Special | Rumänien | Klimawandel lokal
Der Strukturwandel im Valea Jiului beginnt
Rumänien will 2032 aus der Kohleverstromung aussteigen. Diese Pläne bedrohen die Arbeitsplätze in der Kohleregion Valea Jiului, bergen aber auch Chancen.
13.04.2022
Von Dominik Vorhölter | Bukarest
Vom Kohleausstieg sind besonders die Regionen betroffen, die sehr stark von den klimaschädlichen Industrien abhängig sind, etwa die Kreise Hunedoara, Gorj, Dolj, Galati, Mures und Prahova. Dort stehen Politiker, Unternehmer und die Zivilgesellschaft vor der Herausforderung, den Übergang zur Klimaneutralität nachhaltig und sozialverträglich umzusetzen. Das Valea Jiului macht erste Schritte zu einem umfassenden Strukturwandel.
Bald schließen die Kohleminen
Im Valea Jiului, Kreis Hunedoara, befindet sich das rumänische Kohlezentrum. Dort beschäftigt der Hunedoara Energy Complex rund 4.000 Personen und betreibt die Bergwerke in Livezeni, Lupeni, Lonea und Vulcan. Sie liefern die Kohle für die Kraftwerke in Minita und Paroseni. Die Bergwerke will das Energieunternehmen voraussichtlich ab 2024 schließen. Wie es weitergehen soll, steht in umfassenden Strukturplänen. Diese müssen nun umgesetzt werden.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten für gesamt Rumänien 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. Euro) | 3,3 | 3,8 | 241,7 |
BIP pro Kopf (Euro) | 8.880 | 10.337 | 12.643 |
Bevölkerung (Mio.) | 0,4 | 0,4 | 19,3 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt 1 Euro = Rumänische Lei) | 4,84 | 4,92 | 4,92 |
EU-Fördergelder stehen bereit
Die Europäische Union stellt Rumänien von 2021 bis 2027 Gelder in Höhe von 15,3 Milliarden Euro aus dem Just Transition Fonds bereit, um diesen Strukturwandel zu fördern. Auch ausländische Investoren sollen diesen begleiten. Kurzfristig führt zwar die Schließung der Bergwerke dazu, dass rund 4.000 Menschen ihren Job verlieren. Jedoch kann das Valea Jiului neue Perspektiven eröffnen und 2.500 neue Arbeitsplätze in neuen Industrie- und Technologieparks schaffen, die Produzenten etwa aus der Elektro- und Textilindustrie anziehen. Auch im Tourismus und im Bildungssektor sollen neue Jobs entstehen.
Bezeichnung der Maßnahme | Investition (in Mio. Euro) *) | Zielvorgabe im Vergleich zum Ist-Zustand 2022 |
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Modernisierung des Wärmekraftwerks Paroseni | 200 | Umstieg auf alternative Energiequellen bis 2027 |
Modernisierung und Erweiterung der Wasserversorgungsinfrastruktur | 200 | 20 Prozent mehr Anschlüsse an Wasserversorgung und Kanalisation bis 2026 |
Verbesserung der Energieeffizienz in privaten und öffentlichen Gebäuden | 80 | Senkung des Energieverbrauchs um 25 Prozent bis 2027 |
Modernisierung der Straßeninfrastruktur für Fußgänger | 60 | Verbesserung der Barrierefreiheit auf 90 Prozent der Straßen, Brücken, Parkplätzen bis 2027 |
Modernisierung der Straßeninfrastruktur der Hauptverkehrsadern | 50 | Grünstreifen, Vermeidung von Umweltschäden, Bau von Lärmschutz bis 2027 |
Ausbau erneuerbarer Energieerzeugung als öffentlich-private Partnerschaft | 42,5 | Mindestens zwei Projekte realisiert bis 2030 |
Förderung alternativer Mobilitätsangebote | 42 | 30 neue Fahrradwege, 10 neue Elektrotankstellen, 15 Seilbahnen bis 2030 |
Dekontaminierung der geschlossenen Bergbauminen ab 2024 - Bewertung für deren Renaturierung oder Umnutzung als touristische Ziele | 30 | Mindestens drei Maßnahmen umgesetzt bis 2030 |
Errichtung eines Technologieparks ab 2024 | 30 | Mindestens 25 neue Arbeitsplätze pro Ansiedlung eines neuen Unternehmens bis 2027 |
Modernisierung und Digitalisierung der Infrastruktur für die Stromversorgung | 25 | Zur Hälfte erneuerte Infrastruktur bis 2027 |
Die Entwicklung im Valea Juilui hängt davon ab, ob Unternehmer, Arbeitnehmer sowie Gesellschaft und Politik den Strukturwandel als Chance begreifen und neue Arbeitsplätze schaffen. Um diesen umfassenden Wandel anzustoßen, hat die Europäische Kommission eine Studie in Auftrag gegeben, die wirtschaftliche, soziologische und ökologische Entwicklungsziele für die Region skizziert:
- Schließung der Kohleminen und ihre Renaturierung: Generierung neuer Reiseziele oder neuer Wirtschaftsstandorte
- Entwicklung und Ausbau alternativer Energiequellen
- Verbesserung der Mobilität: Investitionen in Straßen und Schienen, Förderung der E-Mobilität
- Verbesserung des Wassermanagements und des Abfallmanagements
- Wirtschaftsförderung und Förderung von Forschung und Ausbildung
Weitere Informationen:
- Investitionsplattform Valley Jiu - bietet einen Überblick über mögliche Investitionsstandorte und rund 50 Projekte, die Unternehmen, Gemeinden und die Zivilgesellschaft umsetzen.
- Integrationskomitee Jiu Valley, Regionalverband, der die Umsetzung der Projekte koordiniert
- Plan für den Strukturwandel in der Region Jiu Valley
Regionaler Verband koordiniert Projekte
Ein wichtiger Schritt für die Entwicklung ist ein Regionalverband, der die Steuerung übernimmt. Eine solche Struktur gibt es seit Oktober 2020 mit dem Initiativkomitee Valea Jiului. "Wir brauchen eine starke Partnerschaft, denn wir müssen nun die Projekte aus dem Strukturplan umsetzen, die für uns wichtig sind", erklärt Mihai Danciu, Gründungsmitglied des Komitees. Ein Vorteil sei, dass das Komitee eine Plattform bietet, um gemeinsam Ansätze zur weiteren Entwicklung der Region zu entwickeln.