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Branchen | Pakistan | Textilien und Bekleidung

Vorstufenbetriebe bilden das Rückgrat der Textilindustrie

Die Vorstufenbetriebe der Textilindustrie kämpfen mit technologischem Rückstand, schlechten Arbeitsbedingungen und Umweltproblemen. Es besteht dringender Handlungsbedarf.

Von Heena Nazir | Dubai

Als Pakistans bedeutendster Industriesektor deckt die Textilbranche die gesamte Wertschöpfungskette ab – von der Faseraufbereitung bis zum Endprodukt. Sie stellt Beschäftigungsmöglichkeiten für schätzungsweise ein Viertel der arbeitenden Bevölkerung bereit. Dennoch beschränkt sich die Nutzung dieses Potenzials meist auf die Produktion einfacher Artikel. Lediglich 40 bis 50 Betriebe sind vertikal integriert.

Rund 1.200 Betriebe, die Rohbaumwolle aufbereiten und zu Ballen pressen, stehen am Anfang der textilen Wertschöpfungskette. Etwa 60 Prozent der Entkörnungsbetriebe befinden sich im Punjab und 40 Prozent im Sindh. Die Branche wird hauptsächlich von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt, die oft im informellen Sektor tätig sind, wodurch eine statistische Erfassung erschwert wird. Viele Betriebe sind nicht registriert, sondern wickeln ihre Geschäfte über Baumwollmakler ab. Zudem gibt es in Pakistan nur fünf Hersteller von Polyesterfasern, obwohl die Nachfrage nach synthetischen Fasern weltweit steigt.

Garnproduktion verliert an Wettbewerbsfähigkeit

Laut einer Studie der Pakistan Credit Rating Agency (PACRA) besteht die Spinnerei-Industrie in dem südasiatischen Land aus rund 477 Einheiten, die in einem starken Wettbewerbsumfeld stehen. Die Industrie, ausgestattet mit insgesamt 13 Millionen Spindeln und einer Kapazitätsauslastung von rund 70 Prozent, erzeugt jährlich durchschnittlich 3,4 Milliarden Kilogramm Garn. Schätzungen zufolge erreichten die Exporte im Finanzjahr 2021/2022 (1. Juli bis 30. Juni) einen Wert von 800 Millionen US-Dollar (US$), was 5,2 Prozent der gesamten Textilausfuhren entsprach. Exportiert wurde vor allem nach China, mit einem Anteil von 54 Prozent, danach folgten Bangladesch mit 14 Prozent und die Türkei mit 4 Prozent.

Der pakistanische Garnsektor sieht sich einer wachsenden globalen Konkurrenz gegenüber, insbesondere aus Ländern wie China, Indien und Bangladesch. Dennoch wurde in den letzten sechs Jahren nur wenig in die Modernisierung der Garnproduktion investiert. Veraltete Technologien und Maschinen sind eine der Hauptursachen für niedrige Produktivität und schlechte Qualität. Hinzu kommen ineffiziente Betriebsabläufe, die auf mangelndes technisches Know-how des Personals zurückzuführen sind. Hohe Herstellungskosten belasten zudem das Investitionsklima in der Branche. Die Forderungen nach günstigeren Stromtarifen nehmen zu, ebenso die Dringlichkeit, protektionistische Maßnahmen gegen ausländische Konkurrenten abzubauen, erklären Branchenkenner in Gesprächen mit Germany Trade und Invest (GTAI).

