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Branche kompakt | Polen | Medizintechnik

Polen investiert trotz knapper Kassen in medizinische Ausrüstung

Polens Markt für Medizintechnik wächst – dank EU-Geldern, Sonderfonds und steigenden öffentlichen Ausgaben. Deutsche Hersteller sind präsent, doch der Wettbewerb wird härter. 

Von Christopher Fuß | Warschau

Ausblick der Medizintechnik in Polen

 

  • Niedrige Arbeitslosigkeit und steigende Gehälter sorgen für wachsende Einnahmen der Krankenkasse
  • Praxen und Krankenhäuser kaufen neue Geräte mithilfe von EU-Geldern
  • Steigende Budgets im Gesundheitswesen können nicht mit dem Bedarf und den Kosten mithalten
  • Langfristige Perspektive für die Finanzierung der öffentlichen Gesundheitsversorgung fehlt

 

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: August 2025

  • Markttrends

    Steigende Personalkosten verschlingen einen Großteil der wachsenden Budgets in Polens Gesundheitswesen. Trotzdem gibt es Investitionen - vor allem dank EU-Geldern.

    Das Gesundheitssystem Polens steht unter Druck. Medizinische Fachkräfte erhielten zum 1. Juli 2025 eine Gehaltserhöhung von 14,3 Prozent. Der Grund: ein Gesetz koppelt die Gehälter an die Entwicklung des landesweiten Durchschnittslohns. Polens Regierung hatte im Haushalt 2025 ein Plus von 16 Prozent bei den öffentlichen Gesundheitsausgaben eingeplant. Die steigenden Löhne heben einen Großteil der Zuwächse auf.

    5,9 %

    prognostiziertes jährliches Wachstum des Marktes für Medizintechnik in Polen bis 2029 laut Fitch Solutions

    Vor diesem Hintergrund will das Gesundheitsministerium die Kopplung an den Durchschnittslohn aufheben. Die Gehaltsreform gehört zu den zentralen Aufgaben von Polens neuer Gesundheitsministerin Jolanta Sobierańska-Grenda. Sie übernahm die Amtsgeschäfte im Juli 2025.

    Krankenhäuser sollen sparen

    Neben den Löhnen sind die Krankenhäuser eine weitere Baustelle. Viele öffentliche Einrichtungen machen Verluste. Bei den Kreis-Krankenhäusern stiegen die Schulden im Jahr 2024 um 13,8 Prozent. 

    Das Parlament brachte darum ein neues Gesetz auf den Weg. Es erlaubt den Kommunen, Krankenhäuser zusammenzulegen und in Kapitalgesellschaften umzuwandeln. Auch Abteilungen können ihr Profil ändern. Einige Krankenhäuser müssen Sanierungspläne erstellen. Das Gesundheitsministerium verspricht finanzielle Hilfen, wenn ein Krankenhaus den Sanierungsplan umsetzt. Unklar bleibt, wie hoch die Unterstützung ausfallen wird.

    Der Staatspräsident muss das Krankenhausgesetz noch unterschreiben. Polens Gesundheitsministerium verfolgt mehrere Ziele: es soll weniger Krankenhäuser geben, die im Gegenzug spezialisierter sind. 

    Der Umbau der Krankenhäuser ist eine Voraussetzung dafür, dass Polen weitere Gelder aus dem europäischen Wiederaufbaufonds beantragen kann. Die Mittel gibt es nur nach Reformen. Europäische Zuschüsse spielen eine große Rolle bei der Modernisierung von medizinischen Zentren. Das betrifft vor allem die Kardiologie und die Onkologie.

    EU-Gelder helfen bei der Finanzierung

    Polens Gesundheitsministerium arbeitet an einem Netz von spezialisierten Kardiologie-Krankenhäusern und Onkologie-Krankenhäusern. Mehrere Kliniken haben sich für die beiden Netzwerk-Programme qualifiziert. 

    Die ausgewählten onkologischen Zentren konnten 1,2 Milliarden Euro aus dem europäischen Wiederaufbaufonds beantragen, um ihre Ausstattung zu modernisieren. Im Juni 2025 veröffentlichte das Ministerium eine Liste mit den erfolgreichen Bewerbern. 

