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Special Russland Seidenstraße
China bietet Russland Technologie für den 5G-Netzaufbau, drängt mit Cloud-Diensten auf den Markt und verlegt ein Glasfaserkabel entlang des Nördlichen Seewegs nach Europa.
08.12.2020
Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau
Im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI) engagiert sich China in Russland nicht nur beim Bau von Transportkorridoren oder kauft sich in die Filetstücke der russischen Wirtschaft ein, sondern auch bei der Digitalisierung. Im Fokus steht dabei der Aufbau der digitalen Infrastruktur - eines der Ziele des nationalen Programms „Digitale Wirtschaft“ von Präsident Putin.
Federführend bei Chinas Zusammenarbeit mit Russland im Rahmen der digitalen Seidenstraße ist der Technologiekonzern Huawei. Dessen CEO, Ren Zhengfei, reagierte auf die verschärften US-Sanktionen gegen sein Unternehmen im August 2020 mit Investitionserhöhungen im Nachbarland Russland. Auf dem nach China zweitwichtigsten Markt verzeichnet Huawei jährliche Zuwachsraten von etwa 30 Prozent. Bis 2024 soll sich die Zahl der Mitarbeiter an den derzeit vier Standorten des „Russischen Forschungsinstituts Huawei“ (RRI) auf etwa 2.000 verdoppeln.
Daneben will der weltweit größte Produzent von Telekomausrüstung seine Zusammenarbeit mit russischen Lieferanten ausbauen. Bis 2025 soll sich das Beschaffungsvolumen auf etwa 680 Millionen Euro mehr als verdoppeln (im Vergleich zu 2019). Daneben verstärkt Huawei seine Forschungsaktivitäten an russischen Hochschulen, wie dem Moskauer Institut für Physik.
Russland möchte mit China beim Aufbau seines 5G-Netzes zusammenarbeiten. Federführend beim Aufbau einer Produktion von 5G-Ausrüstung in Russland ist Rostec. Die staatliche Industrieholding hat eine Roadmap zur Entwicklung von 5G-Netzen erarbeitet und schätzt die Kosten für die Installation der 5G-Infrastruktur bis 2030 auf über 2,7 Milliarden Euro. Bis dahin sollen 100 Millionen Kunden an das 5G-Netz angeschlossen werden. Ende September 2020 präsentierte die Rostec-Tochterfirma Kryptonite (Joint-Venture von Avtomatiks und der Holding IKS) das Modell einer Basisstation für 5G-Mobilnetze. Der Produktionsstart soll 2023 erfolgen.
Huawei bietet - als einer von weltweit nur fünf Herstellern - Russland eine Zusammenarbeit beim Aufbau einer Produktion der heiß begehrten 5G-Technologie an. Im Juni 2020 kündigte die Firma an, mit russischen Unternehmen an der Entwicklung gemeinsamer Hard- und Softwaretechnologien zu arbeiten, industrielle Lösungen zu schaffen und eine gemeinsame Produktion zu starten. Dazu möchte Huawei seine Partner-Ökosysteme zu Forschung und Entwicklung ausbauen.
Anfang Oktober 2020 vereinbarten SberMobile (gehört zum Bankhaus Sber), der Netzbetreiber Tele2 und Huawei den Test von 5G-Technologien auf Basis des digitalen Sber-Ökosystems. Dazu soll ein digitaler Zwilling eines Smart-Quartiers auf der Moskauer Nobelmeile Rubljowka entwickelt werden. Im Juni 2019 unterzeichnete MTS mit Huawei eine Vereinbarung zur Entwicklung von 5G-Technologien. Im August 2019 richteten MTS und der chinesische Konzern in Kronstadt und im Oktober 2019 in Moskau eine 5G-Testzone ein.
Chinesische Firmen drängen auf den hart umkämpften aber lukrativen russischen Markt für Cloud-Computing, der bis 2023 mit durchschnittlichen Wachstumsraten von etwa 22 Prozent glänzen wird. Sie möchten dabei den lokalen Marktführern Yandex, Mail.ru und MTS Marktanteile abjagen.
Mitte Oktober 2020 hat Alibaba angekündigt, über ein Datenverarbeitungszentrum der IT-Firma IXcellerate einen Cloud-Service auf den russischen Markt zu bringen. Damit sollen Aufträge für den Onlinehändler AliExpress Russia (gehört Alibaba, Mail.ru, Megafon und dem Russischen Fonds für Direktinvestitionen - RFPI) und seinen Logistikpartner Cainiao bearbeitet werden. Im März 2020 gab Huawei bekannt, zusammen mit dem Bankhaus Sber einen Cloud-Service in Russland gründen zu wollen. Bereits im Vorjahr haben Huawei und Tencent bei IXcellerate Verarbeitungskapazitäten gemietet.
Im Rahmen seiner digitalen Seidenstraße will China den Datenaustausch mit Europa steigern. Dazu soll auf dem Meeresgrund entlang des Nördlichen Seewegs ein Glasfaserkabel verlegt werden.
Derzeit laufen etwa 40 Prozent des Datenverkehrs von China nach Europa durch den Pazifik, die Vereinigten Staaten und den Atlantik. Das geplante Glasfaserkabel entlang der russischen Nordmeerküste würde China strategisch unabhängiger von den USA machen. Zudem ist die Strecke durch die Arktis um bis zu 2.000 Kilometer kürzer als bestehende Kabel durch die Straße von Malakka und den Suezkanal. Das würde die Geschwindigkeit des Datentransfers erhöhen. Zudem sind die Kapazitäten der Glasfaserkabel durch den indischen Ozean bereits ausgelastet. Die in den 1990er und 2000er Jahren verlegten Kabel müssen zudem in den nächsten fünf bis zehn Jahren ersetzt oder modernisiert werden.
Das Potenzial für die Nachfrage nach neuen Datentransferkapazitäten ist groß. Im Jahr 2019 belief sich das Volumen des Datentransits zwischen Asien und Europa durch Russland auf etwa 45 Millionen Euro. Die Kapazität der Datenübertragung zwischen China und Europa durch Russland stieg dabei auf einen neuen Rekordwert von 1,5 Tbit pro Sekunde. Treiber der steigenden Nachfrage waren China Telekom, China Mobile und China Unicom.
Mit TTK (Transtelekom) und Rostelekom sind auch russische Konzerne auf den Datentransit von Asien nach Europa auf dem Landweg spezialisiert. Ihr Marktanteil liegt bei etwa 80 Prozent. Rostelekom hat Mitte Juni 2020 die Verlegung eines neuen terrestrischen „Transit Europe-Asia (TEA Next)“ Glasfaserkabels für 427 Millionen Euro von Sankt Petersburg nach Wladiwostok angekündigt. Der russische Mobilfunkriese Megafon wird mit der staatlichen Agentur Rosgeologia und dem finnischen Infrastrukturbetreiber Cinia bis 2023 ein Mobilfunknetz entlang der Nordmeerküste verlegen. Die Kosten für das Projekt "Arctic Connect" werden auf etwa 1 Milliarde Euro geschätzt.
Firmenname | Tätigkeitsfeld |
Huawei | Aufbau der 5G-Infrastruktur; Cloud Computing |
Alibaba | Cloud Computing |
Tencent | Cloud Computing |