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Branchen | Pakistan | Bekleidung & Textilien

Textilindustrie in Pakistan benötigt Modernisierung

Die Branche hat an internationaler Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz stellt deutsche Unternehmen vor große Herausforderungen.

Von Heena Nazir | Dubai

Die Textilbranche ist der bedeutsamste Industriesektor in Pakistan. Im Finanzjahr 2021/2022 (1. Juli bis 30. Juni) entfielen auf ihn etwa ein Viertel der industriellen Wertschöpfung und rund 40 Prozent der Arbeitsplätze in der verarbeitenden Industrie. Die Branche ist mit Abstand der größte Exporteur des Landes und hat einen Anteil von 3,4 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Überschwemmungen vernichteten Großteil der Baumwollernte

Die Aussichten für das laufende Finanzjahr 2023/2024 sind trübe. Die schwere wirtschaftliche Krise in Pakistan trifft den Textilsektor besonders stark. Nach Angaben der Nachrichtenplattform Reuters vernichteten die starken Überschwemmungen im Jahr 2022 schätzungsweise 40 bis 45 Prozent der Baumwollernte des Landes. Laut der Deutschen Welle können Textilunternehmen ihre Bestellungen nicht mehr fertig bearbeiten und rechnen mit hohen Einkommensausfällen. 

Auch die mittel- bis langfristige Entwicklung der Textilbranche bereitet Sorgen. Derzeit ist der Sektor durch eine abnehmende internationale Wettbewerbsfähigkeit geprägt. Die Konkurrenz aus weiteren asiatischen Ländern, vor allem China, Indien und Bangladesch ist groß. Auch in Afrika gibt es mittlerweile vielfältige Produktionsmöglichkeiten und interessante Absatzmärkte.

Der Ausbau und die Modernisierung des Wirtschaftszweigs sind von großer Bedeutung für die Entwicklung des Landes. "Der Prozess von der Fabrikherstellung über das Färben bis zum Anbringen der Details läuft noch immer nicht so fließend ab, wie bei der Konkurrenz in den Nachbarländern“ betonen Branchenkenner in Interviews mit Germany Trade & Invest (GTAI). "Eine gut integrierte Wertschöpfungskette würde den Unternehmen dabei helfen, ihre Produktionskapazität auszuweiten. Von einer größeren Produktionsnachfrage könnten auch die mit dem primären Textilsektor verwandten Industrien profitieren und ihren verfügbaren Pool aus qualifizierten Arbeitskräften sowie Rohstoffen besser nutzen“, erklären die Experten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Herstellungskosten sinken und die Produktivität steigen müssen.

Starke Fragmentierung der Branchenstruktur

Die Wertschöpfungskette der Textilbranche beginnt mit etwa 1.300 Betrieben, die Rohbaumwolle aufbereiten (Ginning; Entkörnung) und zu Ballen pressen. Neben Baumwolle steigt der Bedarf an Kunstfasern. Allerdings existieren bislang in Pakistan nur drei Hersteller von Polyesterfasern.

Die Zahl der Spinnereien wird für das Jahr 2022 mit 517 angegeben. Der Webereisektor bestand aus 40 großen sowie 477 mittleren und kleinen Unternehmen. Die Veredelung von Stoffen erfolgte in zehn großen sowie 625 mittleren und kleinen Firmen. Handtücher wurden in etwa 400 und Wirkwaren in 2.500 Betrieben hergestellt. Bekleidung aus gewebten Stoffen lieferten 50 große sowie 2.500 mittlere und kleine Betriebe.

Den Textilsektor in Pakistan prägen zahlreiche große Unternehmen. Ihnen steht eine Vielzahl kleiner Firmen gegenüber,  die meisten davon im  informellen Sektor, der statistisch nicht erfasst wird. Dazu zählen beispielsweise kleine Familienbetriebe, in denen einfache Produkte für den Inlandsmarkt gefertigt werden. Oft wird hier mit ausrangierten Maschinen der größeren Firmen, gebrauchten Importprodukten oder Billigtechnik aus China gearbeitet.

Die zentralen Industriecluster der pakistanischen Textilindustrie befinden sich im Süden (Karatschi) und Norden (Lahore, Sialkot und Faisalabad) des Landes. Jeder von ihnen ist auf bestimmte Produkte spezialisiert. In Lahore werden hauptsächlich Jeanswaren hergestellt, während in Faisalabad der Fokus auf Trikotage und Strickwaren liegt. Dagegen ist die Branche in Sialkot etwas stärker diversifiziert. Dort wird Sport- sowie technische Bekleidung sowohl in gestrickter als auch in gewebter Form exportiert.

Bessere Standards durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erhofft

In den letzten Jahren ist die pakistanische Textilindustrie aufgrund mangelhafter Sicherheits- und Umweltauflagen verstärkt in die Kritik geraten. Auch deutsche Unternehmen waren involviert: Das Bekleidungsunternehmen KIK wurde beispielsweise im Jahr 2012 für das Ausbrechen eines Feuers in einer Fabrik, bei dem 259 Menschen ums Leben kamen, verklagt. KIK musste sich für mangelnde Brandschutzvorkehrungen verantworten.

In Deutschland soll ein neues Gesetz dafür sorgen, dass Unternehmen aus der Bundesrepublik in ausländischen Bezugsmärkten künftig ihre Sorgfaltspflicht stärker wahrnehmen. Am 1. Januar 2023 trat das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Unternehmen mit über 3.000 Mitarbeitern sind danach verpflichtet, weltweite Lieferketten auf Risiken zu überprüfen und dazu beizutragen, dass internationale menschenrechtliche und umweltbezogene Standards eingehalten werden. Bei einem Verstoß drohen den involvierten Firmen hohe Strafen. Ab 2024 gilt das Gesetz auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten.

 "Dieses neue deutsche Gesetz ist gut für Pakistan und wird lokal angesiedelte Unternehmen zu besseren Standards zwingen. Das wird sich langfristig auf die Arbeitsqualität positiv auswirken“, erläutert Zaki Bashir, Geschäftsführer von Gul Ahmed (einer der größten Textilfirmen Pakistans), in Gesprächen mit GTAI.

Allerdings kommen dadurch auch größere Herausforderungen auf deutsche Unternehmen in Pakistan zu. Die Einsicht in die Produktionsbedingungen ist an manchen Orten in der Islamischen Republik oft nur eingeschränkt möglich und eine Überwachung nur mit erhöhtem Aufwand verbunden. Daher ist es für viele Firmen schwierig, sicherzustellen, dass die geforderten Anforderungen in der Produktion eingehalten werden.

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