    Kardiologie-Abteilungen wiederum erhalten insgesamt rund 640 Millionen Euro. Die Ausschreibung endete im August 2025. Darüber hinaus will das Gesundheitsministerium bis Ende 2025 weitere Fördergelder aus dem Wiederaufbaufonds ausschreiben - diesmal für allgemeine Krankenhäuer.

    Zuschüsse stammen auch aus dem europäischen Programm FENiKS. Über 1.800 Ärztehäuser und ambulante Versorgungszentren erhielten Anfang 2025 insgesamt rund 166 Millionen Euro für neue Ausrüstung. Voraussichtlich im Herbst 2025 wird das Gesundheitsministerium weitere 110 Millionen Euro verteilen.

    Wenn Arztpraxen und Kliniken in Polen investieren, dann kommt Medizintechnik von deutschen Herstellern zum Einsatz. Siemens Healthineers beliefert 2025 das Łukasz-Krankenhaus in Tarnów, ebenso wie das Żeromski-Krankenhaus in Krakau. Das Krankenhaus in Zduńska Wola erhält vom Hersteller Karl Storz Instrumente für Bauchspiegelungen. Der Konzern B.Braun nennt Polen im Jahresbericht für das Jahr 2024 sogar einen „Wachstumstreiber“. 

    Lücken in der öffentlichen Versorgung

    Neben den EU-Fördertöpfen gibt es nationale Geldquellen für Investitionen. Ein solches Instrument ist der Medizinfonds. Er existiert seit 2020 und erhält jährlich rund 900 Millionen Euro aus der Staatskasse. 

    Im Juli 2025 endete ein Wettbewerb für Onkologie-Zentren mit einem Volumen von über 1 Milliarde Euro. Die Gewinner stehen noch nicht fest. Es handelt sich bei dem Wettbewerb um die Neuauflage einer Ausschreibung von 2023. Sie musste wiederholt werden, nachdem die Antikorruptionsbehörde CBA Unregelmäßigkeiten festgestellt hatte. Der polnische Rechnungshof NIK kritisiert, dass der Medizinfonds seine Gelder nur langsam ausgibt. Anfang 2025 lagen knapp 2 Milliarden Euro ungenutzt auf dem Konto des Fonds.

    Dieser Umstand ist bemerkenswert, da Polens staatliche Krankenversicherung NFZ Schwierigkeiten hat, Rechnungen zu bezahlen. Die Krankenhäuser beklagen, dass sie lange auf die Erstattung von Leistungen warten müssen. Der NFZ finanziert sich über Beitragszahlungen. Weil die Mittel aber nicht ausreichen, muss der Staatshaushalt aushelfen. Das Gesundheitsministerium erhöhte die Zuwendungen aus dem Haushalt im Juni 2025 um rund 50 Prozent. NIK bemängelt, dass die polnische Regierung neue Aufgaben an den NFZ überträgt, ohne die Finanzierung sicherzustellen. 

    Angesichts der Lücken in der öffentlichen Versorgung, schließen immer mehr Menschen eine private Zusatzversicherung ab. Laut dem Branchenverband PIU stieg die Zahl der Versicherten im Jahr 2024 um 12,2 Prozent. Die Versicherungsgesellschaften unterhalten eigene Behandlungszentren. Die privaten Einrichtungen investieren – auch in Technik von deutschen Herstellern. Der Versicherer und Betreiber ENEL-MED kaufte im März 2025 bildgebende Geräte von Siemens Healthineers.

