Steigende Personalkosten verschlingen einen Großteil der wachsenden Budgets in Polens Gesundheitswesen. Trotzdem gibt es Investitionen - vor allem dank EU-Geldern.
Das Gesundheitssystem Polens steht unter Druck. Medizinische Fachkräfte erhielten zum 1. Juli 2025 eine Gehaltserhöhung von 14,3 Prozent. Der Grund: ein Gesetz koppelt die Gehälter an die Entwicklung des landesweiten Durchschnittslohns. Polens Regierung hatte im Haushalt 2025 ein Plus von 16 Prozent bei den öffentlichen Gesundheitsausgaben eingeplant. Die steigenden Löhne heben einen Großteil der Zuwächse auf.
5,9
%
prognostiziertes jährliches Wachstum des Marktes für Medizintechnik in Polen bis 2029 laut Fitch Solutions
Vor diesem Hintergrund will das Gesundheitsministerium die Kopplung an den Durchschnittslohn aufheben. Die Gehaltsreform gehört zu den zentralen Aufgaben von Polens neuer Gesundheitsministerin Jolanta Sobierańska-Grenda. Sie übernahm die Amtsgeschäfte im Juli 2025.
Krankenhäuser sollen sparen
Neben den Löhnen sind die Krankenhäuser eine weitere Baustelle. Viele öffentliche Einrichtungen machen Verluste. Bei den Kreis-Krankenhäusern stiegen die Schulden im Jahr 2024 um 13,8 Prozent.
Das Parlament brachte darum ein neues Gesetz auf den Weg. Es erlaubt den Kommunen, Krankenhäuser zusammenzulegen und in Kapitalgesellschaften umzuwandeln. Auch Abteilungen können ihr Profil ändern. Einige Krankenhäuser müssen Sanierungspläne erstellen. Das Gesundheitsministerium verspricht finanzielle Hilfen, wenn ein Krankenhaus den Sanierungsplan umsetzt. Unklar bleibt, wie hoch die Unterstützung ausfallen wird.
Der Staatspräsident muss das Krankenhausgesetz noch unterschreiben. Polens Gesundheitsministerium verfolgt mehrere Ziele: es soll weniger Krankenhäuser geben, die im Gegenzug spezialisierter sind.
Der Umbau der Krankenhäuser ist eine Voraussetzung dafür, dass Polen weitere Gelder aus dem europäischen Wiederaufbaufonds beantragen kann. Die Mittel gibt es nur nach Reformen. Europäische Zuschüsse spielen eine große Rolle bei der Modernisierung von medizinischen Zentren. Das betrifft vor allem die Kardiologie und die Onkologie.
EU-Gelder helfen bei der Finanzierung
Polens Gesundheitsministerium arbeitet an einem Netz von spezialisierten Kardiologie-Krankenhäusern und Onkologie-Krankenhäusern. Mehrere Kliniken haben sich für die beiden Netzwerk-Programme qualifiziert.
Die ausgewählten onkologischen Zentren konnten 1,2 Milliarden Euro aus dem europäischen Wiederaufbaufonds beantragen, um ihre Ausstattung zu modernisieren. Im Juni 2025 veröffentlichte das Ministerium eine Liste mit den erfolgreichen Bewerbern.
Kardiologie-Abteilungen wiederum erhalten insgesamt rund 640 Millionen Euro. Die Ausschreibung endete im August 2025. Darüber hinaus will das Gesundheitsministerium bis Ende 2025 weitere Fördergelder aus dem Wiederaufbaufonds ausschreiben - diesmal für allgemeine Krankenhäuer.
Zuschüsse stammen auch aus dem europäischen Programm FENiKS. Über 1.800 Ärztehäuser und ambulante Versorgungszentren erhielten Anfang 2025 insgesamt rund 166 Millionen Euro für neue Ausrüstung. Voraussichtlich im Herbst 2025 wird das Gesundheitsministerium weitere 110 Millionen Euro verteilen.
Wenn Arztpraxen und Kliniken in Polen investieren, dann kommt Medizintechnik von deutschen Herstellern zum Einsatz. Siemens Healthineers beliefert 2025 das Łukasz-Krankenhaus in Tarnów, ebenso wie das Żeromski-Krankenhaus in Krakau. Das Krankenhaus in Zduńska Wola erhält vom Hersteller Karl Storz Instrumente für Bauchspiegelungen. Der Konzern B.Braun nennt Polen im Jahresbericht für das Jahr 2024 sogar einen „Wachstumstreiber“.