Garnversorgung in Pakistan (in 1.000 Metrischen Tonnen)

2017/2018

2018/2019

2019/2020

2020/2021

2021/2022

Garnproduktion

3.430

3.431

3.060

3.442

3.459

Import

142

131

94

159

127

Finanzjahr jeweils vom 1. Juli bis 30. Juni.Quelle: Pakistan Credit Rating Agency 2023

Kapazitätsauslastung in der pakistanischen Spinnerei-Industrie

 2017/2018

 2018/2019

 2019/2020

 2020/2021

 2021/2022

Gesamtzahl installierter Spindeln

13.409.420

13.409.420

13.409.420

13.409.420

13.409.420

Kapazitätsauslastung (in Prozent)

91

88

83

76

70

Finanzjahr jeweils vom 1. Juli bis 30. Juni.Quelle: Pakistan Credit Rating Agency 2023

Webindustrie steht vor Herausforderungen

Die pakistanische Webindustrie steht vor großen Problemen. Zum einen fehlen die Kapazitäten, um die Garnproduktion der Spinnereien vollständig in Gewebe umzuwandeln. Schätzungen von PACRA zufolge waren im Finanzjahr 2021/2022 nur 6.942 der insgesamt 9.084 Webstühle im organisierten Mühlensektor in Betrieb. Zum anderen ist die geringe Gewinnmarge ein Ausdruck geringer Wertschöpfung in der Branche. Insbesondere die steigenden Garnkosten belasten die Entwicklung des Sektors.

Auch die Exporte, die im Finanzjahr 2021/2022 schätzungsweise bei 1,5 Milliarden US$ lagen und damit 9,8 Prozent der Gesamtexporte des Textilsektors ausmachten, stehen vor Herausforderungen. Obwohl die Ausfuhrmengen seit einigen Jahren steigen, stagnieren die Einnahmen. Das liegt vor allem daran, dass die Stoffpreise auf den Exportmärkten seit 2014 um rund 37 Prozent auf 0,79 US$ pro Quadratmeter gefallen sind, erklären Vertreter des Textilverbandes All Pakistan Textile Mills Association in Gesprächen mit GTAI.

Webindustrie in Pakistan (Schätzung; in 1.000 Quadratmetern)

2017/2018

2018/2019

2019/2020

2020/2021

2021/2022

Gesamte organisierte Mühlenproduktion

1.043.740

1.045.980

931.000

1.048.447

1.051.047

Unorganisierte Mühlenproduktion

8.127.160

8.101.820

7.266.566

8.128.845

8.137.787

Gesamte Stoffproduktion

9.170.900

9.147.800

8.157.566

9.177.292

9.188.833

Finanzjahr jeweils vom 1. Juli bis 30. Juni.Quelle: Pakistan Credit Rating Agency 2023

Schlechte Arbeitsbedingungen im informellen Sektor

Über 90 Prozent der Produktion der Vorstufenbetriebe finden im informellen Sektor statt. Dieser bezieht sich auf den Teil der Wirtschaft, der nicht von staatlichen oder institutionellen Regularien erfasst wird. Er besteht in der Regel aus kleineren, oft familiengeführten Unternehmen, die nicht registriert sind und daher nicht in offiziellen Statistiken auftauchen. Diese Firmen stellen oft einfache Textilien mit minderer Qualität für den Inlandsmarkt her.

In den Unternehmen des informellen Sektors sind die Arbeitsbedingungen meist prekär, gekennzeichnet durch niedrige Löhne, lange Dienstzeiten und mangelnde Jobsicherheit. Zudem fehlen oft angemessene Sicherheitsvorkehrungen. Es gibt keine soziale Absicherung, Krankenversicherung oder geregelte Arbeitsverträge. Hier besteht dringender Handlungsbedarf: Die Förderung fairer Arbeitspraktiken ist entscheidend, um die Lebensbedingungen der Beschäftigten in der pakistanischen Textilindustrie zu verbessern.

Potenzial ist vorhanden

Trotz der Herausforderungen bieten die pakistanischen Vorstufenbetriebe der Textilindustrie nach wie vor gute Investitionsmöglichkeiten. Sie sind wichtige Wirtschaftsfaktoren für das Land und bieten Millionen von Menschen Arbeit. Durch den Einsatz fortgeschrittener Technologien, Investitionen in die Infrastruktur, eine optimierte Betriebsorganisation und verbesserte Arbeitsbedingungen könnten die Vorstufenunternehmen ihre Produktivität erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit Pakistans im globalen Textilmarkt steigern.

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