    Ausgewählte Investitionsprojekte im Gesundheitssektor in PolenInvestitionssumme in Millionen Euro
    Akteur/ProjektInvestitionssummeProjektstandAnmerkungen
    Krankenhaus in Gliwice

    540

    PlanungsstadiumNeues Krankenhaus der Schlesischen Medizinischen Universität mit 744 Betten
    Krankenhaus in Wrocław

    350

    ProjektdurchführungNeues Krankenhaus für Onkologie, Pneumologie und Hämatologie (DCOPiH) mit 671 Betten
    Krankenhaus in Poznań

    70

    PlanungsstadiumAusbau des Großpolnischen Zentrums für Onkologie (WCO) um ein neues Gebäude für ambulante Pflege
    Krankenhaus in Warszawa

    70

    PlanungsstadiumAusbau des Szpital Wolski um ein neues Gebäude mit Rettungsstation, Operationssälen und Diagnostiklaboren
    Krankenhaus in Włocławek

    55

    ProjektdurchführungAusbau des Woiwodschaft-Fachkrankenhauses um ein neues Gebäude mit Rettungsstation und zentralem Operationsblock 
    Krankenhaus in Kielce

    47

    ProjektdurchführungAusbau des Woiwodschaft-Verbundkrankenhauses um einen neuen Operationsblock 
    Krankenhaus in Łódź

    30

    PlanungsstadiumModernisierung und Ausstattung der Onkologie-Abteilungen im Szpital im. Kopernika
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Polen setzt auf künstliche Intelligenz

    Das polnische Gesundheitsministerium setzt darauf, knappe öffentliche Mittel dank neuer E-Health Angebote effektiver verteilen zu können. Bis Ende 2025 können Behandlungszentren aus den Bereichen Kardiologie, Mammographie und Zytologie freiwillig an einem staatlichen System für die Online-Terminvergabe teilnehmen. Ab 2026 wird der Dienst obligatorisch. Das deutsche IT-Unternehmen Compugroup Medical unterstützt Gesundheitszentren dabei, das Terminvergabe-System zu integrieren.

    Ferner will Polens staatliches E-Health Zentrum CeZ eine Plattform für künstliche Intelligenz PUI entwickeln. Ärzte sollen radiologische Aufnahmen über den Dienst auswerten. IT-Firmen werden Teile der Software programmieren. CeZ will den Termin für eine Ausschreibung noch bekanntgeben. Bei der Finanzierung kommen EU-Gelder zum Einsatz.

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Branchenstruktur

    Polens Medizintechnik wird innovativer. Auch der Wettbewerbsdruck durch internationale Anbieter wächst. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Diagnosegeräten und Roboter-Systemen.

    Laut der Agentur für Marktanalysen Fitch Solutions ist Polen beim Kauf von Medizintechnik auf Importe angewiesen. Einfuhren decken in einigen Produktgruppen bis zu 90 Prozent des heimischen Bedarfs. Dental-Artikel kommen beispielsweise fast ausschließlich aus dem Ausland. 

    Deutschland gehört zu den wichtigsten Bezugsländern, zusammen mit den Niederlanden und weiteren europäischen Standorten. Auch China und die USA spielen je nach Artikel eine große Rolle.

    Doch polnische Unternehmen holen auf. In einem Marktbericht attestieren die Analysten von Fitch Solutions den heimischen Firmen eine „wachsende Wettbewerbsfähigkeit“. Dies stelle „sowohl für neue Marktteilnehmer als auch für etablierte Akteure eine Herausforderung dar“, meint Fitch Solutions.

    Die Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt EPA zeigen: Polens Medizintechnikbranche gewinnt an Innovationskraft. Zwar ging die Zahl der Anträge nach dem Rekordjahr 2023 im Jahr 2024 leicht zurück, doch mit 57 eingereichten Neuerungen übertraf das Niveau weiterhin den Vor-Corona-Wert. Zur Wahrheit gehört aber auch: wie bereits in früheren Jahren liegt Polen im europäischen Vergleich bei den Patentanmeldungen hinter Ländern wie Belgien und Spanien.

    Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Polen

    Indikator

    Wert

    Einwohnerzahl (2024 in Mio.)

    38,5

    Bevölkerungswachstum (2024 in % p.a.)