Lücken in der öffentlichen Versorgung
Neben den EU-Fördertöpfen gibt es nationale Geldquellen für Investitionen. Ein solches Instrument ist der Medizinfonds. Er existiert seit 2020 und erhält jährlich rund 900 Millionen Euro aus der Staatskasse.
Im Juli 2025 endete ein Wettbewerb für Onkologie-Zentren mit einem Volumen von über 1 Milliarde Euro. Die Gewinner stehen noch nicht fest. Es handelt sich bei dem Wettbewerb um die Neuauflage einer Ausschreibung von 2023. Sie musste wiederholt werden, nachdem die Antikorruptionsbehörde CBA Unregelmäßigkeiten festgestellt hatte. Der polnische Rechnungshof NIK kritisiert, dass der Medizinfonds seine Gelder nur langsam ausgibt. Anfang 2025 lagen knapp 2 Milliarden Euro ungenutzt auf dem Konto des Fonds.
Dieser Umstand ist bemerkenswert, da Polens staatliche Krankenversicherung NFZ Schwierigkeiten hat, Rechnungen zu bezahlen. Die Krankenhäuser beklagen, dass sie lange auf die Erstattung von Leistungen warten müssen. Der NFZ finanziert sich über Beitragszahlungen. Weil die Mittel aber nicht ausreichen, muss der Staatshaushalt aushelfen. Das Gesundheitsministerium erhöhte die Zuwendungen aus dem Haushalt im Juni 2025 um rund 50 Prozent. NIK bemängelt, dass die polnische Regierung neue Aufgaben an den NFZ überträgt, ohne die Finanzierung sicherzustellen.
Angesichts der Lücken in der öffentlichen Versorgung, schließen immer mehr Menschen eine private Zusatzversicherung ab. Laut dem Branchenverband PIU stieg die Zahl der Versicherten im Jahr 2024 um 12,2 Prozent. Die Versicherungsgesellschaften unterhalten eigene Behandlungszentren. Die privaten Einrichtungen investieren – auch in Technik von deutschen Herstellern. Der Versicherer und Betreiber ENEL-MED kaufte im März 2025 bildgebende Geräte von Siemens Healthineers.
Ausgewählte Investitionsprojekte im Gesundheitssektor in PolenInvestitionssumme in Millionen EuroAkteur/Projekt | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkungen |
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Krankenhaus in Gliwice | 540 | Planungsstadium | Neues Krankenhaus der Schlesischen Medizinischen Universität mit 744 Betten |
Krankenhaus in Wrocław | 350 | Projektdurchführung | Neues Krankenhaus für Onkologie, Pneumologie und Hämatologie (DCOPiH) mit 671 Betten |
Krankenhaus in Poznań | 70 | Planungsstadium | Ausbau des Großpolnischen Zentrums für Onkologie (WCO) um ein neues Gebäude für ambulante Pflege |
Krankenhaus in Warszawa | 70 | Planungsstadium | Ausbau des Szpital Wolski um ein neues Gebäude mit Rettungsstation, Operationssälen und Diagnostiklaboren |
Krankenhaus in Włocławek | 55 | Projektdurchführung | Ausbau des Woiwodschaft-Fachkrankenhauses um ein neues Gebäude mit Rettungsstation und zentralem Operationsblock |
Krankenhaus in Kielce | 47 | Projektdurchführung | Ausbau des Woiwodschaft-Verbundkrankenhauses um einen neuen Operationsblock |
Krankenhaus in Łódź | 30 | Planungsstadium | Modernisierung und Ausstattung der Onkologie-Abteilungen im Szpital im. Kopernika |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
Polen setzt auf künstliche Intelligenz
Das polnische Gesundheitsministerium setzt darauf, knappe öffentliche Mittel dank neuer E-Health Angebote effektiver verteilen zu können. Bis Ende 2025 können Behandlungszentren aus den Bereichen Kardiologie, Mammographie und Zytologie freiwillig an einem staatlichen System für die Online-Terminvergabe teilnehmen. Ab 2026 wird der Dienst obligatorisch. Das deutsche IT-Unternehmen Compugroup Medical unterstützt Gesundheitszentren dabei, das Terminvergabe-System zu integrieren.
Ferner will Polens staatliches E-Health Zentrum CeZ eine Plattform für künstliche Intelligenz PUI entwickeln. Ärzte sollen radiologische Aufnahmen über den Dienst auswerten. IT-Firmen werden Teile der Software programmieren. CeZ will den Termin für eine Ausschreibung noch bekanntgeben. Bei der Finanzierung kommen EU-Gelder zum Einsatz.
Von Christopher Fuß
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Warschau