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Entwicklungen im Gesundheitswesen

Die junge und stark wachsende Bevölkerung kurbelt den Bedarf im Gesundheitssektor an. Vor allem Telemedizin dürfte künftig stark gefragt sein.

Von Alexander Hirschle | Taipei

Die Philippinen weisen grundsätzlich ein großes Potenzial für Medizintechnik und Gesundheitsdienstleistungen auf. Das zur ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) zählende Land hat innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaft mit 111 Millionen Menschen die zweitmeisten Einwohner nach Indonesien. Gleichzeitig verfügt der Archipel über eine sehr junge und noch wachsende Bevölkerung.

Die Fertilitätsrate beläuft sich auf 2,5 (2020), mehr als die Hälfte der Einwohner ist jünger als 25 Jahre. Bis 2035 dürfte die Bevölkerungszahl auf mehr als 130 Millionen Menschen anwachsen. Beim Ranking nach Volumen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen die Philippinen innerhalb Asean mit 377 Milliarden US-Dollar (US$; 2021) an dritter Stelle hinter Indonesien und Thailand. Das BIP pro Kopf ist allerdings mit 3.572 US$ pro Jahr (2021) relativ gering. Gleichzeitig ist die Schere zwischen armen und reichen Menschen noch groß.

Regionen sollen entwickelt werden

Das wirtschaftliche Geschehen und die Kaufkraft sind stark fokussiert auf die Region um Metro-Manila, die sogenannte National Capital Region (NCR). Auf diese entfällt rund ein Drittel des BIP, sie bildet auch den Schwerpunkt medizinischer Versorgung. Die Regierung plant im Rahmen ihres Entwicklungsplans PDP (Philippine Development Plan), die Hauptstadtregion zu entlasten und das Wachstum auch in andere regionale Zentren zu dirigieren, um das dortige Potenzial sich besser entfalten zu lassen. Dies sollte sich dann auch positiv auf das Angebot medizinischer Dienstleistungen abseits der Hauptstadtregion auswirken. 

Die Nachfrage im Gesundheitsbereich dürfte mittelfristig auch wieder von einem hohen Wachstum des BIP profitieren. Nach Steigerungsraten von mehr als 6 Prozent schlitterte die Wirtschaft mit der Covid-Krise in eine der tiefsten Rezessionen seit Dekaden. Denn die Regierung hatte einen der längsten und schärfsten Lockdowns weltweit implementiert, der sich massiv auf die Mobilität der Einwohner auswirkte. Doch nach Aufheben der meisten Corona-Restriktionen wird das BIP 2022 und darüber hinaus wieder auf seinen alten Wachstumskurs zurückkehren.

Coronakrise mit erheblichen Auswirkungen

Die Covid-Krise hat nach Einschätzung von Experten noch einmal klar die Defizite des philippinischen Gesundheitssystems aufgezeigt. Es wurde deutlich, dass Gesundheitsdienstleistungen auf dem Archipel noch nicht ausreichend verfügbar sind. Zahlreiche ärztliche Termine mussten ebenso abgesagt werden wie dringend notwendige Operationen.

Die Bekämpfung der Pandemie erforderte neue Ansätze wie eine stärkere Nutzung digitaler Technologien und die Bereitstellung von Quarantäneunterkünften in fünfstelliger Höhe. Auch wurden die lokalen Produktionskapazitäten von einfachen Schutzerzeugnissen wie Masken und Overalls deutlich erhöht.

Die Regierung plant den Bau eines neuen virologischen Instituts VIP (Virology Science and Technology Institute of the Philippines). Die Kosten für das Projekt werden in lokalen Medien auf knapp 17 Millionen US$ taxiert. Die erste Einrichtung dieser Art auf dem Archipel soll die lokalen Forschungskapazitäten bei Impfstoffen künftig stärken und die Abhängigkeit von anderen Lieferländern in diesem Bereich verringern. 

Die Weltbank hatte den Philippinen einen Kredit in einer Größenordnung von 100 Millionen US$ zur Verfügung gestellt. Mit den Mitteln soll das Gesundheitssystem besser für die Coronabekämpfung gewappnet und auch die Versorgung mit Schutzausrüstungen (PPE, Personal Protective Equipment) wie Handschuhen, Brillen und Bekleidung sowie mit Medikamenten verbessert werden. Ebenso ist die Ausweitung von Laborkapazitäten und die Anschaffung von medizinischen Geräten geplant.