    -0,9

    Altersstruktur der Bevölkerung (Jahr)

     

      Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

    14,2

      Anteil der über 65-Jährigen (in %)

    19,8

    Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2023 in Jahren)

    78,4

    Durchschnittseinkommen (2024 in Euro)

    1.900

    Gesundheitsausgaben pro Kopf (2023 in Euro)

    1.430

    Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2023 in %)

    6,98

    Ärzte/100.000 Einwohner (2023)

    385,6

    Zahnärzte/100.000 Einwohner (2023)

    100,5

    Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2023), davon

    627,1

      privat

    137,4

      öffentlich

    489,7

    Quelle: Eurostat 2024; GUS 2024

    Polen stark bei Einwegprodukten

    Zwei der größten polnischen Hersteller von medizinischer Ausrüstung sind Mercator Medical und Balton. Die beiden Unternehmen stellen Einwegprodukte her, darunter medizinische Handschuhe und Werkzeuge für minimalinvasive Eingriffe. Ein weiterer Hersteller von Medizintechnik in Polen ist Astar. Das Produktportfolio des Produzenten umfasst verschiedene Therapiegeräte. Hinzu kommen außerdem FAMED Żywiec, ein Hersteller von Krankenhausbetten und Operationstischen sowie FAMED Łódź, ein Hersteller von Operationsleuchten.

    Der führende Branchenverband mit 150 Mitgliedern ist Izba Polmed. Zwei der wichtigsten Medizintechnik-Cluster befinden sich im Süden des Landes – das Life Science Cluster in Krakau und MedSilesia in Gliwice. 

    Fast alle der weltweit größten Medizintechnikhersteller besitzen in Polen ein Vertriebsbüro oder eine Vertriebsgesellschaft – so auch Abbott, GE Healthcare, Philips Healthcare und Siemens Healthineers.

    Darüber hinaus ist Polen ein Produktionsstandort für internationale Unternehmen. Die Tochtergesellschaft der deutschen B.Braun Gruppe Aesculap-Chifa produziert in Polen verschiedene Instrumente für die Chirurgie und Kardiologie. Der deutsche Hersteller von Krankenhausbetten und Möbeln Stiegelmeyer lässt in seinem polnischen Werk in Stolno unterschiedliche Vorprodukte bauen. Im südpolnischen Skawina hat der US-amerikanische Hersteller Stryker ein Werk in Betrieb genommen.

    Mehrere polnische Unternehmen arbeiten derzeit an innovativen Produkten im Bereich Medizintechnik. Zu den forschungsaktiven Firmen zählt auch MediSensonic, das sich auf die Entwicklung nichtinvasiver Diagnosegeräte spezialisiert hat. Darüber hinaus entwickelt MediSensonic sogenannte Autoinjektoren – Spritzen, die Medikamente automatisch dosieren. Bei der Entwicklung kooperiert das Unternehmen mit der polnischen Armee. Die staatliche Agentur für medizinische Forschung (ABM) unterstützt das Projekt mit Fördermitteln.

    Neben der ABM zählt das Nationale Zentrum für Forschung und Entwicklung (NCBR) zu den wichtigsten Geldgebern bei Produktneuerungen. Beide Institutionen vergeben Mittel aus nationalen sowie europäischen Förderprogrammen.

     

    Ausgewählte Branchenunternehmen in PolenUmsatz in Millionen Euro (2024)

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz

    Aesculap ChifaMedizinische Instrumente und Werkzeuge für die Chirurgie, Orthopädie, Endoskopie, Anästhesie und Zahnmedizin348,4
    Fresenius Kabi PolskaInfusionspumpen, Transfusionstechnologie214,1
    Mercator MedicalEinwegartikel, darunter medizinische Handschuhe148,4
    Stryker PolskaChirurgische Instrumente106,2
    Demant Operations PolskaHörgeräte79,5
    BaltonEinweg-Medizinprodukte, insbesondere für die Kardiologie, Radiologie, Gefäßchirurgie35,7
    Famed ŻywiecOperations- und Behandlungstische26,4
    AstarGeräte für Physiotherapie und Rehabilitation11,8
    Famed ŁódźMedizinische Beleuchtungssysteme2,3
    Unternehmen mit Produktion in Polen.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

    Forschung an neuen Technologien

    Nicht nur Unternehmen treiben Innovationen voran: Auch akademische Einrichtungen wie die Universitäten in Danzig, Krakau und Warschau sowie das Łukasiewicz-Forschungsnetzwerk gehören zu den zentralen Akteuren im polnischen Medizinsektor. Das Krakauer Institut für Technologie, das zum Łukasiewicz-Netz gehört, entwickelt medizinische Produkte im Auftrag von Kunden. Die Einrichtung konzentriert sich auf die Bereiche Kardiologie und Geriatrie. Die Łukasiewicz-Gesellschaft lässt sich mit dem deutschen Fraunhofer-Institut vergleichen.

