht zwar die Erwartung, dass sich diese Kosten mit fortschreitender Optimierung reduzieren lassen, doch der derzeit noch hohe Preis bleibt ein ernsthaftes Hindernis für die weitere Entwicklung dieses Industriesektors in einem preissensiblen Markt wie Pakistan.

EU Green Deal bietet Chancen für Pakistan 

Der EU Green Deal, der eine klimaneutrale Wirtschaft und Abfallminimierung durch Kreislaufwirtschaft fördert, bietet Pakistan neue Möglichkeiten in der Textilindustrie. Durch die Förderung von recycelten Textilexporten aus Pakistan könnte der Green Deal die Nachfrage steigern und so einen entscheidenden Impuls für die weitere Entwicklung der Branche setzen, so Shariq Vohra, Geschäftsführer des pakistanischen Recyclingunternehmens Shazil.

Allerdings ist die Umsetzung dieser Maßnahmen nicht ohne Herausforderungen. Neben technologischen Hürden, etwa im Bereich des Textilrecyclings, bedarf es auch einer gründlichen Schulung der Landwirte und Arbeiter in nachhaltigen Praktiken sowie einem starken politischen Willen und einer wirksamen Regulierung durch die Regierung in Islamabad. Auch Fragen der Transparenz, Arbeitsbedingungen, und der Kontrolle von Umweltstandards spielen eine wichtige Rolle. Daher ist eine starke Kooperation aller Beteiligten gefragt, um den Weg zu einer nachhaltigen Textilindustrie erfolgreich zu beschreiten.

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