Nach Einschätzung von Firmenvertretern aus dem Gesundheitssektor hat sich die Situation aber im Herbst 2022 weitestgehend normalisiert. Dies betrifft die Belegung der Krankenhäuser, aber auch die Maskenpflicht. Diese wurde mittlerweile weitgehend aufgehoben. Allerdings wird ein deutlich gestiegenes Gesundheitsbewusstsein attestiert. Die Bevölkerung sei mittlerweile sensibler und aufgeschlossener gegenüber medizinischen Dienstleistungen oder Versicherungen, so die Stimmen. 

Bedarf an Medizintechnik steigt

Der Gesundheitsmarkt in den Philippinen stagnierte während der Pandemie. Für 2022 wird von Firmenvertretern eine Erholung attestiert. Der Bedarf an medizinischen Geräten wird sich künftig nach oben bewegen angesichts der zunehmenden Mittelschicht und einem gleichzeitigen Ansteigen von Zivilisationskrankheiten. Auch gelten die Rahmenbedingungen der Bevölkerung als belastend für den Organismus, wie etwa eine zum Teil erhebliche Luft- und Umweltverschmutzung, starker Verkehr, Stress und ungesunde Ernährungsgewohnheiten. Das Wachstum des Marktes für Medizintechnik dürfte sich nach Schätzungen von Branchenexperten 2022 und 2023 auf knapp 9 Prozent belaufen.

Dabei soll vor allem die Nachfrage nach Diagnosegeräten, Krebs- und Diabetesbehandlungen sowie orthopädischen Implantaten zunehmen. Es herrscht ein hoher Bedarf im Bereich Herzkreislauferkrankungen, die 2021 mit knapp 18 Prozent für die meisten der Todesfälle in den Philippinen verantwortlich zeichneten. Allerdings blieben 60 Prozent davon unbehandelt aufgrund limitierter ärztlicher Ressourcen vor allem in abgelegenen, ländlichen Regionen und einem Mangel an Herzspezialisten.

An zweiter Stelle der Todesursachen rangierten im vergangenen Jahr zerebrovaskuläre Krankheiten mit rund 10 Prozent der Fälle. Auf der anderen Seite wird die junge und stark wachsende Bevölkerung dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Geburtskliniken, medizinischen Dienstleistungen rund um Schwangerschaften sowie Gynäkologie und Geburtenkontrolle mittelfristig anziehen wird. Des Weiteren dürfte die wachsende Mittelschicht die Nachfrage nach Schönheitsbehandlungen und -chirurgie erhöhen, zumal die Einwohner des Archipels großen Wert auf ihr äußeres Erscheinungsbild legen.

Telemedizin mit guten Perspektiven

Die Philippinen bieten aufgrund ihrer Topographie mit tausenden Inseln hervorragende Bedingungen für die Anwendung von Telemedizin und innovativen IT-Applikationen im Bereich Gesundheitswesen. Schon die Pandemie hatte die Nachfrage nach Telemedizin auf dem Archipel deutlich angekurbelt durch die Abschottung breiter Bevölkerungsteile im Lockdown. Die Einwohner gelten als enorm IT-affin und weisen ohnehin die weltweit längsten Verweildauern im Internet wie auch in sozialen Netzwerken auf. Private Krankenhäuser und Gesundheitsanbieter sind nach Einschätzung von Branchenkennern hochgradig daran interessiert, ihren Patienten künftig auf diese Weise effizientere Dienstleistungen anzubieten.

Eckdaten Gesundheitsmarkt

Indikator

Wert

Einwohnerzahl (2022 in Mio.)

111,7

Bevölkerungswachstum (2021 in % p.a.)

1,5

Altersstruktur der Bevölkerung (2020)

 Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

32,4

 Anteil der über 65-Jährigen (in %)

4,9

Durchschnittseinkommen (2020 in Euro)

3.402

Gesundheitsausgaben (in Mrd. Euro)

18,2

 pro Kopf (2021 in Euro)

163,9

 öffentlich (in Mrd. Euro)

9,1

 privat (in Mrd. Euro)

9,1

Anteil der Gesundheitsausgaben

 am BIP (2021 in %)

6,0

Medikamente (2021 in %)

19,2

Anzahl Krankenhäuser (2020), davon

1.792

 öffentlich (in %)

60

 privat (in %)

40

Ärzte/1000 Einwohner (2020)

1,2

Krankenhausbetten/1000 Einwohner (2020)

1,1

2021: 1 Euro = 60,032 philippinische Peso (P) ; 2020: 1 Euro = 58,152 PQuelle: Philippine Statistics Authority; statista; Medilines

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