    Abgerundet wird das Bild der polnischen Medizintechnik-Branche durch eine Vielzahl von Start-ups. Laut dem Verband Startup Poland arbeiteten im Jahr 2024 rund 150 junge Unternehmen an Lösungen für den Medizinsektor. Dazu zählen Firmen wie Prodrobot, Brainscan und SDS Optic. Auch IT-Unternehmen wie Animativ entwickeln neue Ansätze – etwa Systeme zur Analyse von Videoaufnahmen von Patienten mithilfe künstlicher Intelligenz.

    Fokus liegt auf Vorsorge

    Wachsende Absatzchancen sehen die Analysten von Fitch Solutions insbesondere im Bereich diagnostischer Geräte. Ein Treiber dafür ist das Vorsorgeprogramm Meine Gesundheit (Moje Zdrowie). Es startete im Mai 2025.

    Personen im Alter von 20 bis 49 Jahren können alle fünf Jahre verschiedene Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen. Ältere Menschen sind dazu alle drei Jahre berechtigt. Ziel ist es, Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- sowie onkologische Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Ergänzt wird die Maßnahme durch weitere Initiativen wie das Nationale Programm zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (NPChUK).

    Ein Wachstumsmarkt sind auch roboter-gestützte Operationen. Laut Angaben des Modern Healthcare Institute gab es in Polen im Jahr 2024 rund 70 Prozent mehr unterstützte Eingriffe als im Vorjahr. Die beliebtesten Systeme sind DaVinci gefolgt von Versius und Hugo-Robotern. Am dynamischsten wächst der Einsatz der Robotik bei der Prostataentfernung und der Behandlung von Gebärmutterhalskrebs.

    Konkurrenz nimmt zu

    Mit Ausnahme des Coronajahres 2020 ist der Wert importierter Medizinprodukte nach Polen kontinuierlich gestiegen. Auch die Einfuhren aus Deutschland nehmen zu, allerdings langsamer als die Gesamteinfuhren Polens. Das führt dazu, dass die Marktanteile deutscher Medizintechnik sinken. 

    Deutlich ist der Rückgang bei orthopädischen Apparaten (SITC 899.6). Hierzu gehören beispielsweise Krücken, Prothesen und Implantate. In dieser Warengruppe sind mittlerweile die Niederlande das wichtigste Importland Polens, mit einem Anteil von 27,7 Prozent an allen Einfuhren. Deutschland kommt nur noch auf 14,2 Prozent.

    Importe ausgewählter Medizinprodukte nach Polen und Anteil aus Deutschland 2024In Millionen Euro; Anteil in Prozent
    SITC ImportAnteil Import aus Deutschland
    774.1Elektrodiagnoseapparate und -geräte372,040
    774.2Röntgenapparate etc.277,335,3
    741.83 Sterilisierapparate14,448,5
    872.1Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g.38,614,9
    872.21Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc.128,730,9
    872.25Ophthalmologische Instrumente59,215,1
    872.29Andere Instrumente, Apparate und Geräte780,725,4
    872.3Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc.199,820,0
    872.4Medizinmöbel etc.82,733,5
    899.6Orthopädietechnik, Prothesen etc.1.090,714,2
    Quelle: Eurostat 2025

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Rahmenbedingungen

    Die meisten Regelungen in Polen für die Medizintechnik beruhen auf EU-Vorgaben. Ähnlich wie in anderen Staaten ist das Erstattungswesen sehr herausfordernd.

