Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Polen | Zahlungsverhalten

Polen geht verstärkt gegen säumige Zahler vor

Polen bietet deutschen Unternehmen vielfältige Chancen. Doch Firmen sollten ihre Forderungen absichern. Verspätete Zahlungen sind in Polen keine Seltenheit. 

Von Beatrice Repetzki | Berlin

In Polen stellen Zahlungsausstände trotz des Wirtschaftsaufschwungs auch 2024 ein erhebliches Problem dar. Das berichtet Polens Schuldenregister, Krajowy Rejestr Długów (KRD), das vom privatwirtschaftlichen Wirtschaftsinformationsbüro Biuro Informacji Gospodarczej (BIG) geführt wird. Daher empfiehlt es sich gerade für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die neu auf den polnischen Markt treten, ihre Forderungen abzusichern. Insbesondere große Unternehmen in Polen lassen sich gerne Zeit, Rechnungen kleiner Firmen zu begleichen. Letztere geraten dadurch nicht selten in Liquiditätsprobleme.

Geldstrafen für säumige Zahler

Um das Problem verspäteter Zahlungen zu bekämpfen, traten im Dezember 2022 und Anfang 2023 neue Regelungen in Kraft. Diese ermächtigen das Amt für den Schutz von Wettbewerb und Konsumenten (Urząd Ochrony Konkurencji i Konsumentów, UOKiK), säumige Zahler mit Strafen zu belegen. Im Visier stehen insbesondere säumige Großunternehmen. Betroffen sind jene Firmen, die bei Beträgen ab insgesamt gut 463.000 Euro (2 Millionen Złoty), auch gegenüber verschiedenen Gläubigern, das Zahlungsziel um drei Monate überschreiten.

Bis Ende 2023 mahnte das UOKiK 34 Unternehmen, die aber nicht alle auch tatsächlich Säumnisstrafen zahlen mussten. Die auferlegten Strafen beliefen sich auf über 5,6 Millionen Euro, wobei die höchste 1,7 Millionen Euro betrug. Begleicht ein Unternehmen seine Verbindlichkeiten wiederholt mit Verspätung, erhöhen sich die Säumnisstrafen. Eine weitere Vorschrift begrenzt die Länge der Zahlungsziele. So darf ein großes Unternehmen gegenüber einem KMU keine Zahlungsfristen von über 60 Tagen für sich vereinbaren.

Professionelle Unterstützung bekommen Unternehmen von Factoring-Gesellschaften, die offene Rechnungen aufkaufen und sich dann selbst um die Beitreibung der Beträge kümmern. Der Polnische Factoringverband (Polski Związek Faktorów, PZF) erwartet steigende Umsätze seiner insgesamt 24 Mitgliedsfirmen, die 2024 die Marke von 100 Milliarden Euro überschreiten dürften. Die im Verband organisierten fünf Geschäftsbanken und 19 spezialisierten Firmen decken den Großteil des polnischen Marktes ab.

Unter Zahlungsausständen leidet insbesondere das Baugewerbe. Dessen Leistungen verteuerten sich zudem in den beiden vergangenen Jahren merklich, was die Zahlungsmoral vieler Kunden beeinträchtigt. Auch der Dienstleistungssektor und das Transportwesen müssen nach Ablauf der Zahlungsziele oft wochenlang auf ihr Geld warten. Das galt 2023 auch für Energieversorger, die ihre Preise anheben mussten. Zahlungsunfähig wurden 2023 laut der Auskunftei Coface 4.701 polnische Firmen (fast 2.000 mehr als 2022), vor allem aus den Bereichen Dienstleistungen (1.401), Handel (1.023), Baugewerbe (638) und Transport (546).