    Die wichtigste Institution bei der Finanzierung medizinischer Leistungen in Polen ist die gesetzliche Krankenkasse NFZ. Sie verwaltet die Beiträge der Versicherten und finanziert daraus die Gesundheitsversorgung. 

    Leistungserbringer wie Arztpraxen, Ambulanzen und Krankenhäuser schließen zivilrechtliche Verträge mit dem NFZ ab. Die Abkommen regeln den Umfang und die Vergütung der Leistungen. Der NFZ untersteht dem Gesundheitsministerium. Versicherte können nicht aus der gesetzlichen Krankenkasse austreten. Private Zusatzversicherungen sind aber erlaubt, ebenso wie private Behandlungszentren.

    Registrierungspflicht für Medizintechnik

    Die Grundlage für die Zulassung von Medizintechnik in Polen ist die EU-Verordnung 2017/745 (Medical Device Regulation, MDR). Sie wurde mit dem Gesetz über Medizinprodukte vom 7. April 2022 in nationales Recht überführt (Fundstelle Dz.U. 2022/974). 

    Wie in der EU üblich, braucht jedes medizinische Erzeugnis eine CE-Kennzeichnung. Sie bestätigt, dass ein Produkt den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen der MDR entspricht. Je nach Risikoklasse des Artikels ist eine benannte Stelle erforderlich, die eine Konformitätsbewertung durchführt. In Polen sind das Polnische Zentrum für Prüfung und Zertifizierung (PCBC) sowie der TÜV NORD Polska als benannte Stellen nach der MDR anerkannt.

    Für Produkte, die bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine CE-Kennzeichnung erhalten haben und dort rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, ist keine erneute Zertifizierung erforderlich. 

    Im Anschluss an die erfolgreiche CE-Kennzeichnung muss das Produkt beim polnischen Amt für die Registrierung von Arzneimitteln, Medizinprodukten und Biozidprodukten (URPL) registriert werden. Diese Registrierung darf nicht später als 14 Tage vor dem ersten Inverkehrbringen in Polen erfolgen.

    Laut dem Branchenverband Polmed entfällt die Registrierungspflicht für Hersteller dann, wenn ein Produzent seinen Artikel bereits bei der europäischen Datenbank EUDAMED hinterlegt hat.

    Unabhängig davon muss ein Händler mit Sitz in Polen im entsprechenden Verzeichnis (Wykaz Dystrybutorów) des URPL eingetragen sein, wenn er ein Medizinprodukt zum ersten Mal auf dem polnischen Markt bereitstellt.

    Nur wenige Produkte stehen auf der Erstattungsliste

    Es gibt zwei zentrale Erstattungswege für medizinische Produkte: die Aufnahme in die Erstattungsliste (Lista refundacyjna) sowie die Erstattung von Artikeln auf ärztliche Verordnung (na zlecenie). Beide Wege ermöglichen eine teilweise oder vollständige Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse NFZ.

    Bei der Erstattungsliste handelt es sich um eine sogenannte Positivliste. Das Verzeichnis umfasst konkrete Produkte mit Handelsnamen und Herstellerangaben. Neben Arzneimitteln standen im Juli 2025 auf der Liste nur Spezialverbände, Blutzuckermessstreifen sowie Lanzetten. Das Verzeichnis wird alle drei Monate aktualisiert. Hersteller, die ihre Produkte dort platzieren möchten, müssen ein Erstattungsverfahren durchlaufen. Die Prozedur umfasst eine gesundheitsökonomische Bewertung, Preisverhandlungen mit dem Ministerium und eine Nutzenbewertung durch die Agentur für Gesundheitstechnologiebewertung (AOTMiT). Das Gesundheitsministerium trifft die letzte Entscheidung.

    Die Erstattung von Produkten auf ärztliche Verordnung hingegen erfolgt nicht für konkrete Markenprodukte, sondern für Produktgruppen. Der NFZ definiert sie in einem Katalog. Zu den Produktgruppen gehören beispielsweise Rollstühle, Einlagen oder Hörgeräte. Innerhalb dieser Gruppen können Produkte unterschiedlicher Hersteller verwendet werden. 

    Voraussetzung ist, dass die Artikel verschiedene technische Anforderungen erfüllen und bei URPL bzw. bei EURAMED registriert sind. Die Erstattung läuft über den Vertriebspartner, der einen Vertrag mit dem NFZ haben muss. Es gibt festgelegte Preisgrenzen. Übersteigt der Produktpreis dieses Limit, muss der Patient die Differenz selbst tragen. Der Katalog inklusive der Preisgrenzen wird nur selten aktualisiert. Im Gesundheitsministerium finden Überlegungen statt, den Turnus auf 2 Jahre festzulegen.

    Nur größere Ausschreibungen landen auf einer zentralen Plattform

    Es gibt eine Reihe von Händlern und Importeuren von medizinischen Geräten in Polen. Hierzu zählen beispielsweise Novamed.pl S.A. und MEDline sp. z o.o. Auch deutsche Hersteller kooperieren mit den Vertriebspartnern. So verkauft die ulrich GmbH aus Ulm ihre Kontrastmittelinjektoren über das polnische Unternehmen Bertz Medical.

    Die Vergabe öffentlicher Aufträge für Medizintechnik in Polen erfolgt dezentral. Es gibt keine zentrale Plattform, über die alle Krankenhäuser, Praxen oder medizinischen Einrichtungen ihre Beschaffungen koordinieren. Stattdessen veröffentlicht jede Einrichtung ihre Ausschreibungen individuell, meist auf der eigenen Website. Darüber hinaus schließen sich manche Krankenhäuser zu Einkaufsgemeinschaften zusammen. 

    Größere öffentliche Ausschreibungen landen gemäß dem polnischen Vergaberecht auf der Plattform e-Zamówienia. Diese Plattform wird von der polnischen Vergabebehörde UZP betrieben.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa die Website des Deutschen Instituts für Normung e.V.).

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung. 

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Polen

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Exportinitiative GesundheitswirtschaftDie Exportinitiative bündelt Unterstützungsangebote für die Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft

    Polnisches Gesundheitsministerium 

    Verantwortung für die öffentliche Gesundheitsversorgung 
    NFZ - Nationaler GesundheitsfondsStaatliche Einheitskrankenkasse ist für einen Großteil der Finanzierung der öffentlichen Gesundheitsversorgung verantwortlich
    URPL - Amt für Registrierung von Arzneimitteln, Medizinprodukten und BiozidproduktenStaatliche Registrierungsstelle für Medizintechnik
    AOTMiT - Agentur für die Bewertung von Medizintechnologien und ErstattungsfestlegungStaatliche Beratungsagentur des Gesundheitsministeriums
    CeZ - E-Health-Zentrum Das staatliche Zentrum stellt verschiedene E-Health Lösungen bereit
    ZZP - Öffentliches Ausschreibungsportal des GesundheitsministeriumsDas Portal listet Ausschreibungen des Gesundheitsministeriums für Krankenhäuser und öffentliche medizinische Einrichtungen
    UZP - Amt für öffentliches AuftragswesenDie Behörde führt eine Datenbank mit allen öffentlichen Ausschreibungen
    ABM - Agentur für medizinische UntersuchungenStaatliches medizinisches Testlabor, das auch Forschungsprogramme ausschreibt
    NCBR - Staatliches Zentrum für Forschung und EntwicklungStaatliche Förderagentur, die Forschungsprogramme unterstützt
    EU-SonderseiteSeite informiert über Ausschreibungen im Medizinsektor, die aus dem europäischen Wiederaufbaufonds finanziert werden

    Polnische Wirtschaftskammer für medizinische Erzeugnisse Polmed 

    Interessenverband der Medizintechnik
    Technomed - Arbeitgeberverband der medizinischen Industrie Interessenverband der Medizinbranche

    SALMED - Międzynarodowe Targi Sprzętu i Wyposażenia Medycznego

    Internationale Messe für medizinische Geräte und Ausstattung in Poznań 

    Rynek Zdrowia

    Internetportal und Fachzeitschrift zu Gesundheitswirtschaft

     

    Von Christopher Fuß | Warschau

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