Factoring-Umsätze sanken 2023

Die konjunkturelle Stagnation in Polen und die damit verbundene schwache wirtschaftliche Aktivität führten 2023 auf Złoty-Basis zu einem nominalen Rückgang der Factoring-Umsätze um 2,3 Prozent auf 99,1 Milliarden Euro. Während das Inlandsgeschäft stabil blieb, ergab sich beim internationalen Factoring ein Rückgang um 11 Prozent auf 15,7 Milliarden Euro. Ein Grund dafür war, dass der bilaterale Außenhandel zwischen Polen und seinem wichtigsten Handelspartner Deutschland 2023 erstmals seit Jahren leicht sank. Die deutschen Exporte nach Polen gingen laut vorläufigen Angaben von Destatis gegenüber 2022 um 3,7 Prozent auf 89,3 Milliarden Euro zurück. Für das Jahr 2024 ist mit einem Aufschwung in Polen und somit wieder mit einem Zuwachs sowohl der deutschen Exporte dorthin als auch der internationalen Factoring-Leistungen zu rechnen. 

Insgesamt 26.300 Firmen, vor allem KMU, schalteten 2023 in Polen einen Factor ein (2022: 24.800). Diese kauften fast 26,8 (23,9) Millionen Rechnungen auf. Das offene Factoring, bei dem der Geschäftspartner über die Einschaltung eines Factors informiert ist, überwog auch 2023 mit einem Wert von 90,9 Milliarden Euro. Die wichtigsten Kunden der Factoring-Anbieter sind Produktions- und Vertriebsunternehmen, die inzwischen fast gleichauf liegen. Gerade im Bereich Vertrieb und Handel nahm der Bedarf an Factoring-Leistungen in den vergangenen Jahren zu, da eine schwächere Nachfrage unter anderem in der Coronapandemie und Preissteigerungen zu verspäteten Zahlungen führten.

Umsatzstruktur von Factoring-Dienstleistern in Polen
Umsatzanteile der PZF-Mitglieder nach Sektoren (in Prozent)

Sektor

Anteil 2021

Anteil 2022

Anteil 2023

Produktion

44,6

45,0

42,3

Vertrieb

35,5

36,6

38,1

Einzelhandel

3,8

4,6

5,6

Transport

2,9

4,6

3,4

Dienstleistungen

1,9

1,9

2,0

Baugewerbe

0,9

1,2

1,3

Sonstige

10,4

6,1

7,2

Quelle: Polnischer Factoring-Verband PZF 2022, 2023, 2024

 

BNP Paribas Faktoring will an die Spitze

Der PZF listet 23 Mitgliedsfirmen nach ihren Umsätzen 2023 auf. Viele der führenden Akteure stammen aus dem Ausland. Spitzenreiter blieb die Tochtergesellschaft der polnischen Bank Pekao, Pekao Faktoring, knapp vor BNP Paribas Faktoring. MFaktoring gehört zur mBank, der polnischen Tochtergesellschaft der Commerzbankgruppe. Ein gerade für deutsche KMU erwähnenswerter Factor ist der auch in Polen aktive deutsche Factoring-Anbieter Bibby Financial Services, der den 14. Platz belegt.

Polens zehn größte Factoring-Gesellschaften
Umsatz in Milliarden Euro 1)

Factoring-Anbieter

2022

2023

Veränderung 2023/2022 2)

Pekao Faktoring

19,5

18,9

-6

BNP Paribas Faktoring

17,5

18,4

2

ING Commercial Finance

14,2

14,5

-1

Santander Factoring

8,6

9,9

12

mFaktoring

7,7

7,7

-3

PKO Faktoring

6,7

6,8

-1

Bank Millennium

5,8

5,7

-5

Coface Poland Factoring

6,5

5,3

-20

Citi Handlowy

2,4

2,7

10

Eurofactor Polska

2,0

1,7

-21

1 Umgerechnet zum jahresdurchschnittlichen Wechselkurs: 2022: 1 Euro = 4,6861 Zł, 2023: 1 Euro = 4,5420 Zł; 2 nominale Veränderung auf Złoty-Basis in Prozent.Quelle: Polnischer Factoren-Verband PZF 2023, 2024

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.